London steht erneut still
Die britische Regierung steht unter Druck, den Lockdown auch über Weihnachten beizubehalten
London ist wieder im Lockdown. Seit heute gilt in der britischen Hauptstadt die höchste Stufe der Einschränkungen, das heißt: Pubs, Restaurants, Theater, Kinos und die meisten Shops bleiben zu. Auch in weiten Teilen von Südostengland werden dieselben Restriktionen verhängt. Grund sind rasant ansteigende Corona-Fallzahlen in den vergangenen Wochen. Allein in London wurden zwischen dem 5. und dem 11. Dezember fast 24 000 positive Covid-19-Patienten registriert. Gesundheitsminister Matt Hancock sprach am Montag von einem „schnellen, exponentiellen“Zuwachs an neuen Fällen, der eine sofortige Antwort erfordere.
Verantwortlich für den Ausbruch im Südosten Englands könnte eine neue Covid-Variante sein. Hancock sagte, dass in fast 60 Lokalitäten eine neue Mutation des ursprünglichen Virus entdeckt worden sei. „Erste Analysen haben ergeben, dass sich diese Variante schneller ausbreitet als die bestehende Variante“, sagte der Minister; die Behörden hätten bereits über tausend Patienten identifiziert, die an dieser Mutation erkrankt sind. Die Weltgesundheitsorganisation WHO sei informiert worden.
Stimmen der Vernunft
Der Gesundheitsminister fügte jedoch hinzu, dass es keine Hinweise gebe, dass diese Variante eine schwerere Krankheit verursache oder nicht auf die Impfung reagiere. „Dennoch müssen wir wachsam bleiben“, sagte Hancock.
Die Verschärfung der CoronaBeschränkungen in London erfolgt eine Woche vor der angekündigten Lockerung über die Feiertage. Laut derzeitigen Plänen dürfen sich vom 23. bis zum 27. Dezember drei verschiedene Haushalte in Innenräumen treffen. Allerdings haben sich in den vergangenen
Letzte Besorgungen vor dem Shutdown: Gestern war in den Einkaufsstraßen der britischen Hauptstadt noch viel los. Tagen die Stimmen gehäuft, die diesen Plan für zu riskant halten. Am gewichtigsten ist die Warnung von zwei eminenten Fachzeitschriften: Am Dienstag veröffentlichten das „British Medical Journal“und das „Health Service Journal“einen gemeinsamenLeitartikel, in dem sie fordern, die Restriktionen über Weihnachten beizubehalten.
„Wir glauben, dass die Regierung kurz davor steht, einen weiteren Fehler zu begehen, der viele Leben kosten wird“, schreiben die Autoren. Sie warnen, dass gemäß dem derzeitigen Trend zum Jahresende 19 000 Covid-Patienten in englischen Krankenhäusern liegen werden – so viele wie auf dem Höhepunkt der letzten Welle im April. Die Regierung habe im Frühling und im Herbst zu lange gezögert, um die Beschränkungen einzuführen, steht im Leitaritkel. Sie solle die „leichtsinnige“Entscheidung, Kontakte zwischen mehreren Haushalten zuzulassen, überdenken. Stattdessen sollten die Feiertage genutzt werden, um die Fallzahlen „vor einer wahrscheinlichen dritten Welle“auf ein Minimum zu bringen.
Viele Politiker haben sich der Forderung nach schärferen Regeln über die Feiertage angeschlossen. Sadiq Khan, der Londoner Bürgermeister, sagte, die Regierung solle den Vorgaben der Wissenschaftler folgen und den Lockdown so weit wie möglich beibehalten. Auch mehrere von Premier Boris Johnsons Parteikollegen mahnten zu mehr Vorsicht.
Der Tory-Abgeordnete Tobias Ellwod sagte, die Regierung sollte nochmal über die Bücher gehen, „sodass wir nicht das neue Jahr mit einer dritten Welle beginnen“. Bislang besteht die Regierung darauf, das sie keine Kehrtwende einleiten will – aber einige Regierungsmitglieder sagten gegenüber der Presse, dass das Kabinett tatsächlich erwäge, die Regeln über die Festtage zu verschärfen.