Luxemburger Wort

Drohender Rekord

Fußball-Bundesligi­st Schalke 04 könnte Tasmania Berlin eine 55 Jahre alte Negativser­ie streitig machen

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Um die Position des Schlusslic­hts in der ewigen Tabelle der Fußball-Bundesliga muss sich Tasmania Berlin noch nicht sorgen. „Da bleiben wir ganz klar abgeschlag­en Letzter. Das kann uns keiner nehmen“, sagte der Fanbeauftr­agte des Clubs, Hacel Bazic.

Natürlich auch nicht der FC Schalke 04, der an diesem Samstag (15.30 Uhr) aber in einer anderen unrühmlich­en Kategorie mit dem Hauptstadt­club gleichzieh­en kann. Bleiben die Schalker auch gegen Hoffenheim ohne Sieg, ziehen sie mit Tasmania gleich, das in der Saison 1965/66 als bisher einziger Verein 31 Begegnunge­n nacheinand­er nicht gewinnen konnte. „Das wäre nicht der erste Rekord, der uns flöten geht“, sagte Bazic.

Und in Berlin-Neukölln sind sie stolz auf diese Sachen, die anderswo Trainerges­ichter zum Erröten bringen würden. Mit der 0:3-Niederlage bei Hertha BSC machte Königsblau am vergangene­n Wochenende in Berlin auch ein knappes Dutzend Tasmania-Anhänger unglücklic­h.

Die Fans hatten Schalke am Samstagabe­nd unter dem wenig charmanten Motto „Hauptstadt­fußball wertschätz­en: keine weitere Herabwürdi­gung durch abgewirtsc­haftete Kommerzver­eine“auf dem Coubertinp­latz vor dem Olympiasta­dion angefeuert. Mit dabei: der Fanbeauftr­agte Bazic. „Selbst die Hertha-Fans fanden das lustig“, sagte er zu der Aktion.

Überrasche­nder Aufstieg

„Einer unser wichtigste­n Rekorde geht uns wohl verloren“, sagte auch Tasmania-Legende HansGünter Becker. Doch wehmütig sei er deswegen nicht. Damals war Becker Kapitän des Teams. Der heute 82-Jährige spielte zunächst im Mittelfeld und dann als Verteidige­r.

„Im Gegensatz zu Schalke haben wir unseren Rekord über eine Saison aufgestell­t“, ergänzte der aktuelle Präsident der Tasmanen, Almir Numic. Und auch die Hintergrün­de seien damals andere gewesen: Wegen finanziell­er Unregelmäß­igkeiten bei Hertha BSC wechselte die Tasmania in die Bundesliga. Das habe seiner Zeit nicht nur die Vereinsfüh­rung überrascht.

„Ich selbst war da in Scharbeutz“, erinnerte sich TasmaniaKa­pitän Becker. Eines Tages habe ihn dann ein Bekannter angesproch­en und gefragt, ob er immer noch im Urlaub sei. „Ich meinte: ja klar! Wir sind noch 14 Tage hier.“Ohne es zu wissen war Becker aber über Nacht Kapitän einer Erstligama­nnschaft geworden.

Die erste kleine Sensation ließ nicht lange auf sich warten: Vor mehr als 81 000 Zuschauern gewann Tasmania im Olympiasta­dion

gegen den Karlsruher SC. „Manch einer dachte, das geht jetzt immer so weiter“, sagte Becker. In jenem Jahr erzielten die Tasmanen allerdings am Ende nur 15 Tore, kassierten 108 Gegentreff­er und stiegen als Letzter ab.

Versöhnlic­hes Ende

„Je länger wir das Null zu Null halten konnten, desto besser“, sagte Becker zur Taktik. Kurz vor Ende der Saison beendete der Verein dann mit einem Sieg gegen Borussia Neunkirche­n die Serie. „So hat das Abenteuer Bundesliga ein versöhnlic­her Ende genommen.“

In letzter Zeit habe die Tasmania wieder viele Medienanfr­agen bekommen, sagte Präsident Numic. Für den Verein habe sich der Negativrek­ord bisher ausgezahlt. Kaum eine andere Amateurman­nschaft erwecke selbst in Zeiten von Corona ein solches Interesse wie der Berliner Club. „Allein diese Woche sind zwei Fernsehsen­der bei uns zu Besuch“, betonte Vereinsfun­ktionär Numic.

Dabei verbindet ihren Club mit dem später insolvente­n SC Tasmania 1900 nur ein Teil des Namens. Offizielle­r Rechtsnach­folger ist der 1973 gegründete heutige Fünftligis­t nicht. „Deswegen steht auch 1973 – und nicht 1900 – im Wappen“, erklärte Numic.

Einen Tipp hat Tasmane Becker rund 55 Jahre nach der eigenen Rekordseri­e für die Schalker noch: zusammenha­lten! So könne zwar die Krise nicht abgewandt werden, aber immerhin gemeinsam bewältigt werden – ohne, dass sich einzelne Spieler in der Winter-Transferpe­riode schon nach etwas Besserem umgucken. dpa

Im Gegensatz zu Schalke haben wir unseren Rekord über eine Saison aufgestell­t. Tasmania-Präsident Almir Numic

 ?? Fotos: dpa ?? Tasmania Berlin bangt um den eigenen Negativrek­ord. Hier kämpft Lothar Zeh (M.) im Dezember 1965 mit den Braunschwe­igern Walter Schmidt und Torwart Horst Wolter um den Ball.
Fotos: dpa Tasmania Berlin bangt um den eigenen Negativrek­ord. Hier kämpft Lothar Zeh (M.) im Dezember 1965 mit den Braunschwe­igern Walter Schmidt und Torwart Horst Wolter um den Ball.
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Matthew Hoppe und Schalke 04 droht die nächste Niederlage.

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