„Wir kennen keine Grenzen“
Luxembourg Air Rescue wird für Rettungseinsätze während der Pandemie ausgezeichnet
Besonders zu Beginn der Corona-Pandemie stießen viele Krankenhäuser im Ausland – unter anderem im Grand Est in Frankreich – an ihr Limit. Die Versorgung aller kritisch kranken Patienten war nicht mehr gewährleistet. Deshalb wurde die Luxembourg Air Rescue (LAR) mehrmals beauftragt, Patienten aus der Region in ein anderes Krankenhaus zu bringen. Für einige führte der Weg deshalb ins Ausland – auch in Luxemburg und Deutschland wurden die Patienten behandelt. Für ihren Einsatz soll die Vereinigung nun geehrt werden. Wie die LAR die Pandemie bislang erlebt hat, das berichtet ihr Präsident, René Closter, im Interview.
René Closter, die Luxembourg Air Rescue (LAR) erhält für ihre grenzüberschreitenden Einsätze während der Corona-Krise den Adenauer-de-Gaulle-Preis. Was bedeutet diese Auszeichnung für Sie?
Für uns ist es das Ergebnis von 33 Jahren Arbeit. Das sage ich nicht ohne Stolz, aber wir haben hier als Luxembourg Air Rescue unser eigenes kleines Europa geschaffen. Seit über 15 Jahren fliegen wir ohne bürokratische Hindernisse Einsätze in Richtung Saarland und Rheinland-Pfalz.
Seit zwölf Jahren organisieren wir gemeinsam mit einem französischen Partner sämtliche Organtransporte für Frankreich. Unsere Patienten, ob Luxemburger oder nicht, transportieren wir im Ernstfall um die ganze Welt. Wir kennen keine politischen Grenzen. Der Preis ist für mich deshalb also nicht nur der Lohn für unsere jüngsten Einsätze, sondern für das, was wir seit Jahren leisten.
Zu Beginn der Corona-Krise war die LAR sofort einsatzbereit und konnte Covid-Patienten transportieren.
Wir hatten sozusagen das große Glück, dass wir vor einigen Jahren bereits während der EbolaKrise Einsätze geflogen sind. Daher hatten wir bereits zu Beginn der sanitären Krise Ausrüstung, es gab entsprechende Sicherheitsprozeduren und unser Personal war entsprechend geschult, um mit infektiösen Krankheiten umzugehen und Patienten über weite Strecken zu transportieren. Das war ein echter Vorteil, der dann auch beim Transport von Patienten im kritischen Zustand aus dem Grand Est zum Tragen gekommen ist.
Die Auszeichnung ehrt vor allem diese Einsätze, bei denen sie Patienten in andere Krankenhäuser, zum Teil nach Deutschland und Luxemburg, transportiert haben, da sie vor Ort nicht ausreichend versorgt werden konnten.
Etwa 50 Mal sind wir solche Einsätze geflogen. Sie waren aber nicht nur wegen der Erkrankung der Betroffenen etwas Besonderes. Normalerweise sehen wir unsere Patienten nämlich nur ein einziges Mal – wenn es ihnen nicht gut geht. Bei diesen Einsätzen konnten wir sie aber auch ein zweites Mal, nach einer ersten
Genesung, in Empfang nehmen, als wir sie in ihre Heimatländer zurückgebracht haben. Zum Teil die gleichen Einsatzmitglieder konnten ihre Patienten, die sie zuvor unter künstlicher Beatmung in ein Krankenhaus gebracht haben, wieder nach Hause bringen. Das war ein gutes Gefühl.
Es waren aber nicht Ihre einzigen Einsätze während der Krise?
Nein, natürlich nicht. Neben den normalen Rettungseinsätzen, etwa nach Unfällen, waren wir in der ganzen Welt unterwegs, um Mitglieder und andere Kunden wieder in ihre Heimat zu bringen. Unter anderem aufgrund der eingeschränkten Reichweite unserer Lear Jets war dies in Krisenzeiten nicht immer einfach. Sie müssen bei längeren Flügen zwischenlanden, vor allem auf dem afrikanischen Kontinent war es allerdings problematisch, in den vergangenen Monaten eine Landeerlaubnis zu erhalten – besonders wenn man einen Covid-Patienten transportiert. Deshalb haben wir uns dafür entschieden, ein neues, größeres Flugzeug anzuschaffen, das deutlich mehr Reichweite hat als unsere Lear Jets. Wir rechnen damit, dass es binnen sechs Monaten einsatzbereit sein wird.
Welchen Einfluss hat die Pandemie auf die normalen Einsätze der LAR?
Wir gehen immer davon aus, dass unsere Patienten infektiös sein könnten. Deshalb tragen die Einsatzkräfte auch stets spezielle Schutzmasken. Im Sommer haben wir neue Ausrüstung angeschafft – darunter auch mobile Isolationsliegen. Sie kommen in unseren Hubschraubern zum Einsatz und schützen unsere Mitarbeiter vor Infektionen. Auch sind die Flugmaschinen wieder schneller einsatzbereit, da sie nicht mehr nach jeder Landung aufwendig während mehrerer Stunden desinfiziert werden müssen.
Besonders während der zweiten Welle fallen vermehrt auch Pflegekräfte wegen einer Infektion aus. Hat auch die LAR Ausfälle in den eigenen Reihen zu beklagen?
Ja, wir hatten einige Verdachtsund Infektionsfälle. Allerdings blieb die Lage stets übersichtlich. Das liegt unter anderem auch daran, dass wir seit Beginn der Krise die Arbeitspläne angepasst haben, um das Risiko einer Infektionskette bei unseren Mitarbeitern zu minimieren.
Die Auszeichnung ist mit 10 000 Euro dotiert, die Sie sich mit der DRF-Luftrettung teilen. Für ein Flugunternehmen ist das Preisgeld sicher kein allzu großer Zuschuss. Haben Sie aber schon Pläne für das Geld?
Da kommt das berühmte Wort Peanuts ins Spiel. Viele Peanuts machen am Ende allerdings auch einen großen Haufen und es tut auch einfach gut, ein Preisgeld zu erhalten. Konkrete Pläne dafür haben wir aber noch nicht. Ich will aber betonen, dass der Preis wohl an unsere Organisation geht, vor allem aber an unsere Mitarbeiter. Das, was unsere Leute leisten, das ist kein einfacher Beruf. Er ist mit vielen Risiken verbunden. Deshalb bin ich stolz, dass sie mit der Auszeichnung geehrt werden.