Heiligabend vor roter Corona-Ampel
Weihnachten in Mexiko ist gewöhnlich eine Mischung aus „Santa Claus“und großer Party. Also die Mexikaner mögen es gerne weihnachtlich im Stil der USA, aber dabei soll auch ein bisschen gefeiert werden, trinken und tanzen eingeschlossen. Das wird es nun an diesem Heiligabend und den darauffolgenden Tagen nicht geben.
Denn Mexiko und vor allem die Hauptstadt Mexico City sind seit dem dritten Adventswochenende wieder im roten Bereich, die Krankenhäuser sind ausgelastet, die Infektionen steigen. Die „Corona-Ampel“, mit der die Regierung die Virusbelastung misst, ist auf „dunkel-orange“, aber nur weil rot bedeuten würde, dass alles dicht gemacht werden müsste, was die Wirtschaft nicht aushalten würde.
Aber auch so sind schon alle Kneipen und Clubs abends geschlossen, Geschäfte und Restaurants müssen früher schließen. Selbst die Wallfahrt vom 12. Dezember zur Guadeloupe-Kirche in Mexico City wurde dieses Jahr abgesagt. Die Basilika ist geschlossen und ein riesiges Polizeiaufgebot musste die unverbesserlichen Gläubigen hindern, die gewöhnlich zu Millionen auf Rädern, in Bussen oder auf Knien zu dem Wallfahrtsort kommen. An den Weihnachtstagen sind zudem große Familienzusammenkünfte verboten. Wer dennoch groß Party macht, muss mit einem Bußgeld von bis zu 1 000 Euro rechnen.
Meine Freunde verzichten weitgehend auf Weihnachten in der Großfamilie. Die meisten treffen sich virtuell zum Anstoßen mit dem Punsch und feiern dann in der Kernfamilie. Immerhin gibt es die klassischen Truthähne zum Essen, aber nur, wenn man sie dieses Mal Wochen vor dem Fest auch bestellt hat.
Ich wollte eigentlich wie immer nach Deutschland, meine Freundin in ihre Heimat Kolumbien. So war es geplant. Aber wegen Corona und der hohen Infektionszahlen in meiner Heimat verbringe ich dieses Weihnachtsfest in Kolumbien. Also Feiern mit FlipFlops, kurzer Hose und Weihnachtsmütze, Plastikbäumchen und ein bisschen mehr Kitsch, als es mir eigentlich lieb ist.
Das erste Mal in 19 Jahren als Korrespondent in Lateinamerika fahre ich also nicht zu Familie und Freunden nach Norddeutschland. Ich bin nicht sicher, ob ich diese Entscheidung am Ende nicht doch schrecklich bereue: Wenn ich dann am 24. Dezember mit Video-Telefonaten allen daheim ein frohes Fest wünsche und über den Bildschirm sehe, wie die echten Kerzen an den Nordmanntannen brennen, die Dominosteine und Marzipankartoffeln auf den Weihnachtstellern liegen … Oh je.