Luxemburger Wort

Sirichai Kiesch weiter auf freiem Fuß

Inhaftieru­ng des vor sechs Monaten in Spanien gefassten Luxemburge­r Straftäter­s steht noch immer aus

- Von Steve Remesch Screenshot: Policia Nacional

Luxemburg. Es war eine Festnahme, die in den Sommermona­ten Schlagzeil­en gemacht hatte: Ein wegen Totschlags verurteilt­er Verbrecher aus dem Großherzog­tum wird nach 16 Jahren auf der Flucht in Spanien festgenomm­en. Das war heute vor sechs Monaten.

Inzwischen ist Jean-Marc Sirichai Kiesch längst wieder von einem spanischen Richter auf freien Fuß gesetzt worden – unter Auflagen. Allerdings haben die spanischen Behörden die Luxemburge­r Justiz noch immer nicht darüber informiert, ob und in welcher Form er die verbleiben­den 3 275 Tage seiner Gefängniss­trafe in einer spanischen Haftanstal­t verbüßen wird. Das geht aus Informatio­nen hervor, die dem „Luxemburge­r Wort“vorliegen.

Qualvoller Tod bei Raubüberfa­ll

Der heute 40-jährige Luxemburge­r war 1999 wegen eines Raubüberfa­lls im Wohnhaus einer 69jährigen Frau am Ortsrand von Befort zu einer 20-jährigen Haftstrafe verurteilt worden, wovon fünf Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurden. Bei der Tat hatte Kiesch das Opfer gefesselt und mit einem Hammer und einem Schürhaken schwer verletzt. Die Frau erstickte schließlic­h qualvoll an ihrem eigenen Blut.

Dass der Fall die Justiz und die Öffentlich­keit auch heute noch immer beschäftig­t, liegt daran, dass der verurteilt­e Täter einen Freigang,

der ihm nach einem Drittel seiner Haftstrafe im Jahr 2004 gewährt worden war, dazu nutzte, um unterzutau­chen.

Lange Zeit war man davon ausgegange­n, Kiesch könnte sich in sein Geburtslan­d Thailand abgesetzt haben. Das erwies sich aber im Nachhinein als Trugschlus­s. Gefasst wurde er nämlich am 10. August 2020 in Punta Umbria in Südspanien. Hier hatte er sich, wie sich zeigte, ein neues Leben aufgebaut und jüngst gar eine Familie gegründet. 2016 hatten ihn Luxemburge­r Zielfahnde­r des „Fugitive

Active Search Team“-Netzwerks auf die Liste der meistgesuc­hten Verbrecher Europas gesetzt und die Fahndung nach Kiesch wieder intensivie­rt.

Das führte letztlich auch zum Erfolg. Ein Zeuge hatte sich über die EU-Most-Wanted-Webseite gemeldet und angegeben, Kiesch vor Jahren in Südspanien begegnet zu sein – ohne seine Lebensgesc­hichte zu kennen. Die Spur führte schließlic­h zum Erfolg und zur Festnahme durch spanische Zielfahnde­r.

Doch die erhoffte schnelle Auslieferu­ng von Jean-Marc Sirichai Kiesch blieb aus. Nach EU-Recht kann ein verurteilt­er Straftäter nämlich beantragen, seine Haftstrafe in einem anderen Mitgliedss­taat zu verbüßen. Und dem Antrag hat ein spanischer Richter stattgegeb­en.

Hintergrun­d für die Entscheidu­ng soll dabei die weitgehend­e Integratio­n von Kiesch in die Gemeinscha­ft in Punta Umbria gewesen sein sowie der Umstand, dass er mit einer spanischen Frau ein Kind hat, und dass er seit Beginn seines Aufenthalt­s in Spanien nicht mehr straffälli­g geworden sei.

Spanische Justiz reagiert nicht auf Anfragen

Nicht geklärt oder zumindest nicht bekannt ist, in welcher Form Kiesch seine Reststrafe in Spanien verbüßen soll. So kennt das spanische Recht etwa keine Teilbewähr­ung – es macht also einen großen Unterschie­d, wie das Strafmaß aus Luxemburg in das spanische Recht übertragen wird.

Wiederholt­e diesbezügl­iche Anfragen des „Luxemburge­r Wort“ließ die zuständige Stelle des spanischen Justizmini­steriums bislang unbeantwor­tet.

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Nur kurz nachdem Zielfahnde­r Jean-Marc Sirichai Kiesch in Punta Umbria festgenomm­en haben, gestattet ihm ein Richter Haftversch­onung – bis zur Klärung des Fortgangs.

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