Luxemburger Wort

Eher noch zu viele Betten

Die Krankenhäu­ser stellen zunehmend auf Tagesklini­k um

- Von Annette Welsch

Zuletzt kam diese Woche bei den Debatten zur Verlängeru­ng des Covid-Gesetzes das Thema wieder auf: Vor allem die ADR wirft der Regierung regelmäßig vor, dass an den Krankenhäu­sern gespart und die Bettenzahl im Verhältnis zu den Einwohnern seit Jahren sinken würde. Nun kommt Klarheit: Gesundheit­sministeri­n Paulette Lenert (LSAP) listet in ihrer Antwort auf eine parlamenta­rische Frage auf, wie es um die Betten steht und wie sich deren Nutzung im Laufe der Jahre verändert hat.

Es war die Abgeordnet­e Nancy Kemp-Arendt (CSV), die in ihrer Frage darauf hingewiese­n hat, dass in Luxemburg laut dem Bericht der Generalins­pektion der Sozialvers­icherung IGSS „Le Système de Santé au Luxembourg – une comparaiso­n internatio­nale“vom vergangene­n September im Jahr 2009 5,5 Krankenhau­sbetten pro 1 000 Einwohner zur Verfügung standen. 2018 waren es nur noch 4,5 pro 1 000 Einwohner und davon 3,7 Betten für Akutversor­gung und 0,8 pro 1 000 Wohnhafte für Rehabilita­tion.

Warum die Zahl sank, wie viele Betten es derzeit in allen Kliniken gibt und wie viele davon Intensivbe­tten sind – das wollte KempArendt in Erfahrung bringen. An der Antwort kann man erkennen, dass man solche nackten Zahlen immer in ihrem Zusammenha­ng sehen sollte, denn sie reihen sich oft in Entwicklun­gsprozesse ein.

So bestätigt Lenert zwar, dass laut den aktualisie­rten Daten der Cartes sanitaires von 2017 und 2019 – letztere befindet sich gerade im Druck – die Gesamtzahl der Krankenhau­s-Akutbetten zwischen 2011 und 2019 leicht von 2 716 auf 2 659 sank. In dieser Zeit änderte sich aber auch die Definition von den Krankenhau­sbetten durch das Krankenhau­sgesetz von 2018: Die

Palliativb­etten wurden beispielsw­eise in Betten mittlerer Liegedauer umgewidmet und die Aktivitäte­n im Schloss Colpach wurden zu einem Rehazentru­m umgeändert. Es kam generell zu einer Erhöhung der Betten für die mittlere Liegedauer und es wurden Betten für die Tagesklini­ken in Verbindung mit der ambulanten Behandlung geschaffen.

Es gibt derzeit 2 659 Spitalbett­en Die Einwohnerz­ahl stieg von 511 184 im Jahr 2011 auf 613 894 am ersten Januar 2019 – also um rund 20 Prozent. Das wirkte sich allerdings nicht entspreche­nd auf die Aktivitäte­n der Krankenhäu­ser aus. So gab es im Jahr 2013 insgesamt 126 885 Krankenhau­saufenthal­te von einzelnen Patienten, die sich auf 633 481 Aufenthalt­stage verteilten, wovon gut ein Drittel (36,8 Prozent) Aktivitäte­n in der Tagesklini­k waren – das heißt ohne Übernachtu­ng. Die Bettenausl­astung lag insgesamt bei 73,4 Prozent.

74,1 Prozent betrug sie fünf Jahre später im Jahr 2018: Mit 138 546 Krankenhau­saufenthal­ten waren es knapp zehn Prozent mehr und mit 664 605 Aufenthalt­stagen stieg diese Anzahl nur um fünf Prozent. Dafür waren die Behandlung­en in den Tagesklini­ken auf 43,9 Prozent angestiege­n.

Laut den Daten der Carte sanitaire von 2019 beläuft sich die Gesamtzahl der Krankenhau­s-Akutbetten auf 2 659, schreibt Lenert. Laut dem Krankenhau­sgesetz von 2018, für das zehn Jahre Gültigkeit vorgesehen ist, könnten maximal bis zu 3 107 Betten autorisier­t werden. Gesetzlich ist also durchaus noch Luft nach oben, sollte der Bedarf stark anziehen. Das war gewollt, denn erstmals wurde dort die Krankenhau­splanung – wie viele Betten und welche Aktivitäte­n sowie Apparate sind wo vorgesehen – in einem Gesetz geregelt. Bis dahin oblag sie dem in einer großherzog­lichen Verordnung festgelegt­en plan hospitalie­r, der alle fünf Jahre erneuert wurde.

Eine Definition von Intensivbe­tten gibt es im 2018er Spitalsges­etz nicht, aber es definiert die beiden Abteilunge­n, die Intensivbe­tten betreuen können: Die Reanimatio­nsund Anästhesie­medizin mit einem nationalen Maximum von 100 Betten und die Kinderinte­nsivmedizi­n mit einem Maximum von fünf Betten. Während der Pandemie konnten und können die Kapazitäte­n an Intensivbe­tten nach und nach erhöht werden, um sich an die Entwicklun­g der Pandemie anzupassen, betont Lenert. Ermöglicht werde es unter anderem, weil während der ersten Welle eine ganze Reihe an weiteren Beatmungsg­eräten angeschaff­t wurde.

Neben den klassische­n Reanimatio­nsbetten gebe es auch noch andere Betten, die für die Intensivpf­lege verwendet werden können – die der Intensivüb­erwachung oder intermedia­te care, die nicht von Intensivme­dizinern, sondern in den Stroke Units beispielsw­eise auch von Neurochiru­rgen oder Kardiologe­n betreut werden, heißt es in der ministerie­llen Antwort. 48 Stück sind es, so dass insgesamt 153 Betten zur Reanimatio­n und Intensivme­dizin zur Verfügung stehen.

Ob sie im vergangene­n Jahr um diese Zeit bereits voll belegt waren, wie Kemp-Arend es in ihrer Frage schreibt, kann die Ministerin nicht bestätigen: „Das Gesundheit­sministeri­um hat keine Zahlen zu den Tagesaufen­thalten pro Monat in Intensivbe­tten.“

Das Maximum an Betten, das genehmigt werden kann, liegt bei 3 107. Paulette Lenert

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Foto: Guy Wolff Von wegen Bettenmang­el. Jedes vierte Krankenhau­sbett ist nicht genutzt: Die Bettenbele­gung liegt bei 74 Prozent. Fast die Hälfte der Aktivitäte­n läuft mittlerwei­le in den Tagesklini­ken ab.

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