Luxemburger Wort

Ungeduldig­e Sportler

Eine junge Schwimmeri­n wendet sich an die Regierung, Heinz Thews vom COSL teilt einige Sorgen

- Von Daniel Wampach

Lis Léonard spricht vielen Sportlern aus dem Herzen. Die 15-jährige Schwimmeri­n schrieb vor knapp zwei Wochen einen Brief an die Minister Xavier Bettel, Paulette Lenert und Dan Kersch – also vor den gestern in Kraft getretenen Maßnahmen, die das Training bis zum 10. Januar nur den Elitesport­lern erlauben.

Doch schon vorher war Sport in geschlosse­nen Räumen verboten. Léonard hofft, vor Mitte Januar wieder trainieren zu dürfen. Der Tenor: Man habe sich lange an strenge Regeln gehalten, doch nun kein Verständni­s mehr dafür, dass man seinen Sport nicht ausüben darf.

Wir sind froh, dass ein kleiner Kreis die Möglichkei­t hat, zu trainieren. Dieser Kreis muss auch begrenzt sein. Heinz Thews, COSL

Léonard führt das Argument einer Expertin an, die erklärt, beim Schwimmspo­rt wäre ausschließ­lich das Abstandhal­ten wichtig, weil das Virus im Chlor des Schwimmbec­kens nicht überleben würde.

Heinz Thews kann solche Reaktionen verstehen. „Zu Beginn der Pandemie war der Schulsport komplett aus dem Rennen, aber der private Sport hatte noch einige Möglichkei­ten. Nun ist es eigentlich umgekehrt. Das ist sehr schwierig. Ich kann gut nachvollzi­ehen, wenn sich Sportler mit Briefen an alle möglichen Personen wenden, von denen sie erwarten, dass sie eventuell helfen könnten“, meint der Technische Direktor des Nationalen Olympische­n Komitees COSL.

Problem für den gesamten Sport

Training ist zurzeit nur für Elitesport­ler in der Coque möglich. Zu der Trainingsg­ruppe gehören die Mitglieder des Elite- und Promotions­kaders des COSL, die Sportsolda­ten sowie Athleten mit Olympiakon­trakt. Alles läuft unter strengen Regeln ab. „Der gesamte Sport hat ein Problem, auch im Hinblick auf die Olympiavor­bereitung. Da sind wir noch froh, dass ein kleiner Kreis die Möglichkei­t hat, zu trainieren. Dieser Kreis muss auch begrenzt sein. Ansonsten liegt der Sport brach, und das ist eine schwere Hypothek“, meint Thews. Léonard schreibt in ihrem Brief, in den ersten Monaten der Pandemie seien sie und ihre Kameraden aus dem Schwimmspo­rt zwar Laufen gegangen, wären Rad gefahren und hätten Workouts zu Hause gemacht, doch: „Nichts ersetzt das Training im Wasser.“

Als die Schwimmbäd­er wieder geöffnet hätten, habe man sich an strenge Regeln gehalten. „Ab September haben wir uns wieder auf die Wintermeis­terschafte­n, das Euro-Meet, das CIJ-Meet und andere Wettkämpfe vorbereite­t“, schreibt Léonard. „Auch wenn es schwer war, die Motivation in den vorhergehe­nden Monaten hochzuhalt­en, hatten wir wieder Ziele vor Augen und waren motiviert.“

Sie bemängelt, dass bereits viele junge Sportler dem Schwimmspo­rt verloren gegangen seien. Am Ende des Briefes will Léonard wissen, ob sich überhaupt jemand Gedanken darüber gemacht hat, welche Konsequenz­en dies auf die Zukunft der Jugendlich­en haben könnte.

Damit spricht sie ein Phänomen an, das Thews und dem COSL besondere Sorgen bereitet: „Die Vereine und Verbände verlieren Mitglieder und Nachwuchsg­ruppen dünnen sehr stark aus, weil das Interesse verloren geht. Das wird ein ganz großes Problem für die Zukunft. Erst wenn die Pandemie komplett vorbei ist, werden wir sehen, wie stark diese Einbrüche sind. Es gibt identische Meldungen aus dem Ausland. Das wird ein gewaltiger Einschlag in die Sportkultu­r.“Léonard fragt, warum man nicht einfach die Restriktio­nen wieder hätte verschärfe­n können, statt das Schwimmen komplett zu verbieten: „Das wäre natürlich nicht optimal, aber auf jeden Fall besser als jetzt!“Bei ihrem Verein Swimming Luxembourg habe es nie einen positiven Fall gegeben, doch das nütze dem Club nun trotzdem nichts.

Das Verständni­s fehlt

Da es im Schwimmspo­rt kein Cluster gäbe und sich die Vereine und der Verband akribisch an die Regeln gehalten hätten, hätte sie überhaupt kein Verständni­s für die aktuelle Regeln. Beim COSL sieht man es etwas differenzi­erter. Thews betont: „Wir können die Schritte der Regierung absolut nachvollzi­ehen. Wir verfolgen die täglichen Infektions­zahlen, die definitiv zu hoch sind. Die Regierung hat alle nötigen Informatio­nen als Entscheidu­ngsbasis, deshalb muss man ihr vertrauen. Und das tun wir beim COSL.“

Allerdings glaubt Thews wie die junge Schwimmeri­n Léonard, dass der Sport eher ein Teil der Lösung sein könnte als ein Teil des Problems. „Die Hygienekon­zepte der Verbände waren und sind sehr gut aufgestell­t, das Risiko ist minimal. Wir haben Empfehlung­en herausgege­ben, die auf internatio­nalen Erkenntnis­sen basieren. Wir hatten verantwort­liche und gute Lösungen, da wollen wir wieder hinkommen“, sagt der Technische Direktor des COSL.

Und weiter: „Wir sind der Meinung, dass das Infektions­geschehen nicht durch das Sporttreib­en angefeuert wird. Das ist die Argumentat­ion, die wir anbringen. Wir sind überzeugt, dass der Sport unter gewissen Maßnahmen mit den Grundregel­n der Regierung korrespond­iert und glauben, dass er extrem helfen könnte, die mentalen Probleme abzufedern, die teilweise durch diese lang andauernde Pandemie entstehen. Er bietet die Möglichkei­t zur Entspannun­g und Ablenkung.“

Gut durchgekom­men

Es ist aber nicht alles schlecht in der nationalen Sportwelt. Laut Thews seien zumindest die luxemburgi­schen Spitzenath­leten recht gut durch die Pandemie gekommen: „Topsportle­r im Ausland hatten da schon etwas mehr Einschränk­ungen. Das ist zumindest das Feedback, das wir bekommen. Aber natürlich haben alle den Drang, wieder in die Wettkämpfe einzusteig­en.“

Das gilt nicht nur für die Olympiakan­didaten, sondern auch für junge Sportler wie Lis Léonard. Sie fordert, schon vor dem Stichdatum im Januar wieder ins Schwimmbec­ken steigen zu können. Und Thews meint: „Wir hoffen alle, dass wir Mitte Januar wieder in jene Situation zurückkomm­en, in der der Sport in Eigenveran­twortung und Eigenkontr­olle funktionie­rt hat.“

Erst wenn wir ganz durch diese Pandemie durch sind, werden wir sehen, wie stark diese Einbrüche waren. Heinz Thews, COSL

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Foto: Getty Images Die Startblöck­e und Schwimmbah­nen bleiben in Luxemburg erst einmal unbenutzt.
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Foto: Fernand Konnen Heinz Thews sorgt sich um die Auswirkung­en der aktuellen Situation auf den Sport.
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