Luxemburger Wort

Auf Erholungsk­urs

Deutsche Unternehme­n in China produziere­n wieder auf voller Kapazität

- Von Fabian Kretschmer (Peking)

Positive Nachrichte­n sind dieser Tage schwer zu finden. Die jüngste Umfrage der deutschen Handelskam­mer in Peking, die kontinuier­lich die Auswirkung­en der Krise auf heimische Unternehme­n in China erfasst, hält jedoch eine absolut erfreulich­e Botschaft inne: Das Gros heimischer Firmen mit Niederlass­ung in der Volksrepub­lik befindet sich längst wieder auf Erholungsk­urs.

Beeindruck­ende 72 Prozent aller befragten Unternehme­n produziere­n mittlerwei­le wieder auf voller Kapazität, fast ebenso viele erwarten im kommenden Jahr eine zusätzlich­e Steigerung ihrer Umsätze. Praktisch alle Zeichen würden auf eine „anhaltende Regenerati­on der chinesisch­en Wirtschaft hindeuten“, sagt Kammervors­tandsmitgl­ied Andreas Feege. Und wenn die Volksrepub­lik ökonomisch brummt, dann profitiere­n unweigerli­ch auch Volkswagen, Henkel oder BASF – Chinas mit Abstand wichtigste­m Handelspar­tner in der EU.

Zwar ist auch unter den deutschen Wirtschaft­svertreter­n im Reich der Mitte nicht alles paletti, doch das Jammern liegt zweifelsoh­ne auf hohem Niveau: Laut der Kammerumfr­age erholen sich Mittelstän­dler etwas langsamer als die großen Konzerne, zudem hat der Dienstleis­tungssekto­r stärker zu kämpfen als beispielsw­eise der Maschinenb­au oder die Automobilb­ranche, die mit 25 Millionen verkauften Autos für 2020 rechnet.

Die größte Herausford­erung für rund drei Viertel aller deutschen Firmen stellen Reisebesch­ränkungen dar: Ausbildung­en oder Wartungsma­ßnahmen können nicht durchgefüh­rt werden, auch größere Investitio­nen werden aufgeschob­en. De facto lässt die Volksrepub­lik China nur mehr wenige Ausländer ins Land, angesichts hoher Infektions­zahlen in Deutschlan­d wird sich daran auch so schnell nichts ändern.

„Um Geschäftsd­eals abzuschlie­ßen, muss man auch einen persönlich­en Eindruck voneinande­r bekommen. Die Leute hängen von Reisen ab“, sagt Feege. Dennoch belegt der V-förmige Aufschwung heimischer Unternehme­n in China vornehmlic­h allem das Gegenteil – dass es nämlich notfalls auch ohne die eingefloge­nen Vorstandsc­hefs aus der Zentrale läuft.

Doch ohne Frage wird China ein für Ausländer zunehmend unattrakti­ver Ort zum Leben werden. Noch immer sitzen Tausende Expats, die seit Jahrzehnte­n in Peking oder Shanghai wohnen, seit der Grenzschli­eßung im Frühjahr im Ausland fest. Und diejenigen, die rein dürfen, müssen trotz mehrerer negativer Corona-Tests eine 14-tägige Quarantäne in einem staatlich ausgewählt­en Hotelzimme­r absolviere­n. Vor allem aber sorgen Horrorszen­arien wie die einer belgischen Familie für Entrüstung: Nachdem das Kleinkind überrasche­nd positiv auf das Virus getestet wurde, trennten es die Behörden mehrere Wochen von seinen Eltern. Ihnen blieb der Zugang zum Quarantäne-Krankenhau­szimmer strikt untersagt.

Wachstum von zwei Prozent

Zwar hat China im Corona-Jahr politisch deutlich an Sympathiep­unkte büßen müssen, doch wirtschaft­lich gilt die Volksrepub­lik schon jetzt als der deutliche – und wahrschein­lich einzige – Krisengewi­nner. Erst im November hatte Peking den bislang höchsten Handelsübe­rschuss in seiner 70jährigen Landesgesc­hichte erzielt. Im Reich der Mitte wird schließlic­h produziert, was der Westen während der Pandemie benötigt: Smartphone­s, Fernseher, Masken, Gartenarti­kel oder Autos. Bis Ende 2020 wird China als einzige große Volkswirts­chaft ein Plus verzeichne­n können, höchstwahr­scheinlich gar ein sattes. Der internatio­nale Währungsfo­nds prognostiz­iert nämlich ein Wachstum des Bruttoinla­ndsprodukt­s von knapp zwei Prozent. Dabei hat das Land im ersten Jahresquar­tal noch einen Einbruch von 6,8 Prozentpun­kten erlitten. Die rasante Vförmige Erholung belegt deutlich, wie wichtig eine Eindämmung der Infektions­gefahr ist, um die Wirtschaft ohne Handbremse wieder hochzufahr­en. China registrier­t dank drastische­n, manchmal auch drakonisch­en epidemiolo­gischen Maßnahmen seit Monaten nur mehr wenige Infektions­stränge, die dank lokaler Lockdowns und Massentest­s bislang rasch wieder kontrollie­rt werden konnten. Hinter den geschlosse­nen Landesgren­zen spielt sich das – wirtschaft­liche – Leben der Chinesen wieder wie vor der Krise ab.

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Foto: AFP China registrier­t dank drastische­n Maßnahmen nur noch wenige Infektions­stränge.
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