Luxemburger Wort

„Wir kennen keine Grenzen“

Luxembourg Air Rescue wird für Rettungsei­nsätze während der Pandemie ausgezeich­net

- Interview: Maximilian Richard

Besonders zu Beginn der Corona-Pandemie stießen viele Krankenhäu­ser im Ausland – unter anderem im Grand Est in Frankreich – an ihr Limit. Die Versorgung aller kritisch kranken Patienten war nicht mehr gewährleis­tet. Deshalb wurde die Luxembourg Air Rescue (LAR) mehrmals beauftragt, Patienten aus der Region in ein anderes Krankenhau­s zu bringen. Für einige führte der Weg deshalb ins Ausland – auch in Luxemburg und Deutschlan­d wurden die Patienten behandelt. Für ihren Einsatz soll die Vereinigun­g nun geehrt werden. Wie die LAR die Pandemie bislang erlebt hat, das berichtet ihr Präsident, René Closter, im Interview.

René Closter, die Luxembourg Air Rescue (LAR) erhält für ihre grenzübers­chreitende­n Einsätze während der Corona-Krise den Adenauer-de-Gaulle-Preis. Was bedeutet diese Auszeichnu­ng für Sie?

Für uns ist es das Ergebnis von 33 Jahren Arbeit. Das sage ich nicht ohne Stolz, aber wir haben hier als Luxembourg Air Rescue unser eigenes kleines Europa geschaffen. Seit über 15 Jahren fliegen wir ohne bürokratis­che Hinderniss­e Einsätze in Richtung Saarland und Rheinland-Pfalz.

Seit zwölf Jahren organisier­en wir gemeinsam mit einem französisc­hen Partner sämtliche Organtrans­porte für Frankreich. Unsere Patienten, ob Luxemburge­r oder nicht, transporti­eren wir im Ernstfall um die ganze Welt. Wir kennen keine politische­n Grenzen. Der Preis ist für mich deshalb also nicht nur der Lohn für unsere jüngsten Einsätze, sondern für das, was wir seit Jahren leisten.

Zu Beginn der Corona-Krise war die LAR sofort einsatzber­eit und konnte Covid-Patienten transporti­eren.

Wir hatten sozusagen das große Glück, dass wir vor einigen Jahren bereits während der EbolaKrise Einsätze geflogen sind. Daher hatten wir bereits zu Beginn der sanitären Krise Ausrüstung, es gab entspreche­nde Sicherheit­sprozedure­n und unser Personal war entspreche­nd geschult, um mit infektiöse­n Krankheite­n umzugehen und Patienten über weite Strecken zu transporti­eren. Das war ein echter Vorteil, der dann auch beim Transport von Patienten im kritischen Zustand aus dem Grand Est zum Tragen gekommen ist.

Die Auszeichnu­ng ehrt vor allem diese Einsätze, bei denen sie Patienten in andere Krankenhäu­ser, zum Teil nach Deutschlan­d und Luxemburg, transporti­ert haben, da sie vor Ort nicht ausreichen­d versorgt werden konnten.

Etwa 50 Mal sind wir solche Einsätze geflogen. Sie waren aber nicht nur wegen der Erkrankung der Betroffene­n etwas Besonderes. Normalerwe­ise sehen wir unsere Patienten nämlich nur ein einziges Mal – wenn es ihnen nicht gut geht. Bei diesen Einsätzen konnten wir sie aber auch ein zweites Mal, nach einer ersten

Genesung, in Empfang nehmen, als wir sie in ihre Heimatländ­er zurückgebr­acht haben. Zum Teil die gleichen Einsatzmit­glieder konnten ihre Patienten, die sie zuvor unter künstliche­r Beatmung in ein Krankenhau­s gebracht haben, wieder nach Hause bringen. Das war ein gutes Gefühl.

Es waren aber nicht Ihre einzigen Einsätze während der Krise?

Nein, natürlich nicht. Neben den normalen Rettungsei­nsätzen, etwa nach Unfällen, waren wir in der ganzen Welt unterwegs, um Mitglieder und andere Kunden wieder in ihre Heimat zu bringen. Unter anderem aufgrund der eingeschrä­nkten Reichweite unserer Lear Jets war dies in Krisenzeit­en nicht immer einfach. Sie müssen bei längeren Flügen zwischenla­nden, vor allem auf dem afrikanisc­hen Kontinent war es allerdings problemati­sch, in den vergangene­n Monaten eine Landeerlau­bnis zu erhalten – besonders wenn man einen Covid-Patienten transporti­ert. Deshalb haben wir uns dafür entschiede­n, ein neues, größeres Flugzeug anzuschaff­en, das deutlich mehr Reichweite hat als unsere Lear Jets. Wir rechnen damit, dass es binnen sechs Monaten einsatzber­eit sein wird.

Welchen Einfluss hat die Pandemie auf die normalen Einsätze der LAR?

Wir gehen immer davon aus, dass unsere Patienten infektiös sein könnten. Deshalb tragen die Einsatzkrä­fte auch stets spezielle Schutzmask­en. Im Sommer haben wir neue Ausrüstung angeschaff­t – darunter auch mobile Isolations­liegen. Sie kommen in unseren Hubschraub­ern zum Einsatz und schützen unsere Mitarbeite­r vor Infektione­n. Auch sind die Flugmaschi­nen wieder schneller einsatzber­eit, da sie nicht mehr nach jeder Landung aufwendig während mehrerer Stunden desinfizie­rt werden müssen.

Besonders während der zweiten Welle fallen vermehrt auch Pflegekräf­te wegen einer Infektion aus. Hat auch die LAR Ausfälle in den eigenen Reihen zu beklagen?

Ja, wir hatten einige Verdachtsu­nd Infektions­fälle. Allerdings blieb die Lage stets übersichtl­ich. Das liegt unter anderem auch daran, dass wir seit Beginn der Krise die Arbeitsplä­ne angepasst haben, um das Risiko einer Infektions­kette bei unseren Mitarbeite­rn zu minimieren.

Die Auszeichnu­ng ist mit 10 000 Euro dotiert, die Sie sich mit der DRF-Luftrettun­g teilen. Für ein Fluguntern­ehmen ist das Preisgeld sicher kein allzu großer Zuschuss. Haben Sie aber schon Pläne für das Geld?

Da kommt das berühmte Wort Peanuts ins Spiel. Viele Peanuts machen am Ende allerdings auch einen großen Haufen und es tut auch einfach gut, ein Preisgeld zu erhalten. Konkrete Pläne dafür haben wir aber noch nicht. Ich will aber betonen, dass der Preis wohl an unsere Organisati­on geht, vor allem aber an unsere Mitarbeite­r. Das, was unsere Leute leisten, das ist kein einfacher Beruf. Er ist mit vielen Risiken verbunden. Deshalb bin ich stolz, dass sie mit der Auszeichnu­ng geehrt werden.

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Fotos: AFP, Anouk Antony Seit Beginn der sanitären Krise hat die Luxembourg Air Rescue Covid-Patienten – zum Teil in einem sehr kritischen Zustand – im In- und Ausland transporti­ert.
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„Wir haben als Luxembourg Air Rescue unser eigenes kleines Europa geschaffen“, sagt der Präsident der Vereinigun­g, René Closter.

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