Willkommene Abwechslung
Zwei Basketballschiedsrichter und ein Kommissar aus Luxemburg freuen sich über ihren Einsatz beim EuroCup
Die Hallen sind zu, Basketballspiele finden hierzulande schon seit Mitte Oktober nicht mehr statt. Doch nicht nur die Sportler müssen coronabedingt auf ihre Leidenschaft verzichten. Für die Schiedsrichter ist die Pause ebenso schmerzhaft.
Umso größer war die Freude bei Georges Wolzfeld und Marc Mouton, als sie für das EuroCup-Qualifikationsduell zwischen den Frauenteams von Saint-Amand Hainaut Basket (F) und BC Winterthur (CH) nominiert wurden. „Ich warte gespannt darauf, dass es hierzulande wieder losgeht. Deshalb war ich glücklich, dieses Spiel pfeifen zu dürfen“, erzählt Wolzfeld.
Der 35-Jährige ist seit 2017 FIBA-Referee. „Als ich 2002 als Schiedsrichter angefangen habe, war das nicht unbedingt mein Ziel. Doch irgendwann kamen die Ambitionen.“Die Partie am Mittwoch, die das französische Gastgeberteam deutlich mit 85:57 gewann, war Wolzfelds vierte internationale Begegnung, hinzukommen Turniere der Jugendmannschaften. Mouton ist schon länger im Ausland aktiv. Bereits seit 2006 darf er sich FIBA-Schiedsrichter nennen.
Erst Spieler, dann Referee
Wie Wolzfeld spielte auch Mouton einst selbst Basketball. „Da ich in der Nationale 2 für Gréngewald aktiv war, konnte ich in derselben
Liga keine Spiele leiten. Dadurch bin ich als Schiedsrichter nicht wirklich weitergekommen, bis ich als Spieler aufgehört habe.“Mittlerweile leitet der 44-Jährige bis zu sieben internationale Partien pro Jahr. Ein für ihn besonderes Spiel fand im vergangenen Jahr in Trier statt, als der Luxemburger das Duell zwischen Deutschland und Schweden (78:46) leiten durfte.
Die EuroCup-Begegnung am Mittwoch war für Mouton und Co. aus einem anderen Grund speziell. „Ich habe im Ausland noch nie eine Begegnung zwischen zwei Clubs mit einem Landsmann gepfiffen. In anderen Sportarten ist das üblicher.“
Trotzdem sind Reisen mit einem anderen Luxemburger keine ganz neue Erfahrung. Schon im vergangenen Jahr war Mouton mit Kommissar Alain Steffes bei einer EuroCup-Partie im Einsatz. Damals ging es für beide nach Keltern (D). „Dass wir jetzt zu dritt unterwegs waren, fand ich toll“, erzählt der 53-jährige Steffes, der ebenfalls mit nach Frankreich durfte.
Der ehemalige Schiedsrichter, der verletzungsbedingt früh aufhören musste, ist seit 2007 international tätig. Während er hierzulande bei Spielen vor allem kurz vor, während und nach den Spielen gefordert ist, beginnt die Arbeit für Steffes außerhalb der Landesgrenzen deutlich früher. „Wir organisieren die Reisen der Schiedsrichter. Am Tag des Spiels findet in der Halle ein technisches Meeting statt, um alles zu begutachten. Ich schaue mir die Spielerliste beider Teams genau an und überprüfe die Pässe.“Durch das Corona-Virus kam eine weitere Aufgabe hinzu. „Alle Spieler, Trainer und Offizielle mussten einen negativen Test vorweisen, der nicht älter als 72 Stunden war.“
Auch für die drei Luxemburger war dies Pflicht. Kontrolliert wurden am Mittwoch zudem die Leistungen von Wolzfeld und Mouton, und zwar von Steffes, schließlich gehört die Bewertung des Schiedsrichtergespanns ebenfalls zum Aufgabenbereich des Kommissars. „Die drei Unparteiischen haben einen sehr guten Job gemacht“, lobt er neben seinen beiden Mitfahrern auch den belgischen Schiedsrichter Martin van Hoye. „Die Partie war zwar nicht besonders schwer zu leiten, doch bei K.-o.-Spielen ist die Anspannung immer groß“, meint Steffes.
