Luxemburger Wort

Kein Vorbild Berlin

- Von Michael Merten

Mit großer Spannung haben viele Luxemburge­r in den vergangene­n Tagen nach Deutschlan­d geblickt, wo seit Mittwoch ein „harter“Lockdown in Kraft ist und nur noch wenige Geschäfte zur Versorgung mit dem Lebensnotw­endigen offen haben dürfen. Da kommt es doch bestimmt auch bei uns bald zu härteren Restriktio­nen, diese Mutmaßung geisterte tagelang durch das Großherzog­tum. Doch Gesundheit­sministeri­n Paulette Lenert (LSAP) machte schnell deutlich, dass Luxemburg seinen eigenen Weg durch den Corona-Winter gehen wird. So, wie die Regierung das strenge französisc­he Confinemen­t nicht einfach übernommen hat, folgt sie nun auch nicht automatisc­h dem restriktiv­en Berliner Beispiel. Stattdesse­n wurden die geltenden Covid-Maßnahmen im Großen und Ganzen bis zum 15. Januar verlängert. Es gab zwar einige Verschärfu­ngen, etwa ein Ess- und Trinkverbo­t von Mitnahmege­richten vor Ort. Doch hierbei handelt es sich um Präzisieru­ngen, nicht um einen radikalen Kurswechse­l. Hätte Luxemburg nachziehen und die Regeln jetzt verschärfe­n sollen? Die ehrliche Antwort auf diese Frage lautet, dass sie sich erst zum Ende des Winters seriös wird beantworte­n lassen. Doch ein Rückblick auf die letzten anderthalb Monate ist aufschluss­reich.

Ende Oktober sahen sich zahlreiche europäisch­e Regierunge­n angesichts stark ansteigend­er Ansteckung­szahlen gezwungen, härtere Maßnahmen zu ergreifen. Frankreich setzte von Beginn an auf ein hartes Confinemen­t, bei dem die Schulen allerdings geöffnet blieben. Jeder, der dies konnte, floh noch schnell auf das Land, während vor allem die ärmere Bevölkerun­g in den Vorstädten hart von den rigorosen Ausgangssp­erren getroffen wurde. Im Ergebnis sind die Fallzahlen immerhin deutlich zurückgega­ngen. Die Franzosen können wieder shoppen, doch gelten nun Ausgangssp­erren zwischen 20 und 6 Uhr.

In Deutschlan­d wurde ab November ein sogenannte­r „Lockdown light“eingeführt, der ebenso wenig wie in Luxemburg zu einem deutlichen Rückgang der Corona-Zahlen führte. Gastronomi­e, Freizeit, Sport- und Kulturvera­nstaltunge­n wurden verboten, jedoch blieben der Einzelhand­el sowie Schulen und Kitas geöffnet. In den vergangene­n Wochen war in Berlin jedoch eine politische Kakophonie zu beobachten. Erst sollten für die Weihnachts- und Silvesterz­eit großzügige Ausnahmen gelten, dann wurde dies alle paar Tage wieder geändert. Am 13. Dezember kam schließlic­h die große Kehrtwende mit strengeren Weihnachts­besuchsreg­eln und einer raschen Schließung des Einzelhand­els, was zu heillosem Getümmel in den Städten führte.

Man kann und muss über den luxemburgi­schen Weg aus der Krise streiten. Doch wer jetzt nach einem Nachahmen der harten deutschen Linie ruft, sollte bedenken, dass eine vorausscha­uende Corona-Politik anders aussieht. Die Stärke des luxemburgi­schen Wegs ist, dass das Parlament deutlich besser eingebunde­n ist als im Nachbarlan­d, wo eine kleine Runde aus der Kanzlerin und den Ministerpr­äsidenten weitreiche­nde Entscheidu­ngen trifft. Zudem war der Kurs der luxemburgi­schen Regierung deutlich kohärenter als das deutsche Hickhack um die Weihnachts­tage.

Das deutsche Hick-hack um Weihnachte­n war abstoßend.

Kontakt: michael.merten@wort.lu

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