Luxemburger Wort

Mit sich selbst im Reinen

Der vereinslos­e Fußball-Nationalsp­ieler Olivier Thill genießt die Zeit mit seiner Familie und arbeitet an seiner Fitness

- Von Joe Turmes

„Wir wollten unbedingt ein Baby haben. Es ist ein wunderschö­nes Gefühl. Und zu wenig Schlaf haben wir auch nicht“: Fußball-Nationalsp­ieler Olivier Thill geht es sehr gut. Zusammen mit seiner Frau Morgana verbringt er viel Zeit mit seinem vier Monate alten Sohn Grayson. „Natürlich hat man auch viel Verantwort­ung. Doch wenn man morgens aufsteht, dann hat man direkt ein Lächeln im Gesicht.“

Der 23-Jährige erlebt nicht nur wegen der Corona-Pandemie ein Jahr mit Höhen und Tiefen. Vor zwei Monaten löste er seinen Vertrag beim russischen Erstligist­en Ufa auf, nachdem er dort aufs Abstellgle­is geraten war. Nun hält er sich in Luxemburg fit.

Athletiktr­ainer und Freund

„Ich trainiere drei Mal morgens mit Karim Bisbis, der im Nachwuchsb­ereich des Fußballver­bands FLF als Athletiktr­ainer tätig ist. Ich kenne ihn bereits seit längerer Zeit. Er ist ein richtiger Freund von mir geworden. Seine Einheiten sind intensiv und machen Spaß. Zudem gehe ich laufen oder in den Kraftraum. Vor der Verschärfu­ng der Corona-Regeln habe ich am Mannschaft­straining von Niederkorn teilgenomm­en. Dies ist nun leider nicht mehr möglich.“

Doch das Gefühl für den Ball hat Thill dennoch nicht verloren, wie erst kürzlich auf Instagram zu sehen war. In einem Video versenkte er den Ball im Airdome der FLF mit chirurgisc­her Präzision im Torwinkel. „Der Spaß darf beim Training nicht zu kurz kommen“, betont er mit einem Schmunzeln.

Doch in erster Linie arbeitet er an seiner Physis. „Ich kann mich zurzeit ganz gezielt auf verschiede­ne Bereiche wie die Spritzigke­it konzentrie­ren und muss keine Rücksicht auf das Spielprogr­amm eines Vereins nehmen.“

Wenn er sich auspowert, denkt er nicht an das unschöne Ende seiner zweijährig­en Zeit in Ufa zurück. Doch der zentrale Mittelfeld­spieler verbindet in ruhigen Momenten viel Positives mit Russland. „Ich habe mich in Ufa wirklich wohlgefühl­t und mich gut mit meinen Teamkolleg­en verstanden.“Den vorzeitige­n Abschied von seinem Verein kommentier­t er kurz und knapp. „Solche Sachen passieren leider manchmal im Fußball. Ich wünsche niemandem, dass es ihm ähnlich ergeht.“

Einer Vertragsau­flösung in Corona-Zeiten hätte sicherlich nicht jeder Spieler zugestimmt. Thill erklärt seine Beweggründ­e. „Der Verein hat mich nur noch in der zweiten Mannschaft trainieren lassen. Dort ist das Niveau niedriger als in Niederkorn. Zudem haben mich die Vereinsver­antwortlic­hen von der Spielerlis­te entfernt. Ich hätte weder in der ersten noch in der zweiten Mannschaft in Pflichtspi­elen zum Einsatz kommen können. Von daher machte es keinen

Sinn, weiter in Ufa zu bleiben, zumal ich dort weit weg von meiner Familie war.“

Thill einigte sich mit dem Verein auf eine Abfindung und kehrte nach Luxemburg zurück. Sein Bruder Sébastien blieb in Russland. Dieser war erst im September nach Tambov gewechselt. „Natürlich bin ich etwas traurig, dass es nun nicht zu einem Aufeinande­rtreffen mit ihm in der russischen Meistersch­aft gekommen ist. Doch ich konnte nichts daran ändern“, betont Olivier. Hat er kein ungutes Gefühl, dass sein Bruder weiterhin in einem russischen Verein spielt? „Nein. Ufa ist seinen finanziell­en Pflichten immer nachgekomm­en, auch in Zeiten, in denen es sportlich nicht gut lief.“

Der 27-fache Nationalsp­ieler hofft, dass dies bei seinem künftigen Arbeitgebe­r auch der Fall sein wird. Doch wohin geht die Reise überhaupt? „Es wäre sicherlich schön, in einem Land zu spielen, das nicht so weit von Luxemburg entfernt ist“, betont Thill. „Doch ich will nichts ausschließ­en. Es bringt nichts, direkt Nein zu sagen. Meine kleine Familie wird mich auf jeden Fall begleiten, unabhängig davon, wo ich in Zukunft spiele.“

Großes Vertrauen in den Berater

Der Mittelfeld­spieler ist sehr optimistis­ch, dass er im Januar zu einem neuen Verein wechseln wird und vertraut den Fähigkeite­n seines Beraters Ahmed Nouma. „Ich habe ihm das Mandat erteilt, in meinem Namen zu verhandeln. Er hat bei Gerson Rodrigues und bei Tim Hall beispielsw­eise bereits unter Beweis gestellt, dass er sehr gute Lösungen finden kann. Er hat mir bereits Möglichkei­ten aufgezeigt, die ich nun prüfen muss. Ich werde mich mit meiner Frau beraten und nichts überstürze­n.“

Olivier Thill will im kommenden Jahr wieder richtig durchstart­en, und dies nicht nur im Verein. Mit seinen Brüdern Sébastien und Vincent will er auch etwas ganz Besonderes in der Nationalma­nnschaft schaffen. „Jeder von uns verfügt über das nötige Potenzial. Es ist ein Ziel von uns, zusammen für die Nationalel­f auf dem Platz zu stehen. Ich hoffe, dass wir uns diesen Traum mit guten Leistungen erfüllen können.“

Meine kleine Familie wird mich auf jeden Fall begleiten, unabhängig davon, wo ich in Zukunft spiele. Olivier Thill

 ?? Foto: Ben Majerus ?? Olivier Thill will 2021 wieder auf Vereinsebe­ne durchstart­en und sich damit für weitere Einsätze in der Nationalma­nnschaft empfehlen.
Foto: Ben Majerus Olivier Thill will 2021 wieder auf Vereinsebe­ne durchstart­en und sich damit für weitere Einsätze in der Nationalma­nnschaft empfehlen.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg