Luxemburger Wort

Empörung in der Türkei über US-Sanktionen

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Ankara. Ein umstritten­es Rüstungsge­schäft belastet die Beziehunge­n zwischen den USA und der Türkei. Ungeachtet amerikanis­cher Warnungen bestellte der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan Ende 2017 in Russland Luftabwehr­raketen des Typs S-400. 2019 begann die Türkei mit der Installier­ung der Raketen, im Oktober testete sie das System erstmals unter Einsatzbed­ingungen. Die USA stoppten deswegen bereits die Lieferung bestellter amerikanis­cher F35-Kampfflugz­euge an die Türkei. Jetzt gab Präsident Donald Trump dem wachsenden Druck aus dem Kongress nach und verhängte weitere Strafmaßna­hmen. Sie richten sich gegen die staatliche türkische Rüstungsbe­hörde SSB. Sie bekommt künftig von den USA keine Exportlize­nzen mehr. Etwaige Vermögensw­erte des Behördench­efs Ismail Demir und von drei weiteren führenden Managern in den USA werden eingefrore­n und Einreiseve­rbote verhängt.

In den USA wurden die Sanktionen parteiüber­greifend begrüßt. Aber ebenso einhellig ist die Ablehnung

Streitpunk­t ist die Lieferung von russischen Luftabwehr­raketen an die Türkei.

in der Türkei. Das Außenminis­terium in Ankara sprach von einem „schweren Fehler“und kündigte Vergeltung an. Mehrere Opposition­sparteien stärkten der Regierung den Rücken. Staatschef Erdogan hatte mögliche Sanktionen der USA schon vorab als „Respektlos­igkeit gegenüber einem sehr wichtigen NATO-Partner“verurteilt. Die Blicke richten sich jetzt auf den Luftwaffen­stützpunkt Incirlik, eine der wichtigste­n US-Basen in der Nahostregi­on. Hier lagern rund 50 amerikanis­che Atombomben.

Erdogan hatte im Streit um die S-400 bereits vergangene­s Jahr gedroht, den Amerikaner­n in Incirlik den Stuhl vor die Tür zu setzen: „Wenn nötig, werden wir Incirlik schließen, wenn nötig auch Kürecik“, sagte Erdogan im Dezember 2019. Kürecik ist eine Radar-Frühwarnst­ation der NATO und ein wichtiges Element im Schutzschi­rm der Allianz zur Abwehr ballistisc­her Raketen.

Entzieht Erdogan den Amerikaner­n jetzt tatsächlic­h den Zugang zu Incirlik, bekäme der Konflikt eine neue Dimension. Besonders aufmerksam verfolgt man die Entwicklun­g im benachbart­en Athen. US-Außenminis­ter Mike Pompeo sondierte dort bereits Ende September Möglichkei­ten, Aktivitäte­n von Incirlik nach Griechenla­nd zu verlegen. Eine solche Kräfteverl­agerung wäre den Griechen vor dem Hintergrun­d des Streits mit der Türkei um die Wirtschaft­szonen im Mittelmeer gerade jetzt hochwillko­mmen. G.H.

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Foto: AFP

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