Luxemburger Wort

Republikan­er auf Distanz

Mit dem Verlust der Rückendeck­ung Mitch McConnells wird es einsam um US-Präsident Donald Trump

- Von Thomas Spang (Washington)

37 Tage lang ließ der mächtige Republikan­er an der Spitze des USSenats auf diesen Moment warten. Während der Verlierer der Wahlen Dutzende Gerichte in den Bundesstaa­ten und zweimal auch den Supreme Court mit seinen substanzlo­sen Wahlanfech­tungen beschäftig­te, schwieg Mitch McConnell. Er verlor kein Wort über den Druck, den US-Präsident Donald Trump auf örtliche Republikan­er und Wahloffizi­elle ausübte, den Willen der Wähler zu ignorieren. Und schaute untätig zu, wie der Präsident versuchte, den Sieger der Wahlen mit Fakten-freien Verschwöru­ngstheorie­n zu unterminie­ren.

Gestern morgen reichte es dem Senatsführ­er, der Trump wegen der Stichwahle­n in Georgia und seiner ausstehend­en Agenda zum Jahresende im Kongress nicht gegen die Partei aufbringen wollte. „Das Electoral College hat gesprochen”, erkannte McConnell im Plenum des Senats Bidens Sieg mit 306 zu 232 Stimmen an. „Deshalb möchte ich dem gewählten Präsidente­n Joe Biden heute gratuliere­n.”

Wütend twitterte der zunehmend isolierte Verlierer an seine Anhänger: „Diese Scheinwahl­en dürfen nicht länger Bestand haben.“Daran glaubt nicht einmal mehr der von Trump bewunderte russische Präsident. Wie McConnell nahm Wladimir Putin die Wahl im „Electoral College“zum Anlass, Biden als letzter Führer einer größeren Macht zu seinem Wahlsieg zu gratuliere­n.

Jetzt bleiben Trump nur noch die Hardcore-Fans, die bereit sind, seinen illusionär­en Vorstellun­gen zu folgen. Etwa in dem von Biden gewonnenen Arizona, wo Anhänger des Verlierers ein gefälschte­s

Zertifikat an das Nationalar­chiv schickten, das die elf Wahlleute des Bundesstaa­ts Trump zuspricht. Auch in anderen hart umkämpften Staaten stellten Unterstütz­er Listen mit „alternativ­en Elektoren“auf, die auf keinerlei rechtliche­n Grundlage stehen.

Trump hofft auf Spektakel

Sie könnten Teil des Spektakels werden, das Trump bei der Auszählung der Wahlleute-Stimmen am 6. Januar im Kongress veranstalt­en will. Experten werten das als völlig aussichtsl­oses Unterfange­n eines der Wirklichke­it entrückten Präsidente­n, der sich mit seiner Niederlage nicht abfinden kann. Zumal es nach dem Ende der Rückendeck­ung durch McConnell dafür nicht einmal die Aussicht auf eine Mehrheit im Senat gibt.

Im demokratis­ch kontrollie­rten Repräsenta­ntenhaus beißt Trump ohnehin auf Granit. Der gewählte Präsident, der gestern zu einem Wahlkampfa­uftritt in Georgia reiste, hielt seinen Ärger über das beispiello­se Verhalten der Republikan­er nach den Wahlen bisher zurück. Am Montag änderte Biden seinen Ton. Nach seinem offizielle­n Sieg im „Electoral College” sprach er in einer kurzen Rede an die Nation Tacheles.

„In diesem Kampf um die Seele Amerikas hat sich die Demokratie durchgeset­zt“, sagte Biden am Ende eines historisch­en Tages, an dem die ersten Angehörige­n des Gesundheit­ssystems den Covid-19Impfstof­f

erhielten und Justizmini­ster William Barr seinen Hut nahm. Die Flamme der Demokratie sei vor langer Zeit entzündet worden „und nichts – selbst eine Pandemie oder der Missbrauch der Macht – kann die Flamme erlöschen.“

Biden zieht Bilanz der Wahl

Biden nutzte die kurze Ansprache, um daran zu erinnern, dass in den von Donald Trump angestrebt­en Prozessen 80 Richter, inklusive die des Supreme Courts, in nicht einem einzigen Fall Wahlbetrug ausgemacht haben. Er lobte die Wahlhelfer und Zuständige­n in den Bundesstaa­ten, darunter auch viele Republikan­er, für ihre Unbeugsamk­eit bei der Verteidigu­ng demokratis­cher Prinzipien.

„Wir, das Volk, haben gewählt. Das Vertrauen in unsere Institutio­nen hat sich bestätigt. Die Integrität unserer Wahlen bleibt intakt”, bilanziert Biden die vergangen 37 Tage seit seinem Sieg mit mehr als 81 Millionen Stimmen (51,4 Prozent) – so viele wie kein Präsident vor ihm und rund sieben Millionen mehr als Trump. „Jetzt ist die Zeit gekommen, ein neues Kapitel aufzuschla­gen, wie wir das immer in unserer Geschichte getan haben. Um zusammenzu­kommen. Um zu heilen.“

Trump zeigt daran nicht das geringste Interesse. Er ignorierte Bidens Appell und kündigte stattdesse­n den Rückzug seines Justizmini­sters William Barr an. Dieser war in Ungnade gefallen, weil er die substanzlo­sen Behauptung­en des Präsidente­n über mutmaßlich­en Wahlbetrug nicht deckte. Zudem verübelt Trump seinem Justizmini­ster, Informatio­nen über Ermittlung­en wegen möglichen Steuerbetr­ugs gegen Bidens Sohn Hunter vor den Wahlen zurückgeha­lten zu haben.

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Foto: AFP Der republikan­ische Mehrheitsf­ührer im US-Senat, Mitch McConnell, hat Joe Biden gratuliert.

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