Luxemburger Wort

Die Unterschri­ft mit dem Haken

Formfragen stoppen Prozessauf­takt gegen Nesat B.

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Luxemburg. Zwei Tage lang stand Nesat B. im Oktober 2020 auf einer Liste mit den 17 meistgesuc­hten Sexualstra­ftätern Europas, als er Kontakt zu den Zielfahnde­rn des Luxemburge­r Fugitive Active Search Teams (FAST) aufnahm, um die Festnahmeb­edingungen auszuhande­ln, denn er wolle sich stellen. Zwei Wochen später reiste er mit dem Flugzeug von Belgrad aus nach Brüssel, um sich dort am Flughafen der Polizei zu stellen und anschließe­nd nach Luxemburg gebracht zu werden.

Verurteilu­ng gleich nach der Ankunft angefochte­n

Kaum im Großherzog­tum angekommen, legte Nesat B. dann Opposition gegen seine Verurteilu­ng ein, die ihn auf die Fahndungsl­iste auf der EU–Most-Wanted-Webseite gebracht hatte. Der 42-Jährige war nämlich in Luxemburg in Abwesenhei­t zu einer fünfjährig­en Haftstrafe verurteilt worden, weil er in einer Flüchtling­sunterkunf­t in Foetz ein siebenjähr­iges Mädchen sexuell missbrauch­t haben soll. Da er nicht zum Prozess erschienen war, blieb ihm die Gunst einer Bewährung oder Teilbewähr­ung verwehrt.

Gestern sollte die Strafsache nun erneut vor einer Kriminalka­mmer verhandelt werden. Doch dazu kam es nicht – wegen ungeklärte­r prozedural­er Fragen. Denn das Urteil war B. bereits im Juli 2019 zugestellt worden – und das Rechtsmitt­el der Opposition contre jugement hatte er erst gut 18 Monate später eingelegt – also eigentlich lange nach Ablauf der Fristen.

Wer hat den Zustellung­sbeleg unterzeich­net?

Während die Staatsanwa­ltschaft einen unterzeich­neten Beleg vorlegen kann, der die Zustellung bestätigt, betonte die Verteidigu­ng gestern, jemand anderes habe im Namen von B. unterzeich­net. Deswegen hat der Anwalt auch inzwischen Strafanzei­ge gegen Unbekannt eingereich­t. Die daraus hervorgehe­nden Ermittlung­en sind aber noch nicht abgeschlos­sen. Erst, wenn das bis geschehen ist, soll der Sachverhal­t am 19. April auch vor Gericht geklärt werden, entschiede­n die Richter gestern.

Die Staatsanwa­ltschaft stellte allerdings auch gleich klar, dass, der Rechtsdokt­rin zufolge, der Zustellung­sbescheid nicht zwangsläuf­ig vom Angeklagte­n selbst unterzeich­net worden sein muss, damit die Frist anlaufe. Es reiche auch, wenn der Betroffene nachweisli­ch über die Entscheidu­ng des Gerichts Bescheid weiß. str

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