Die CFL hält an Wachstumsplan fest
Zu den großen Infrastrukturvorhaben für 2021 zählt der Ausbau des Bahnhofs Luxemburg mit drei neuen Gleisen
Wie alle anderen Verkehrsunternehmen bekommt auch die Luxemburger Bahn die Folgen der Corona-Pandemie und des massiven Einbruchs der Passagierzahlen zu spüren. Für das laufende Jahr sei wegen der Krise mit einem Drittel oder gar 40 Prozent weniger Passagiere zu rechnen, so Generaldirektor Marc Wengler. Während des großen Lockdowns im Frühjahr lag die durchschnittliche Auslastung bei lediglich fünf Prozent – die CFL hatte ihr Angebot deshalb deutlich reduziert. „Wir haben zwischen März und Mai das Fahrplanangebot zur Hälfte heruntergefahren“, so Wengler. In den vergangenen Monaten sind die Passagierzahlen wieder deutlich gestiegen, aber: Die Züge sind derzeit immer noch durchschnittlich 23 Prozent weniger ausgelastet als vor Corona. Daher könne man aktuell „nicht von permanent überfüllten Zügen reden“, betont Wengler.
Züge sind keine Corona-Hotspots
Die geschrumpfte Auslastung der Züge sei in diesen außergewöhnlichen Zeiten „eine Chance“für Luxemburg, denn es wäre in vollen Waggons kaum möglich, die Abstandsregeln einzuhalten. Für Marc Wengler gibt es demnach keinen Grund, das Zugfahren komplett zu meiden. Durch die wenigen Passagiere sei auch allgemein kein Bedarf dagewesen, die Kapazitäten zu erhöhen.
Dazu kommt, dass Forschungsergebnisse darauf hinweisen, dass Züge keine Corona-Hotspots sind. Laut einer Studie der Berliner Charité, die im Auftrag der Deutschen Bahn durchgeführt wurde, sind Fahrgäste keinem erhöhten Corona-Risiko ausgesetzt. Bei mehr als 1 000 getesteten Mitarbeitern konnte nicht eine eine erhöhte Rate an Antikörpern gegen Sars-CoV2 festgestellt werden – also ein Indiz dafür, dass möglicherweise das Infektionsrisiko in den Zügen nicht so hoch ist. Eine eigene Studie hat die staatliche Eisenbahngesellschaft zwar nicht in Auftrag gegeben, aber: „Wir haben uns intern die Situation der Zugbegleiter und Busfahrer genau angeschaut, die bei ihrer Arbeit vielen Kontakten mit den Kunden ausgesetzt sind. Wir haben festgestellt, dass es nicht häufiger zu einer Infektion mit dem Corona-Virus gekommen ist als bei Mitarbeiter ohne Kundenkontakt.“
Wichtig sei allerdings, dass alle Fahrgäste sich an die geltende Maskenpflicht halten. Das Tragen einer Schutzmaske ist bei allen Fahrten Pflicht. Zudem wird empfohlen, sich in den Waggons, auf den Bahnsteigen und in den Warteräumen so weit es möglich ist zu verteilen. In den Bahnhöfen werden die Reisende gebeten, aussteigenden Fahrgästen den Vortritt zu lassen und auf genügend Abstand zu achten. Von Nachlässigkeit bei der Einhaltung der Corona-Regeln – Abstand, Hygiene und Maske – könne nicht die Rede sein, so Wengler. „Wir stellen fest, dass sich viele Bahnreisende sehr diszipliniert verhalten.“
Die Eisenbahngesellschaft habe „viel positives Feedback erhalten“, weiß der CFL-Chef zu berichten. Das zeige auch eine im Oktober 2020 durchgeführte Zufriedenheitsumfrage, die bei mehr als 2 000 Kunden durchgeführt wurde. Demnach ist das Zugerlebnis von den Fahrgästen allgemein sehr gut bewertet worden. Besonders bei den Themen Klima, Komfort oder Sauberkeit kann das Unternehmen durchaus punkten. Überwiegend zufrieden zeigten sich die Bahnfahrer auch mit der Freundlichkeit und Kompetenz des Personals. „Wir sind eine der wenigen Unternehmen im Nahverkehr, das noch Begleitpersonal in den Zügen einsetzt: Unsere Züge sind zu 100 Prozent besetzt. Die Auswertung der Umfrage zeigt, dass wir mit unserem Serviceangebot richtig liegen.“
