Gewaltorgie
Die Terrormiliz Al-Schabaab versucht, im Norden Mosambiks ein islamisches Kalifat zu errichten – mit allen Mitteln
Sie kommen ihrem eigentlichen Ziel immer näher. Zuletzt griffen sie das Dörfchen Mute an – nur noch gut 20 Kilometer von der mosambikanischen Halbinsel Afungi entfernt, wo derzeit die größte Investition Afrikas verwirklicht wird: Die Erschließung von Erdgasfeldern im Wert von 60 Milliarden US-Dollar. Bei dem Überfall vor wenigen Tagen zündeten die Angreifer Dutzende von Häusern an und vertrieben die Bevölkerung: Es ist die Handschrift der mit dem sogenannten Islamischen Staat (IS) verbündeten Al-Schabaab (Die Jungs): Sie machen den abgelegenen Norden Mosambiks schon seit mehr als drei Jahren unsicher.
Nur wenige Tage vor dem Angriff auf Mute lockten die Islamisten einem Armee-Konvoi in einen Hinterhalt und töteten 25 Soldaten. Dutzende Soldaten wurden verwundet. Anfang November überfielen die islamistischen Kämpfer dem staatlichen Rundfunk zufolge das ebenfalls in der Capo-Delgado-Provinz gelegene Dorf Muatide, trieben die Bevölkerung auf einem Fußballplatz zusammen und enthaupteten rund 50 Dorfbewohner, darunter auch Lehrer und Priester. Die Gewaltorgie habe sich über mehrere Tage hingestreckt, hieß es. Die Provinz erlebe einen dramatischen Anstieg der Al-Schabaab-Überfälle, berichten Kenner des Landes. Es gebe Anzeichen, dass die Region wie einst Teile Syriens und des Iraks, zu einem Kalifat des IS werden könnte.
Ausgangspunkt für Überfälle
Mit der Einnahme des Hafenstädtchens Mocímboa da Praia hatte AlSchabaab Mitte August einen unerwarteten militärischen Erfolg erzielt: Der mosambikanischen Armee gelang es bisher nicht, den strategisch wichtigen Ort wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. Von dem Hafen aus brechen die Extremisten regelmäßig zu Überfällen auf benachbarte Küstenstreifen auf, aber auch zu den nahe gelegenen Inseln, die als touristische Geheimtipps galten. Die Lodges wurden inzwischen alle geräumt. Sicherheitsexperten sehen die Gefahr, dass die Extremisten bald auch die streng bewachten Einrichtungen zur Gas- und Ölförderung auf der Halbinsel Afungi überfallen könnten.
Niemand kann behaupten, dass die rücksichtslosen Kämpfer unter der Bevölkerung der Capo-Delgado-Provinz nicht auch Unterstützung finden. Schon seit ewigen Zeiten sehen sich die muslimischen Bewohner der Region vom überwiegend christlichen Süden des Landes und der dort angesiedelten Hauptstadt Maputo stiefmütterlich behandelt. Die Entdeckung der Rohstoffvorkommen fachte dieses Gefühl nur weiter an: Wieder einmal würden sie von den Einnahmen aus dem Erdgasverkauf nicht profitieren, klagt ein Großteil der Provinzbevölkerung.
Wirtschaftliche Interessen
Die an dem riesigen Erdgasprojekt beteiligten Konzerne – der USMulti Exxon-Mobil, das französische Unternehmen Total und sein italienisches Pendant Eni – werden zunehmend nervös. Die USRegierung schickte kürzlich den Beauftragten des State Departments für Terrorbekämpfung, Nathan Sales, nach Mosambik, um nicht ganz uneigennützig die Hilfe Washingtons anzubieten.
Was nicht richtig ist, exerzierte Mosambiks Regierung in den vergangenen Monaten vor. Nachdem ihre eigene Armee mit Al-Schabaab partout nicht fertig wurde, rief Maputo erst russische, dann südafrikanische Söldner zu Hilfe. „Man muss den betroffenen Staaten vielmehr beim Aufbau von Institutionen helfen, damit sie den Terror strafrechtlich verfolgen können“, sagt Sales.
Wer Mosambik kennt, weiß, dass das auf absehbare Zeit noch ein bloßer Traum bleibt: Bis in der korrupten ehemaligen Bürgerkriegsnation gut funktionierende Institutionen entstehen, wird den Erdgas-Multis längst die Geduld ausgegangen sein. Hilfe erhoffen sie sich deshalb vom Staatenbund im Südlichen Afrika (SADC): Der soll seine schnelle Eingreiftruppe nach Mosambik schicken, die für solche Zwecke vor zehn Jahren gebildet wurde. Schließlich können vor allem Tansania, Malawi, Simbabwe und Südafrika kein Interesse daran haben, dass in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft ein islamisches Kalifat entsteht. Der Staatenbund befürchtet allerdings, dass sich auch seine Soldaten von den Extremisten
Seit ewigen Zeiten sehen sich die muslimischen Bewohner vom überwiegend christlichen Süden des Landes stiefmütterlich behandelt.
Ich fürchte, dass sich die Extremisten längst dauerhaft eingenistet haben. Jasmine Opperman, südafrikanische Sicherheitsberaterin und Ex-Agentin
eine blutige Nase holen könnten. Und Maputo bangt um seine Souveränität.
Die Zeche für das Zögern zahlt die Bevölkerung. Anfang der Woche meldete die UNO, dass mittlerweile fast ein Viertel der rund zwei Millionen Provinzbewohner aus ihrer Heimat vertrieben seien. „Ich fürchte“, meint die südafrikanische Sicherheitsberaterin und Ex-Agentin Jasmine Opperman, „dass sich die Extremisten längst dauerhaft eingenistet haben.“
nach der zweite Impfstoff sein wird, der in der EU auf den Markt kommt.