„Ein Elefant im Raum“
IOC-Mitglied Richard Pound zweifelt an der Austragung der Olympischen Spiele in Tokio
Selbst im innersten Kreis der Organisatoren wachsen die Zweifel an einer Austragung der Olympischen Spiele in diesem Sommer in Tokio. Das dienstälteste Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), der Kanadier Richard Pound, äußerte am Freitag Zweifel, ob die um ein Jahr verschobenen Spiele in diesem Jahr (23. Juli bis 8. August) wie geplant über die Bühne gehen können. „Ich kann mir nicht sicher sein, weil die Wellen des Virus immer noch wie ein Elefant im Raum stehen“, wird der 78-Jährige am Freitag von der britischen BBC zitiert.
Zuvor war in der Olympiastadt Tokio erneut der Notstand ausgerufen worden, weil die Zahlen der Corona-Neuinfektionen auf immer neue Rekordhöhen gestiegen waren. Gastgeber Japan und das IOC bekräftigten noch am Donnerstag, an ihren Plänen für „sichere und geschützte Spiele“im Juli und August festhalten zu wollen. Auf Nachfrage bestätigte ein IOC-Sprecher dieses Ziel auch am Freitag noch einmal.
Drastische Steigerung
Die Fakten und Zahlen dieser Woche aber geben weniger als 200 Tage vor der geplanten Eröffnungsfeier am 23. Juli erneut Anlass zur Sorge. Am Mittwoch waren die Corona-Fälle mit 1 591 erstmals über die Marke von 1 500 gesprungen, wie die Stadtverwaltung bekanntgab. Tags darauf meldete Japans Riesenmetropole gar
Der Kanadier Richard Pound ist das dienstälteste Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees. 2 447 Fälle und damit noch einmal eine drastische Steigerung. Zudem wurde die zuerst in England festgestellte Virusmutation, die deutlich ansteckender sein könnte, inzwischen auch in Japan nachgewiesen.
Wegen der Corona-Pandemie waren die eigentlich für 2020 geplanten Tokio-Spiele im Frühjahr auf 2021 verschoben worden. Pounds zweifelnde Aussagen nähren nun gut ein halbes Jahr vor Beginn des größten Sportfests der
Welt die Bedenken, dass das internationale Megaevent tatsächlich steigen kann.
IOC-Mitglied Pound machte sich erneut dafür stark, Olympioniken bei den Corona-Impfungen zu bevorzugen. „Athleten sind wichtige Vorbilder. Indem sie sich impfen lassen, senden sie eine kraftvolle Botschaft, dass es bei Impfungen nicht nur um die eigene Gesundheit geht, sondern auch um Solidarität und die Rücksicht auf das Wohlbefinden von anderen in ihrem Umfeld“, sagte Pound.
Teure Schutzmaßnahmen
IOC-Präsident Thomas Bach hatte eine Impfpflicht schon mehrere Male ausgeschlossen. Die Organisatoren werben aber dafür, dass sich möglichst viele Sportler und andere Tokio-Reisende impfen lassen. An den Sommerspielen sollen rund 11 000 Athleten aus aller Welt teilnehmen. Hinzu kommen Funktionäre, Helfer und Medienvertreter.
Weiter offen ist, ob auch Zuschauer zugelassen werden. Für die Maßnahmen zum Schutz gegen Corona planen die Olympiamacher Mehrausgaben von rund 760 Millionen Euro ein. Doch das ist in Japans Hauptstadt Zukunftsmusik, denn bis Ende Januar gilt zunächst der Notstand, der auch einen Einreisestopp für Bürger aus vielen Ländern bedeutet. In diesen Bann sind auch Topathleten eingeschlossen, Ausnahmeregeln für Sportler wurden teilweise aufgehoben. dpa