Anonym am Pranger
Mit breiter Mehrheit stuft das EU-Parlament Luxemburg als Steuerparadies ein, erwähnt das Land aber nur am Rande
In Sachen Steuerflucht „war es und bleibt es eine gute Idee, Länder beim Namen zu nennen, die dazu beitragen, dass weltweit der Öffentlichkeit Milliarden an Steuergeldern abhanden gehen“, sagt Paul Tang, ein niederländischer Sozialdemokrat im EU-Parlament.
Laut dem EU-Parlament, das sich auf Berechnungen der Wissenschaftler Alex Cobham und Petr Janský beruft, fehlen der öffentlichen Hand durch den weltweiten aggressiven Steuerwettbewerb jährlich 500 Milliarden Dollar. Um dies in Angriff zu nehmen, haben die Mitgliedstaaten der EU sich in den vergangenen Jahren dazu entschieden, regelmäßig eine Liste von Steueroasen zu veröffentlichen: „Indem auf EUEbene festgehalten wird, welche Länder hierzu gehören, können die EU-Mitgliedstaaten gemeinsam vorgehen und entsprechenden Reformdruck ausüben“, so die Idee.
Allerdings gibt es dabei ein Problem, meint Paul Tang: „Die Mitgliedstaaten haben vergessen, einige Steueroasen auf die Liste zu setzen“. Tatsächlich beinhaltet die Liste nur zwölf „nicht kooperative Länder und Gebiete“, wie es im Fach-Jargon heißt (darunter Panama und die Seychellen).
Die Staaten auf der Liste sind laut Tang auch nur für zwei Prozent der globalen Steuerflucht zuständig. Und offensichtliche Steueroasen wie etwa die Kaimaninseln, „die Nummer eins weltweit“, befinden sich nicht auf der Liste. Sein Fazit ist demnach klar: „Diese Liste funktioniert so nicht.“Deswegen hat das Parlament entschieden, Druck zu machen, um die EU-Liste zu ergänzen.
Am Donnerstag stimmte die europäische Volksvertretung über eine Stellungnahme ab, die die EU-Staaten dazu auffordert, „die Liste durch mehr Transparenz,
Konsistenz, strengere und unparteiischere Auflistungskriterien zu stärken.“
„In den Spiegel schauen“Brisant dabei ist, dass – im Gegensatz zu den EU-Staaten – das Parlament auch will, dass Mitgliedstaaten, sollten sie diese Auflistungskriterien erfüllen, auch an den Pranger gestellt werden. „Wir müssen auch in den Spiegel schauen können“, so Tang. Allerdings gibt sich auch das Parlament dabei relativ vorsichtig.
In der Stellungnahme werden vermeintliche EU-Steueroasen nicht explizit beim Namen genannt, sondern lediglich umschrieben. „Das EU-Parlament unterstreicht, dass einige Mitgliedstaaten regelmäßig länderspezifische Empfehlungen der EU-Kommission erhalten haben, um die dort ermöglichte aggressive Steuerplanung zu unterbinden“, so die Stellungnahme, in der das Parlament dann dafür plädiert, diese EU-Staaten „als Steueroasen anzusehen, bis wesentliche Steuerreformen dort durchgeführt werden“.
Zu den Ländern, die regelmäßig von der Kommission darauf aufmerksam gemacht werden, gehört, neben Irland oder Malta, auch Luxemburg. Für die EU-Abgeordneten der CSV, nämlich Christophe Hansen und Isabelle Wiseler, ging diese Anspielung bereits zu weit. Auch Charles Goerens und Monica Semedo (beide DP), die trotz Suspendierung stimmberechtigt bleibt, stimmten gegen diesen Paragraf. Tilly Metz (Déi Gréng) und Marc Angel (LSAP) stimmten dafür und unterstützen auch einen Änderungsantrag, wonach eine Vorbemerkung darauf aufmerksam machen soll, dass Luxemburg laut Analysen der NGO „Tax Justice Network“zu den wichtigsten Steueroasen der Welt gehöre.
„Natürlich bin ich mir dessen bewusst, dass Luxemburg in den letzten Jahren bereits viel getan hat im Bereich der Steuergerechtigkeit“, sagt Marc Angel in Bezug auf die Abstimmung. „Nichtsdestotrotz bleibt in manchen Mitgliedstaaten noch Luft nach oben und hier ist es nun mal als Sozialist im EU-Parlament meine Pflicht, Druck auszuüben. Wenn ich weiterhin glaubwürdig sein möchte, kann ich mich aber nicht einfach aus der Verantwortung stehlen wenn es um Fragen geht, die schmerzhaft für unser Land sind.“