Sirichai Kiesch weiter auf freiem Fuß
Inhaftierung des vor sechs Monaten in Spanien gefassten Luxemburger Straftäters steht noch immer aus
Luxemburg. Es war eine Festnahme, die in den Sommermonaten Schlagzeilen gemacht hatte: Ein wegen Totschlags verurteilter Verbrecher aus dem Großherzogtum wird nach 16 Jahren auf der Flucht in Spanien festgenommen. Das war heute vor sechs Monaten.
Inzwischen ist Jean-Marc Sirichai Kiesch längst wieder von einem spanischen Richter auf freien Fuß gesetzt worden – unter Auflagen. Allerdings haben die spanischen Behörden die Luxemburger Justiz noch immer nicht darüber informiert, ob und in welcher Form er die verbleibenden 3 275 Tage seiner Gefängnisstrafe in einer spanischen Haftanstalt verbüßen wird. Das geht aus Informationen hervor, die dem „Luxemburger Wort“vorliegen.
Qualvoller Tod bei Raubüberfall
Der heute 40-jährige Luxemburger war 1999 wegen eines Raubüberfalls im Wohnhaus einer 69jährigen Frau am Ortsrand von Befort zu einer 20-jährigen Haftstrafe verurteilt worden, wovon fünf Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurden. Bei der Tat hatte Kiesch das Opfer gefesselt und mit einem Hammer und einem Schürhaken schwer verletzt. Die Frau erstickte schließlich qualvoll an ihrem eigenen Blut.
Dass der Fall die Justiz und die Öffentlichkeit auch heute noch immer beschäftigt, liegt daran, dass der verurteilte Täter einen Freigang,
der ihm nach einem Drittel seiner Haftstrafe im Jahr 2004 gewährt worden war, dazu nutzte, um unterzutauchen.
Lange Zeit war man davon ausgegangen, Kiesch könnte sich in sein Geburtsland Thailand abgesetzt haben. Das erwies sich aber im Nachhinein als Trugschluss. Gefasst wurde er nämlich am 10. August 2020 in Punta Umbria in Südspanien. Hier hatte er sich, wie sich zeigte, ein neues Leben aufgebaut und jüngst gar eine Familie gegründet. 2016 hatten ihn Luxemburger Zielfahnder des „Fugitive
Active Search Team“-Netzwerks auf die Liste der meistgesuchten Verbrecher Europas gesetzt und die Fahndung nach Kiesch wieder intensiviert.
Das führte letztlich auch zum Erfolg. Ein Zeuge hatte sich über die EU-Most-Wanted-Webseite gemeldet und angegeben, Kiesch vor Jahren in Südspanien begegnet zu sein – ohne seine Lebensgeschichte zu kennen. Die Spur führte schließlich zum Erfolg und zur Festnahme durch spanische Zielfahnder.
Doch die erhoffte schnelle Auslieferung von Jean-Marc Sirichai Kiesch blieb aus. Nach EU-Recht kann ein verurteilter Straftäter nämlich beantragen, seine Haftstrafe in einem anderen Mitgliedsstaat zu verbüßen. Und dem Antrag hat ein spanischer Richter stattgegeben.
Hintergrund für die Entscheidung soll dabei die weitgehende Integration von Kiesch in die Gemeinschaft in Punta Umbria gewesen sein sowie der Umstand, dass er mit einer spanischen Frau ein Kind hat, und dass er seit Beginn seines Aufenthalts in Spanien nicht mehr straffällig geworden sei.
Spanische Justiz reagiert nicht auf Anfragen
Nicht geklärt oder zumindest nicht bekannt ist, in welcher Form Kiesch seine Reststrafe in Spanien verbüßen soll. So kennt das spanische Recht etwa keine Teilbewährung – es macht also einen großen Unterschied, wie das Strafmaß aus Luxemburg in das spanische Recht übertragen wird.
Wiederholte diesbezügliche Anfragen des „Luxemburger Wort“ließ die zuständige Stelle des spanischen Justizministeriums bislang unbeantwortet.