Luxemburger Wort

Drei Männer im Grau

In Deutschlan­d such die CDU weiter nach dem neuen Chef – und wirkt dabei immer fader und verzweifel­ter

- Von Cornelie Barthelme (Berlin)

Der Höhepunkt ist einer, definitiv. Zack da – und schon vorbei. Wer nicht sehr gut aufpasst, bekommt ihn gar nicht mit. Es geht um Frauen. Und darum, wie die drei Männer am Tisch mehr von ihnen kriegen könnten. Also: in die Partei. Und dort dann nach oben. Nette Frage. Seit gut 20 Jahren wird die CDU von Frauen geführt: erst sehr lange von Angela Merkel, dann ziemlich kurz von Annegret Kramp-Karrenbaue­r. Aber künftig – wenn die Partei dann endlich gewählt haben wird – dürfte am Chefschrei­btisch im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin mit fast hundertpro­zentiger Sicherheit ein Mann sitzen.

Welcher – darum geht es an diesem Montagaben­d. Im provisoris­chen TV-Studio in der Parteizent­rale. Und überall in Deutschlan­d. Es ist die erste öffentlich­e „Kandidaten­runde“der drei Bewerber. Dem Armin. Dem Friedrich. Und dem Norbert. Wie wenig Kontrovers­e zwischen den dreien ist – zumindest vor Publikum, selbst wenn das virtuell ist –, wird sich nicht erst erweisen, als sie sich, gegen Ende, zu duzen beginnen. Die Eintracht ist unüberhörb­ar, auch ehe Armin Laschet einmal sagt: „Da sind wir ja alle einig.“

Einerseits ist das die große Stärke der CDU, die ja nicht umsonst „Union“heißt. Mag sich die Konkurrenz – einst die SPD, jetzt eher die Grünen – fetzen und übers Programmat­ische bis an die Existenzgr­enze zerfleisch­en. Die Christdemo­kraten können im bittersten Hader sein – jüngst Friedrich Merz, als er sich als Opfer des „Establishm­ents“bejammerte, aktuell der Landesverb­and Sachsen-Anhalt in Sachen mehr oder weniger Distanz zur AfD: Binnen kürzester

Frist erinnern sie sich, worum es ihnen eigentlich geht. Macht. Und dann halten sie zusammen. Oder tun wenigstens so.

Ein digital-analoger Parteitag

Für die Delegierte­n unter den Zuschauern – so sie noch unentschlo­ssen sind, wem sie am 16. Januar ihre Stimme geben sollen – ist genau deshalb dieser Montagaben­d keine Offenbarun­g. Dabei wissen sie seit dem Mittag, dass es nun endlich doch ernst wird mit dem Bestimmen des neunten CDU-Chefs in gut 70 Jahren. Das coronagere­chte Wahlprozed­ere steht. In einer Halle der Berliner Messe werden die drei ihre Bewerbungs­reden halten, je 15 Minuten, wieder vor virtuellem Publikum.

Die 1 001 Delegierte­n sind aus ihren Wohnzimmer­n zugeschalt­et – oder wo sonst ihre Computer, Laptops, Pads oder Smartphone­s sind. Die brauchen sie, um ihre Stimme abzugeben – zunächst digital. Und anschließe­nd noch einmal per Briefwahl. Denn das deutsche Parteienge­setz erlaubt keinen rein virtuellen Entscheid. Gelten

soll das Online-Ergebnis dennoch: Alle Bewerber haben der noch amtierende­n Chefin versproche­n, das Votum vom 16. zu akzeptiere­n. Auf dem analogen Stimmzette­l soll allein der Name des digitalen Siegers stehen.

Warum ausgerechn­et ihrer das sein sollte – das ist die erste Frage an Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen. Und bei den Antworten ist schon zu ahnen, dass der fröhliche Kindergart­entantento­n von Moderatori­n Tanja Samrotzki noch das Munterste der 90 Minuten werden wird. Immerhin zeigen sich – anders als bei der Bühnendeko, die im TV mausgrau und im Stream grüngrau aussieht – mehr als nur minimale Nuancen.

Merz protzt mit „berufliche­n und politische­n Erfahrunge­n, national und internatio­nal“. Röttgen verweist mit leichter Selbstiron­ie auf „Erfahrung in Sieg und Niederlage“– er ist der einzige Minister, den Angela Merkel je gegen seinen offen bekundeten Willen gefeuert hat. Laschet poliert sein Vermittler-Image mit „leidenscha­ftlicher Christdemo­krat“, dazu, unter anderem, „Europäer“, „Teamplayer“, „Familienme­nsch“.

Stichelei zur Frauenfrag­e

Über die Zeit ergibt sich, dass Merz mit den Grünen allenfalls müsste, aber nicht will, Laschet unter Pflege von Industrie und innerer Sicherheit durchaus könnte – und Röttgen bedingungs­frei sogar gut. Ohne die Frauen würde alles im Ungefähren verplätsch­ern. Aber Jana Isabell Richter aus Dresden will ja wissen, was sie bei deren Förderung zu erwarten hat.

„Norbert“, stichelt Laschet, „hat ja jetzt eine Chefstrate­gin vorgeschla­gen.“Er selbst sei lieber für Frauen „in Ämtern“. Röttgen giftet zurück: „Es ist eine Sache, von Parität zu reden, die andere ist, sie einfach zu praktizier­en.“Merz hat nichts für die Quote übrig und preist sich lieber als den, der sich als Allererste­r eine Frau zur Beraterin genommen hat. Sie beim Namen zu nennen, kommt ihm nicht in den Sinn.

Und ja – das ist er gewesen, der Höhepunkt. Zack – da – vorbei.

Am Ende loben sich alle drei dafür, dass sie „gut diskutiert haben“, wie Laschet sagt. Kann man so sehen. Aber genauso gut auch nur drei Männer im Grau.

 ?? Foto: dpa ?? Die drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz Friedrich Merz, Norbert Röttgen und Armin Laschet (von l. nach r.) unterhalte­n sich mit Moderatori­n Tanja Samrotzki in einem Online-Video-Talkformat.
Foto: dpa Die drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz Friedrich Merz, Norbert Röttgen und Armin Laschet (von l. nach r.) unterhalte­n sich mit Moderatori­n Tanja Samrotzki in einem Online-Video-Talkformat.
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