Die Bilanz der Bahn zur Pünktlichkeit im Verkehr fällt in diesem Jahr auch besser aus. Voraussichtlich werden 94,5 Prozent aller Züge rechtzeitig angekommen sein – 2019 waren es 90 Prozent, 2018 89 Prozent. Natürlich steigen wegen der deutlich geringeren Zahl an Passagieren auch weniger Menschen an den Stationen ein und aus. Dies erleichtere die Einhaltung der Haltezeiten auf Bahnhöfen, sagt Wengler. Aber das erklärt nicht alles: „Wir sind pünktlicher – und nicht nur wegen Corona. Wir haben in den vergangenen Jahren sehr große Anstrengungen in diesem Bereich unternommen. Unsere Bemühungen um mehr Pünktlichkeit zahlen sich nun aus.“
Wir haben viel positives Feedback erhalten. Marc Wengler, CFL
Baumaßnahmen tragen Früchte
Doch auch die großen Baumaßnahmen haben zur Entlastung des Bahnknotens Luxemburg beigetragen. „Wir haben das Jahr mit einem zusätzlichem Bahngleis gestartet, da der fünfte Bahnsteig schon teilweise fertig war“, so Wengler. Mit dem zweiten Viadukt Pulvermühle und dem Ausbau der Strecke Luxemburg – Sandweiler-Contern habe die CFL zwei wichtige Engpässe beseitigt. „Beide Projekte haben einen wertvollen Beitrag geleistet. Das stimmt uns optimistisch; wir sind auf dem richtigen Weg.“
Der Luxemburger Staat investiert bis zum Jahr 2028 insgesamt mehr als 3,9 Milliarden Euro – das Geld soll in Modernisierungsarbeiten fließen. Um das Nadelöhr im Eisenbahnnetz zu entlasten, wird bis Ende 2021 der hauptstädtische Bahnhof um drei weitere Gleise erweitert. Um einen reibungslosen Ablauf bewerkstelligen zu können, plant die Eisenbahngesellschaft auch die baldige Inbetriebnahme der Strecke BettemburgLuxemburg. Derzeit fahren mehr als 1 000 Züge aus dem In- und Ausland täglich den hauptstädtischen Bahnhof an. Die umfangreichen Arbeiten bedeuten allerdings auch, dass im kommenden Jahr mit zahlreichen Baustellen zu rechnen ist. „Es ist ein bisschen wie eine Operation am offenen Herzen. Bahnreisende werden gleich mehrere Streckensperrungen und veränderte Fahrpläne in Kauf nehmen müssen.“Bis 2024 soll die Zahl der verfügbaren Sitzplätze um 46 Prozent, dank neuem Rollmaterial, steigen. Zudem werden jährlich 1 000 neue Parkplätze bauen. „Das ist ein Quantensprung gegenüber der heutigen Situation“, betont Marc Wengler.
Frachtbereich im Minus
Die Corona-Pandemie hinterlässt auch Spuren im Frachtbereich der Eisenbahngesellschaft. „Die Frequenz
der intermodalen Zügen ist wegen Corona stark zurückgegangen.“CFL multimodal hatte am Anfang des Jahres eine neue intermodale Verbindung zwischen Bettemburg-Düdelingen und Poznan in Polen gestartet. „Das musste aufgrund der Corona-Krise eingestellt werden.“Viele Produktionsstätten und Fabriken blieben geschlossen – eine besondere Herausforderung für die Eisenbahn, denn „wir mussten uns sehr rasch an die schwierigen Umstände anpassen.“Auf dem Höhepunkt der Krise hat das Unternehmen auf die Kurzarbeit zurückgegriffen – 100 der insgesamt 1 200 Mitarbeiter mussten zeitweise in Kurzarbeit gehen. Nach einem erfolgreichen Jahr 2019 rechnet die Eisenbahngesellschaft dieses Jahr mit einem Umsatzeinbruch von zehn bis 15 Prozent – „ keine Katastrophe“, wie Wengler betont. Dank der stark diversifizierten Aktivitäten habe die Eisenbahngesellschaft die Auswirkungen der Krise verhältnismäßig gut bewältigt.
Der CFL-Chef rechnet für das Jahr 2021 nicht mit einer schnellen Rückkehr zur Normalität. Er zeigt sich aber vorsichtig optimistisch: „Wir bleiben für unsere Aktivitäten positiv eingestellt und zuversichtlich. Wir wollen weiterhin neue Ziele wie zum Beispiel Poznan oder Budapest in Betrieb nehmen.“Vor Kurzem wurde der Start einer intermodalen Zugverbindung zwischen Bettemburg-Düdelingen und Rostock angekündigt.
Insgesamt sei man froh darüber, dass man die Kontinuität des öffentlichen Dienstes sowohl im Nahverkehr als auch im Frachtbereich trotz der angespannten Lage aufrechterhalten konnte. Und auch die Modernisierungsarbeiten tragen bereits die gewünschten Früchte. „Das stimmt uns optimistisch für die Zukunft.“