Ungewisse Zukunft
Schloss Birtringen und seine ausgedehnten Ländereien stehen zum Verkauf – Nordstad-Gemeinden bekunden Interesse
Birtringen. Im Alzettetal zwischen Colmar-Berg und Ettelbrück thront auf der westlichen Talseite das Schloss Birtringen. Es hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich, die eng mit der Entstehung des Großherzogtums verbunden ist. Nun zeichnet sich ein neues, ungewisses Kapitel ab.
Vor drei Jahren starb die bisherige Eigentümerin und Bewohnerin, Baronin Claudine de Broqueville. In ihrem Testament verfügte sie, dass das Schloss mitsamt etwas mehr als 80 Hektar Land an das Luxemburger Rote Kreuz gehen sollte. Dazu gab es die Klausel, dass die gesamte Liegenschaft nur als Ganzes zu betrachten sei. Eine Aufteilung in kleinere Einheiten war damit ausgeschlossen.
Geschütztes historisches Denkmal
Michel Simonis, Direktor der Croix-Rouge, formulierte die unverhoffte Erbschaft damals mit den Worten: „Ein Anwesen dieser Größe und Ausdehnung zu erben, ist natürlich zunächst einmal eine Riesenüberraschung.“
Doch ein zweiter Blick auf die neue Errungenschaft hat klar gemacht, dass die Sache nicht so einfach ist wie gedacht. „Das Äußere des Schlosses mag ja noch in einem ansprechenden Zustand sein, aber im Inneren sieht das schon ganz anders aus. Es ist aber nicht Zweck der Croix-Rouge, in der Renovierung von Schlössern tätig zu sein“, war sein Fazit.
Um die Gebäulichkeiten in einen Zustand zu versetzen, der eine Nutzung im Sinne des Roten Kreuzes erlaubt, wären erhebliche Arbeiten vonnöten gewesen. Hinzu kommt, dass das Schloss im Jahr 2018, knapp zwei Wochen vor dem Tod der Baronin de Broqueville, als nationales Denkmal eingestuft worden war.
Die Ursprünge des Schlosses reichen bis ins 14. Jahrhundert zurück. In verschiedenen Kaufverträgen geht die Rede von einem „festen husse“oder einem „halben slozs und husz“. 1775 dürfte das Schloss in seiner jetzigen Form fertiggestellt gewesen sein. Es ist direkt mit der Entstehungsgeschichte des Großherzogtums verbunden. So gehörte das Schloss seit 1813 der Familie De Blochausen.
Als Luxemburg unabhängig wurde, war Felix De Blochausen Staatskanzler des niederländischen Königs und später auch Luxemburger Staatsminister. 1935 ging das Gut an die Familie des ehemaligen belgischen Premiers Charles De Broqueville über. „Wegen
dieser bedeutungsvollen Rolle in der Geschichte des Landes hat die Croix-Rouge bei verschiedenen Ministerien angefragt, ob mit einer staatlichen Unterstützung zu rechnen sei, aber sie haben alle abgewinkt“, erinnert sich Simonis.
Weitläufige Ländereien
So blieb als Lösung nur der Weiterverkauf, um aus dem Erlös in das Kerngeschäft zu investieren. Aber ganz so einfach war die Sache nicht. Die Erbschaft betraf ein großes Areal, mit ausgedehnten Wäldern und landwirtschaftlichen Flächen, was aber nicht vollkommen zusammenhängend ist. Vereinzelte Parzellen sowie Gebäude gehören Angehörigen der Verwandtschaft
der verstorbenen Baronin. Auch bestehen verschiedene Grunddienstbarkeiten, die für einen potenziellen Investor zum Stolperstein werden könnten.
So gehören in Grentzingen auch vier Hektar Ackerland dazu, bei denen nur ein Anteil erworben werden kann. Die gesamten Ländereien erstrecken sich über die drei Gemeinden Colmar-Berg, Ettelbrück und Schieren.
Pünktlich zum dritten Todestag der Baronin wurde die Liegenschaft nun zum öffentlichen Verkauf freigegeben. Für das Schloss und insgesamt 86,69 Hektar Ländereien wurde ein Mindestgebot von 5,2 Millionen Euro festgelegt. „Der Meistbietende erhält den Zuschlag“,
so Michel Simonis. Auch spezialisierte Agenturen aus dem Ausland haben Interesse bekundet. Der Erlös wird zu zwei Dritteln an das Luxemburger Rote Kreuz und der Rest an die Erben der Baronin gehen. Wie es mit dem Anwesen nach dem Verkauf weitergehen wird, hängt dann ganz davon ab, wie der neue Eigentümer die Zukunft plant.
Auch wenn beim Kauf die Liegenschaft als Ganzes zu erstehen ist, so wird der neue Besitzer nicht mehr an diese Klausel gebunden sein. Es kann also nicht ausgeschlossen werden, dass es anschließend doch noch zu einer Aufteilung des Gutes um das Schloss Birtringen kommt.