Luxemburger Wort

Hoffen und Bangen in den Alpen

Der Winterspor­t ist abgesagt: Die Corona-Pandemie verdirbt nun die Reisepläne für viele wertvolle Wochen

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Wien. Die Alpen sind vielerorts so tief verschneit wie selten um diese Jahreszeit – die perfekte Kulisse für Winterspor­t. Aber der Tourismus in den Weihnachts­ferien fällt wegen der Reisebesch­ränkungen aufgrund der Corona-Pandemie praktisch aus. Die Wochen über Weihnachte­n und Neujahr machen meist 20 bis 30 Prozent des Umsatzes in der Wintersais­on aus. Die Hoffnung ruht auf der Zeit danach. Ein Blick auf das Hoch- und das nahe Mittelgebi­rge:

Italien

Mit einem Dekret vom 3. Dezember hat die Regierung in Rom unter anderem die Schließung der Skigebiete bis zum 6. Januar beschlosse­n. Davon betroffen sind vor allem die Betreiber in den norditalie­nischen Regionen Trentino und Südtirol, Venetien und im Aostatal. In den Winterferi­en seien diese oft ausgebucht gewesen, so der italienisc­he Verband der Reiseund Tourismusi­ndustrie, Federturis­mo. Es sei weder mit einem Zustrom italienisc­her noch ausländisc­her Gäste zu rechnen. Bis Anfang Januar gelten strenge Reisebesch­ränkungen. Ausländisc­he Gäste müssen nach den Verordnung­en im Dekret mit einer Quarantäne rechnen.

Neben den Betreibern der Skigebiete sind Hotels, Restaurant­s, Transportu­nternehmen und Skischulen von den Schließung­en betroffen. Der Wintertour­ismus erziele in einer Saison einen Umsatz von etwa elf Milliarden Euro – ein Drittel davon in der Zeit zwischen Anfang Dezember und Heilige Drei Könige Anfang Januar. Der Verband rechnet deshalb nach eigenen Angaben mit einem Umsatzverl­ust von 70 Prozent in der Branche. In Italien gibt es nach Zahlen des Federturis­mo rund 400 Seilbahnun­ternehmen und etwa 1 500 Skilifte. Insgesamt sind ungefähr 120 000 Menschen in dem Sektor beschäftig­t, meist mit Saisonvert­rägen.

Österreich

Bundesländ­er wie Tirol sind extrem vom Wintertour­ismus abhängig – und dabei vor allem von deutschen Gästen. Das gilt auch für Ischgl, das im März 2020 als Hotspot bei der Verbreitun­g des Virus in die Schlagzeil­en kam. Dort scheint die traditione­ll lange Saison bis Anfang Mai ein Trumpf zu sein. Große Teile des 240 Pistenkilo­meter umfassende­n Skigebiets liegen über 2 000 Meter. „In dieser Saison könnte die lange Saison ein Vorteil sein“, hofft Tourismus-Chef Andreas Steibl auf Fans des Skilaufs auch im Frühjahr. Die Vorkehrung­en, die den Ort diesmal besonders sicher machen sollen, würden ab 24. Dezember umgesetzt, dann sollen österreich­weit die Lifte zumindest für die Einheimisc­hen wieder anlaufen. Denn Hotels und Lokale öffnen erst am 7. Januar wieder.

In Saalbach-Hinterglem­m mit seinen 20 000 Gästebette­n liegt die Hoffnung auf einem starken Februar. Angesichts der Ferienwoch­en

in Deutschlan­d, den Niederland­en und Österreich sei das traditione­ll nach den Weihnachts­ferien der zweite besonders umsatzträc­htige Monat. „Wir haben im Sommer gesehen, wie schnell sich der Tourismus wieder erholt“, sagt die Sprecherin des Tourismusv­erbands, Karin Pasterer. Der fast komplette Ausfall des Gästeanstu­rms über Weihnachte­n und Neujahr sei zwar ein herber Schlag. „Aber es macht jeder das Beste draus.“

Schweiz

Das Land widersetzt sich bislang dem Druck aus den Nachbarlän­dern, den Skibetrieb in der Hochsaison über Weihnachte­n einzustell­en. Mit einer guten Saison rechnet dennoch kaum jemand. Hotels und Skipassanb­ieter sehen nur wenig Interessen­ten aus dem Ausland, auch, weil viele Länder strikte Quarantäne­maßnahmen für Rückkehrer vorsehen.

Zermatt mit dem Skigebiet am Matterhorn und die Aletsch Arena mit dem Skigebiet im UnescoWelt­naturerbe Schweizer Alpen Jungfrau-Aletsch rechnen in diesem Winter mit Einbußen von 25 bis 30 Prozent. Die große Skiarena Arosa/Lenzerheid­e im Kanton Graubünden hofft, mit einem blauen Auge davon zu kommen, weil traditione­ll 80 Prozent der Gäste aus der Schweiz stammen. Allerdings haben die einheimisc­hen Urlauber auch im Sommer den Ausfall der ausländisc­hen Gäste nicht wettgemach­t: Die Zahl der Logiernäch­te ging um gut 40 Prozent zurück.

Der Vorverkauf bei Skipässen verläuft vielerorts schleppend, gehofft wird noch auf spontan Reisende und Tagestouri­sten. Aus dem Rahmen fallen die Titlis-Bergbahnen

in der Innerschwe­iz mit einer Rekordzahl an vorab verkauften Skipässen – fast plus 40 Prozent: „Wir haben die erfolgreic­hste Verkaufssa­ison, die wir je hatten“, sagte Marketing-Leiter Urs Egli, der „Luzerner Zeitung“.

Frankreich

Hier bleiben die Skilifte bis mindestens 7. Januar geschlosse­n. Der Ärger in den berühmten Tourismusr­egionen wie Chamonix, Savoyen oder Les Trois Vallées darüber ist groß. Viele kritisiert­en, die Entscheidu­ng der Regierung sei nicht verhältnis­mäßig – man würde vor Ort Hygienereg­eln einhalten. Frankreich­s oberstes Verwaltung­sgericht sah das anders: Der Staatsrat wies eine Beschwerde von Skiregione­n und Tourismusb­ranche ab. Eine Schließung über die Weihnachts­ferien sei angesichts der Corona-Pandemie gerechtfer­tigt, entschied das Gericht.

Frankreich­s Regierung will der Branche nun finanziell unter die Arme greifen. 400 Millionen Euro Unterstütz­ung soll es für die Branche geben. Bei den Skiliften sollen bis zu 70 Prozent der Fixkosten kompensier­t werden. Um zu verhindern, dass die Französinn­en und Franzosen über die Feiertage im Ausland Ski fahren, soll es strenge Quarantäne­vorgaben für Rückkehrer aus dem Skiurlaub geben.

Tschechien

Die Skigebiete in den Mittelgebi­rgen dürfen vom 18. Dezember an öffnen. Zugleich wurde die Schließung der Hotels angeordnet. Regierungs­chef Andrej Babis hat klargestel­lt, dass Skifahren „nur für unsere Leute“, also für Einheimisc­he, infrage kommen werde. Der Verband der Skiareale (AHS) klagte über eine „Spirale von Chaos und Unsicherhe­it“. In den struktursc­hwachen Mittelgebi­rgsregione­n Tschechien­s ist der Wintertour­ismus eine wichtige Einnahmequ­elle. Für die Einreise nach Tschechien aus den meisten Ländern Europas sind ein negativer PCR-Test und eine Online-Anmeldung erforderli­ch. dpa

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Foto: dpa ,Die Skilifte im französisc­hen Skigebiet Val d’Isere sind wegen Corona geschlosse­n.
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