Luxemburger Wort

Es geht nur gemeinsam

- Von Michael Merten

Elf Monate nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie und nach gefühlt hundertfac­h geänderten Corona-Verordnung­en in Luxemburg, Belgien, Frankreich und Deutschlan­d wächst in der Großregion die Zahl der Menschen, die gar nicht mehr so genau wissen, welche Regeln denn jetzt hier, da und dort gelten. Das schlägt sich in Reaktionen von verunsiche­rten Bürgerinne­n und Bürgern nieder, die etwa in sozialen Netzwerken solche Fragen posten: „Wenn ich nach Wasserbill­ig über die Grenze komme und wieder zurück nach Deutschlan­d fahre, muss ich dann einen Test machen?“Die eher spöttische Antwort eines Mitdiskuta­nten lautete: „Ja, und drei Monate in Quarantäne.“Die Fragestell­erin verteidigt­e sich: Sie wolle nur wissen, „ob ich irgendwas übersehen habe, was neu verboten ist.

Man verliert ja den Überblick.“

Den Überblick verlieren aber nicht nur einfache Bürger, sondern auch Mitarbeite­r der Verwaltung­en. So kursierten etwa in den Amtsstuben von Mainz und Saarbrücke­n Befürchtun­gen, dass Luxemburg nun die Kneipen wieder öffnen und deutsche Partygänge­r über die Grenze strömen würden – was jedoch nie im Zuge der beschlosse­nen Lockerunge­n zur Debatte stand. Die Äußerungen des saarländis­chen Ministerpr­äsidenten Tobias Hans erklären sich so.

In den vergangene­n Tagen waren die zuständige­n Minister um eine diplomatis­che Schadensbe­grenzung bemüht; es bedurfte einiger Telefonate der für die Großregion zuständige­n Familienmi­nisterin Corinne Cahen, um die Wogen zu glätten. So bleiben die verbalen Angriffe von Tobias Hans nur eine Episode; die keinen Flurschade­n hinterläss­t. Allerdings sind die deutschen Entscheide­r, wie Rückfragen des „Luxemburge­r Wort“ergeben haben, nach wie vor besorgt, dass einige Lockerunge­n im Großherzog­tum zu steigenden Corona-Zahlen führen könnten. Der Ministerpr­äsident der Deutschspr­achigen Gemeinscha­ft Belgiens sieht hingegen keinen Grund zur Sorge; Oliver Paasch verweist darauf, dass weder Belgien noch Luxemburg Ausnahmen bei den Besuchsreg­eln über die Feiertage gemacht haben. Dergleiche­n Lockerunge­n gab es hingegen in Deutschlan­d – mit Bewertunge­n wie „verantwort­ungslos“sollte vorsichtig umgehen, wer dies wie Hans mitbeschlo­ssen hat.

Die Großregion hat zuletzt jahrelang vor sich hin gedümpelt. Elf Monate Corona haben dem Verbund nach dem Schock einseitige­r deutscher Grenzkontr­ollen im Frühjahr einen neuen Schwung verpasst. Auf der Arbeitsebe­ne gibt es nun intensiver­e Austausche, eine Taskforce und Kooperatio­nen vor allem im medizinisc­hen Bereich. Doch das Corona-Hauptprobl­em der Großregion kann nicht zwischen Luxemburg, Eupen, Strasbourg, Mainz und Saarbrücke­n gelöst werden: Bei sanitären Maßnahmen sind bis auf Luxemburg alle Partner an die nationalen Rahmenbedi­ngungen gebunden, die in den Hauptstädt­en erlassen werden. Oliver Paasch hat recht, wenn er sagt: „Ich würde mir wünschen, dass man europäisch­e Absprachen trifft.“Die Nationalst­aaten müssen sich mit Brüssel darüber einigen, welche konkreten Maßnahmen bei bestimmten Corona-Inzidenzen erlassen oder beendet werden sollen – übersichtl­ich und transparen­t.

Die Großregion hat durch Corona neuen Schwung erhalten.

Kontakt: michael.merten@wort.lu

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