Luxemburger Wort

Überwinter­ungsplatz Kirche

Manche Tiere verbringen den Winter in Gotteshäus­ern

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Augsburg. Warum gehen Schmetterl­inge nicht in die Kirche? Weil sie Insekten sind! Der Witz ist alt. Vor allem aber: falsch. Denn manche Schmetterl­inge lassen sich sehr wohl in Gotteshäus­ern blicken, gerade jetzt im Winter. Denn oft handelt es sich bei Sakralbaut­en um alte Gebäude mit zahlreiche­n Ritzen im Gebälk, Löchern am Dach und Nischen im Gemäuer. Solche Strukturen nutzen einige Tiere, um sich vor Schnee und Frost zu schützen.

Zum Beispiel das prächtige Tagpfauena­uge. Es gehört zu den bloß sieben Tagfaltera­rten, die die kalte Jahreszeit als fertiger Falter überdauern; die meisten anderen tun dies als Ei, Raupe oder Puppe. Wie das Tagpfauena­uge verhalten sich auch so häufige Arten wie Admiral, Kleiner Fuchs und C-Falter: Sie ziehen sich etwa auf die Dachböden von Kirchen zurück, klappen ihre bunten Flügel zusammen und verharren über Monate regungslos.

„Dabei fahren die wechselwar­men Tiere ihren Stoffwechs­el extrem herunter, um keine Energie zu verlieren“, erklärt Axel Hausmann. Der Leiter der Schmetterl­ingsabteil­ung der Zoologisch­en Staatssamm­lung München ergänzt, kritisch werde es für die Insekten, wenn sie aufgescheu­cht würden oder ihr Ruheort plötzlich beheizt werde: Dann springe der Stoffwechs­el wieder an und verbrauche Energie, die die Falter zum Neustart im Frühling bräuchten.

Gefahrenqu­elle Licht

Doch auch, wenn die Schmetterl­inge bis dahin ungestört bleiben, droht ihnen nach dem Erwachen häufig Ungemach. „Bald darauf sterben sie leider oft“, sagt Umweltschü­tzer Andreas Zahn. Denn die Falter fänden schwerlich durch Spalte den Weg nach draußen, den sie zuvor hereingeko­mmen seien. Stattdesse­n wollten sie, angelockt vom Sonnenlich­t, durch verschloss­ene Luken entweichen und stürben irgendwann vor Erschöpfun­g. Zahn rät daher: „Im Frühjahr zeitweise die Fenster tagsüber öffnen.“Neben Schmetterl­ingen könnten dann auch Halmfliege­n ausschwirr­en. Diese kleinen, meist gelb-schwarzen Insekten bevorzugen oft über mehrere Generation­en hinweg dieselbe Örtlichkei­t als Winterquar­tier, gern helle und hohe Gebäude. Zahn zufolge betrifft diese Vorliebe auch Kirchen. In sie drängen die Fliegen im Herbst teils zu Abertausen­den ein, sagt er. „Kein Spaß, wenn man dann in den Turm klettert.“

Notlösung für Fledermäus­e

Zahn kennt sich auch mit anderen Flugtieren aus, sein Fachgebiet sind Fledermäus­e. Diese senken im Winter ihre Körpertemp­eratur auf bis zu drei Grad. In Kirchen überwinter­ten Arten wie das Graue Langohr, so Zahn. Allerdings treffe das meist nur auf einen Teil der im Sommer dort lebenden Kolonien zu. Einen Grund dafür nennt Fledermaus-Expertin Bianca Fuchs: „Fledermäus­e halten Winterschl­af bevorzugt in einer Umgebung mit weitgehend gleich bleibender Temperatur im niedrigen Plusbereic­h und dann am liebsten noch mit etwas höherer Luftfeucht­igkeit.“Das sei bei Dachböden in der Regel nicht der Fall, die Tiere verkröchen sich daher eher in Felsund Baumhöhlen.

Solche Baumhöhlen kann es auf alten Kirch- und Friedhöfen geben. Die Höfe können durchaus ein ökologisch wertvolles Überwinter­ungsquarti­er sein, auch für Igel, Siebenschl­äfer und Eidechsen, wie Andreas Zahn sagt. Dafür bräuchten die Tiere aber Rückzugsor­te wie Ast- und Laubhaufen. „Zu viel Sauberkeit ist schlecht.“Das bestätigt Bianca Fuchs. Zum Thema Friedhof rät sie: „Gräber ruhig mal mit Disteln bepflanzen – an deren Samenstand finden Vögel im Winter Futter.“KNA

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Foto: Shuttersto­ck Rettung in Sicht: Zahlreiche Tiere finden in der kalten Jahreszeit Zuflucht in alten Kirchengem­äuern.

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