Für Mouton stellte die Partie aus einem anderen Grund eine Herausforderung dar. „Am Anfang war es komisch, weil ich länger kein Spiel gepfiffen habe. Doch so schnell verliert man die Automatismen nicht.“Obwohl Duelle auf internationalem Niveau oft physischer sind, blieben die Luxemburger ihrer Linie treu. „Ich versuche, in jedem Spiel gleich zu urteilen. Es gelten überall dieselben Regeln. Der Druck ist bei solchen Partien aber etwas größer. Schließlich steht mehr auf dem Spiel“, meint Wolzfeld.
Mouton fügt hinzu: „Ich denke, dass mittlerweile überall ähnlich gepfiffen wird. Das war nicht immer der Fall. Vieles hängt vom Niveau ab. Wenn man hierzulande beispielsweise ein Spiel in einer unterklassigen Liga leitet, muss man manchmal mehr pfeifen, weil ein kleiner Schubser einen größeren Einfluss haben kann als in der Total League. Dort verliert ein Spieler nicht zwingend den Ball, wenn es Körperkontakt gibt. Man würde einen Spieler bestrafen, wenn man abpfeift, er aber frei zum Korb ziehen würde.“
Mit Wolzfeld ist Mouton gerne im Einsatz. „Wir kennen uns gut und haben schon viele Begegnungen gemeinsam geleitet. Es hilft, wenn man sich gegenseitig vertraut.“Derzeit sind sie die beiden einzigen luxemburgischen FIBASchiedsrichter.
Internationale Vorbilder
Mouton freut sich deshalb ebenso, wenn er zusammen mit Referees aus großen Nationen aufs Parkett darf. „Die Erfahrungen, die man beispielsweise mit Schiedsrichtern aus Spanien sammelt, sind extrem wertvoll. Egal wie groß die Hektik auf dem Platz ist, Referees, die Woche für Woche auf einem hohen Niveau pfeifen, können mit diesen Situationen umgehen und bewahren die Ruhe.“
Selbst eine große Karriere als Schiedsrichter zu starten, ist laut Mouton nicht so einfach. „Als Luxemburger ist es schwer, es bis ganz nach oben zu schaffen. Unsere Jobs genießen höchste Priorität. Zudem können sich ausländische Schiedsrichter permanent auf einem Topniveau beweisen. Bei uns steigt die Intensität erst, wenn die Play-offs beginnen.“
Ziele haben die drei Luxemburger, die am Mittwoch gleich nach dem Spiel zurück nach Hause gefahren sind, trotzdem. „Ich bin noch nicht so lange dabei, hoffe aber, dass es für mich weitergeht. Ich bin nicht der Typ, der sich schnell mit etwas zufriedengibt“, sagt Wolzfeld.
„Ich will so wenige Fehler wie nur möglich machen und so weiterhin die Chance bekommen, internationale Begegnungen zu leiten“, erzählt Mouton. „Es wäre toll, irgendwann einmal bei einer Europameisterschaft dabei sein zu dürfen“, schwärmt Steffes.
Zwar war der Trip ins französische Saint-Amand-Les-Eaux keine Reise in eine internationale Basketballhochburg, Mouton, Wolzfeld und Steffes freuten sich jedoch über die willkommene Abwechslung. Schließlich weiß aktuell niemand, wann hierzulande wieder zum Ball, zur Pfeife oder zum Spielbogen gegriffen werden kann.
Es wäre toll, irgendwann einmal bei einer EM dabei sein zu dürfen. Alain Steffes