Kein Vorbild Berlin
Mit großer Spannung haben viele Luxemburger in den vergangenen Tagen nach Deutschland geblickt, wo seit Mittwoch ein „harter“Lockdown in Kraft ist und nur noch wenige Geschäfte zur Versorgung mit dem Lebensnotwendigen offen haben dürfen. Da kommt es doch bestimmt auch bei uns bald zu härteren Restriktionen, diese Mutmaßung geisterte tagelang durch das Großherzogtum. Doch Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) machte schnell deutlich, dass Luxemburg seinen eigenen Weg durch den Corona-Winter gehen wird. So, wie die Regierung das strenge französische Confinement nicht einfach übernommen hat, folgt sie nun auch nicht automatisch dem restriktiven Berliner Beispiel. Stattdessen wurden die geltenden Covid-Maßnahmen im Großen und Ganzen bis zum 15. Januar verlängert. Es gab zwar einige Verschärfungen, etwa ein Ess- und Trinkverbot von Mitnahmegerichten vor Ort. Doch hierbei handelt es sich um Präzisierungen, nicht um einen radikalen Kurswechsel. Hätte Luxemburg nachziehen und die Regeln jetzt verschärfen sollen? Die ehrliche Antwort auf diese Frage lautet, dass sie sich erst zum Ende des Winters seriös wird beantworten lassen. Doch ein Rückblick auf die letzten anderthalb Monate ist aufschlussreich.
Ende Oktober sahen sich zahlreiche europäische Regierungen angesichts stark ansteigender Ansteckungszahlen gezwungen, härtere Maßnahmen zu ergreifen. Frankreich setzte von Beginn an auf ein hartes Confinement, bei dem die Schulen allerdings geöffnet blieben. Jeder, der dies konnte, floh noch schnell auf das Land, während vor allem die ärmere Bevölkerung in den Vorstädten hart von den rigorosen Ausgangssperren getroffen wurde. Im Ergebnis sind die Fallzahlen immerhin deutlich zurückgegangen. Die Franzosen können wieder shoppen, doch gelten nun Ausgangssperren zwischen 20 und 6 Uhr.
In Deutschland wurde ab November ein sogenannter „Lockdown light“eingeführt, der ebenso wenig wie in Luxemburg zu einem deutlichen Rückgang der Corona-Zahlen führte. Gastronomie, Freizeit, Sport- und Kulturveranstaltungen wurden verboten, jedoch blieben der Einzelhandel sowie Schulen und Kitas geöffnet. In den vergangenen Wochen war in Berlin jedoch eine politische Kakophonie zu beobachten. Erst sollten für die Weihnachts- und Silvesterzeit großzügige Ausnahmen gelten, dann wurde dies alle paar Tage wieder geändert. Am 13. Dezember kam schließlich die große Kehrtwende mit strengeren Weihnachtsbesuchsregeln und einer raschen Schließung des Einzelhandels, was zu heillosem Getümmel in den Städten führte.
Man kann und muss über den luxemburgischen Weg aus der Krise streiten. Doch wer jetzt nach einem Nachahmen der harten deutschen Linie ruft, sollte bedenken, dass eine vorausschauende Corona-Politik anders aussieht. Die Stärke des luxemburgischen Wegs ist, dass das Parlament deutlich besser eingebunden ist als im Nachbarland, wo eine kleine Runde aus der Kanzlerin und den Ministerpräsidenten weitreichende Entscheidungen trifft. Zudem war der Kurs der luxemburgischen Regierung deutlich kohärenter als das deutsche Hickhack um die Weihnachtstage.
Das deutsche Hick-hack um Weihnachten war abstoßend.
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