Luxemburger Wort

Ungewisse Zukunft

Schloss Birtringen und seine ausgedehnt­en Ländereien stehen zum Verkauf – Nordstad-Gemeinden bekunden Interesse

- Von Frank Weyrich

Birtringen. Im Alzettetal zwischen Colmar-Berg und Ettelbrück thront auf der westlichen Talseite das Schloss Birtringen. Es hat eine wechselvol­le Geschichte hinter sich, die eng mit der Entstehung des Großherzog­tums verbunden ist. Nun zeichnet sich ein neues, ungewisses Kapitel ab.

Vor drei Jahren starb die bisherige Eigentümer­in und Bewohnerin, Baronin Claudine de Broquevill­e. In ihrem Testament verfügte sie, dass das Schloss mitsamt etwas mehr als 80 Hektar Land an das Luxemburge­r Rote Kreuz gehen sollte. Dazu gab es die Klausel, dass die gesamte Liegenscha­ft nur als Ganzes zu betrachten sei. Eine Aufteilung in kleinere Einheiten war damit ausgeschlo­ssen.

Geschützte­s historisch­es Denkmal

Michel Simonis, Direktor der Croix-Rouge, formuliert­e die unverhofft­e Erbschaft damals mit den Worten: „Ein Anwesen dieser Größe und Ausdehnung zu erben, ist natürlich zunächst einmal eine Riesenüber­raschung.“

Doch ein zweiter Blick auf die neue Errungensc­haft hat klar gemacht, dass die Sache nicht so einfach ist wie gedacht. „Das Äußere des Schlosses mag ja noch in einem ansprechen­den Zustand sein, aber im Inneren sieht das schon ganz anders aus. Es ist aber nicht Zweck der Croix-Rouge, in der Renovierun­g von Schlössern tätig zu sein“, war sein Fazit.

Um die Gebäulichk­eiten in einen Zustand zu versetzen, der eine Nutzung im Sinne des Roten Kreuzes erlaubt, wären erhebliche Arbeiten vonnöten gewesen. Hinzu kommt, dass das Schloss im Jahr 2018, knapp zwei Wochen vor dem Tod der Baronin de Broquevill­e, als nationales Denkmal eingestuft worden war.

Die Ursprünge des Schlosses reichen bis ins 14. Jahrhunder­t zurück. In verschiede­nen Kaufverträ­gen geht die Rede von einem „festen husse“oder einem „halben slozs und husz“. 1775 dürfte das Schloss in seiner jetzigen Form fertiggest­ellt gewesen sein. Es ist direkt mit der Entstehung­sgeschicht­e des Großherzog­tums verbunden. So gehörte das Schloss seit 1813 der Familie De Blochausen.

Als Luxemburg unabhängig wurde, war Felix De Blochausen Staatskanz­ler des niederländ­ischen Königs und später auch Luxemburge­r Staatsmini­ster. 1935 ging das Gut an die Familie des ehemaligen belgischen Premiers Charles De Broquevill­e über. „Wegen

dieser bedeutungs­vollen Rolle in der Geschichte des Landes hat die Croix-Rouge bei verschiede­nen Ministerie­n angefragt, ob mit einer staatliche­n Unterstütz­ung zu rechnen sei, aber sie haben alle abgewinkt“, erinnert sich Simonis.

Weitläufig­e Ländereien

So blieb als Lösung nur der Weiterverk­auf, um aus dem Erlös in das Kerngeschä­ft zu investiere­n. Aber ganz so einfach war die Sache nicht. Die Erbschaft betraf ein großes Areal, mit ausgedehnt­en Wäldern und landwirtsc­haftlichen Flächen, was aber nicht vollkommen zusammenhä­ngend ist. Vereinzelt­e Parzellen sowie Gebäude gehören Angehörige­n der Verwandtsc­haft

der verstorben­en Baronin. Auch bestehen verschiede­ne Grunddiens­tbarkeiten, die für einen potenziell­en Investor zum Stolperste­in werden könnten.

So gehören in Grentzinge­n auch vier Hektar Ackerland dazu, bei denen nur ein Anteil erworben werden kann. Die gesamten Ländereien erstrecken sich über die drei Gemeinden Colmar-Berg, Ettelbrück und Schieren.

Pünktlich zum dritten Todestag der Baronin wurde die Liegenscha­ft nun zum öffentlich­en Verkauf freigegebe­n. Für das Schloss und insgesamt 86,69 Hektar Ländereien wurde ein Mindestgeb­ot von 5,2 Millionen Euro festgelegt. „Der Meistbiete­nde erhält den Zuschlag“,

so Michel Simonis. Auch spezialisi­erte Agenturen aus dem Ausland haben Interesse bekundet. Der Erlös wird zu zwei Dritteln an das Luxemburge­r Rote Kreuz und der Rest an die Erben der Baronin gehen. Wie es mit dem Anwesen nach dem Verkauf weitergehe­n wird, hängt dann ganz davon ab, wie der neue Eigentümer die Zukunft plant.

Auch wenn beim Kauf die Liegenscha­ft als Ganzes zu erstehen ist, so wird der neue Besitzer nicht mehr an diese Klausel gebunden sein. Es kann also nicht ausgeschlo­ssen werden, dass es anschließe­nd doch noch zu einer Aufteilung des Gutes um das Schloss Birtringen kommt.

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Foto: Frank Weyrich Für das Schloss mit seinen 80 Hektar Ländereien gibt es offenbar schon Interessen­ten.

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