Krisen-Christfest 2020
Und, wie feiert Ihr die Weihnachtstage? Bei der Frage muss das junge Paar nicht lange überlegen. „Essen. Und schlafen. Und essen. Und schlafen ... Viel schlafen ... Und die StarWars-Reihe zu Ende gucken“, erzählt sie. Beide sind in den vergangenen Jahren viel umhergezogen, haben Eltern, Geschwister und Verwandte besucht, sind zur Christmette in der vollen Kirche gegangen. Doch in diesem Jahr mummeln sie sich zu zweit in ihrer Wohnung ein.
Es ist passiert, was vor ein paar Wochen noch kaum jemand für möglich gehalten hätte: Die Corona-Weihnacht 2020 wirft weltweit die Pläne von Millionen Menschen über den Haufen, die gehofft hatten, wenigstens in diesen Tagen zusammenkommen zu können, das Fest der Familie gemeinsam feiern zu können.
Auch das junge Paar hat eine enge Bindung zu den beiden Familien; sie nicht sehen zu können, ist für sie schmerzhaft. Wochenlang haben sie mit der sich abzeichnenden Entwicklung gehadert; leicht haben sie es sich nicht gemacht mit der Entscheidung, auf Besuche zu verzichten. Am Tag vor Heiligabend klingen sie am Telefon jedoch erstaunlich entspannt. Sie haben einfach akzeptiert, dass die Lage so ist, wie sie ist – und können sich nun auf entschleunigte Tage zu zweit freuen – vor allem aber auch auf das digitale Familientreffen mit gemeinsamem Liedersingen am Zweiten Weihnachtstag.
Das Krisen-Christfest 2020 wird angesichts der vielen Restriktionen und der Kontaktbeschränkungen für fast alle Menschen anders. Isolierter. Unbequemer. Schwieriger. Wer mit diesen Umständen hadert, dem hilft vielleicht ein Perspektivwechsel. Denn mehr als in den vergangenen Jahren erinnert die Heilige Nacht 2020 an die Widrigkeiten, mit denen Maria und Josef in jener Nacht von Bethlehem zu kämpfen hatten. Oder an die entbehrungsreichen Weihnachtstage zu Kriegszeiten, die von Sorgen, Trauer und Verzweiflung geprägt waren.
Aber auch in unseren Tagen ist Weihnachten nie ausschließlich das idyllische Fest der (halbwegs) heilen Familie. Es ist auch die Zeit, in der viele Tausend Menschen arbeiten müssen, während andere bei Ihren Liebsten sitzen. Die Zeit, in der aus angestauten Konflikten unter Partnern und Verwandten handfeste Streitigkeiten werden. Die Zeit, in der die Getrennten, Verlassenen, Alleinstehenden ihre Einsamkeit noch stärker als sonst spüren. Die Zeit, in der den Armen ihre Bedürftigkeit angesichts der Shoppingverheißungen glitzernder Innenstädte noch mehr als sonst verdeutlicht wird. Die Zeit, in der Geflüchtete ohne Perspektive in Sammellagern versauern.
Das Virus wird sich in diesem Jahr, in dem Angehörige Erkrankter ihre Lieben noch nicht einmal besuchen können, kaum ausblenden lassen. Es wird einen Schatten auf die Festtagsfreude vieler Menschen werfen. Doch Weihnachten kann auch unter widrigen Umständen gelingen, wie es schon Maria und Josef in der erbärmlichen Krippe vorgemacht haben. Um das Fest des Friedens auch als solches begehen zu können, ist die eigene Einstellung viel wichtiger als die äußeren Umstände. In diesem Sinne: frohe und gesegnete Weihnachten!
Fröhliche Weihnachten trotz Corona sind eine Frage der eigenen Einstellung.
Kontakt: michael.merten@wort.lu