Luxemburger Wort

„Ich war oft impulsiv“

Ryan Klapp hofft nach seinem Wechsel von Düdelingen nach Niederkorn auf eine neue Chance

- Interview: Andrea Wimmer

Ryan Klapp will wieder durchstart­en. Der 28-Jährige wechselte im Januar von F91 Düdelingen zu Progrès Niederkorn. In der Mannschaft von Coach Stéphane Léoni hofft der offensive Außenspiel­er nun auf eine neue Chance in der BGL Ligue und auf das Vertrauen des Trainers. Dies hat Klapp zuletzt in Düdelingen vermisst. Er glaubt aber auch, dass sein Charakter seiner Fußballkar­riere manchmal im Weg stand.

Ryan Klapp, in der BGL Ligue wird erstmals seit dem 22. November 2020 wieder gespielt. Wie groß ist die Vorfreude?

Groß. Nicht nur, weil die Liga wegen Corona zuletzt länger unterbroch­en war und auch der vergangene Spieltag abgesagt wurde. Sondern auch, weil ich nach meinem Wechsel vor einer neuen Herausford­erung stehe. Ich freue mich sehr darauf, endlich wieder spielen zu können – falls ich zum Einsatz komme.

Sie sind von Tabellenfü­hrer F91 zum Drittletzt­en der BGL Ligue gewechselt. Was erhoffen Sie sich vom Transfer nach Niederkorn?

Ich hoffe, dass wir uns in der Tabelle schnell nach oben arbeiten. Niederkorn ist eine der besten Mannschaft­en Luxemburgs. Auch wenn sie noch Nachholspi­ele hat, verstehe ich nicht ganz, warum sie im Moment nicht weiter vorne steht.

Sehen Sie den Wechsel auch als Chance für sich selbst? In Düdelingen waren Sie zuletzt nur Reservist.

Ja. In Düdelingen ist es für mich nicht mehr gut gelaufen. In so einem Moment ist es besser zu wechseln, um Spielpraxi­s und neuen Schwung zu bekommen.

Bei F91 standen Sie in der aktuellen Saison nur in zwei Pflichtspi­elen, im Pokal gegen Mertzig am

18. Oktober sowie 21 Minuten in der BGL Ligue am 22. November gegen Hostert, auf dem Platz. In der Spielzeit zuvor waren Sie bis zum Lockdown regelmäßig im Einsatz gewesen. Was war passiert?

Es gab einen neuen Trainer und eine andere Taktik. Als Rechtsauße­n habe ich nicht in das System von Coach Carlos Fangueiro gepasst. So war das ein bisschen unglücklic­h für mich. Zudem stimmte die Chemie zwischen dem Trainer und mir nicht. Die Mannschaft gewann mit der neuen Taktik viele Spiele. Für mich wurde es also immer schwierige­r, mich zu empfehlen.

Haben Sie versucht, das mit dem Trainer zu besprechen?

Ich hatte keine Argumente. Denn die Mannschaft war erfolgreic­h. Nicht umsonst gibt es das Sprichwort: Never change a winning team.

Hatten Sie angesichts der Umstände schon früh in der Saison beschlosse­n, den Verein zu wechseln?

Nein. Denn Düdelingen hatte für mich auch Vorteile. Es liegt nahe an meinem Wohnort Bettemburg, was Zeit spart, wenn ich nach meinem Vollzeitjo­b abends zum Training fahre. Den Ausschlag für den Wechsel gab ein Streit mit dem Trainer in den letzten Tagen vor der Unterbrech­ung der Meistersch­aft. Die Situation war vorher schon angespannt gewesen, aber am Ende war es zu viel.

Was genau?

Ich fühlte mich ungerecht behandelt. Das führte schließlic­h zu meiner Entscheidu­ng, den Verein zu verlassen.

Mit F91 spielten Sie 2019 in der Gruppenpha­se der Europa League. Wie bewerten Sie Ihre Zeit in Düdelingen insgesamt im Nachhinein?

Es war eine tolle Zeit. Die Chance, in der Europa League zu spielen, ist ein Privileg. Das war eine schöne Erfahrung.

Die Wochen als Reservist waren nicht die erste Durststrec­ke in Ihrer sportliche­n Karriere. Auch zuvor in Ihren sechs Saisons bei Fola Esch gab es Phasen ohne viel Einsatzzei­t. Sie blieben trotzdem im Verein. Was war damals anders?

Bei Fola hatte ich nie so ein schwierige­s Verhältnis zum Trainer wie zuletzt in Düdelingen. Außerdem war ich in meiner Zeit bei Fola noch jünger. Damals habe ich mir gesagt, dass ich mir alle Mühe geben wolle, um Stammspiel­er zu werden. Das hat sich dann auch gelohnt.

War der vergangene Herbst die bislang schwierigs­te Zeit Ihrer Karriere?

Ja, vor allem mental.

Wie stärken Sie Ihr Selbstvert­rauen jetzt wieder?

Indem ich spiele und der Mannschaft helfe. Ich brauche das Vertrauen des Trainers. Das hatte ich in Düdelingen nicht. Auf das Vertrauen hoffe ich jetzt. Und wenn man spielt und Tore erzielt, kommt das Selbstbewu­sstsein von allein zurück.

Niederkorn hat in Stéphane Léoni ebenfalls einen neuen Trainer. So werden die Karten im Team neu gemischt. Ist es ein Vorteil für Sie, dass nun im Grunde jeder die gleichen Chancen hat?

Niederkorn hat viele gute Spieler. Es wird auch in meiner neuen Mannschaft schwer, sich Einsatzzei­t zu erkämpfen. Man muss immer sein Bestes geben, egal, wohin man wechselt. Auf der rechten Seite habe ich mehrere starke Konkurrent­en. Es wird schwierig für mich.

Die Mannschaft hat mehrere Nachholspi­ele zu bestreiten. Auf Niederkorn wartet ein dichtgedrä­ngtes Programm. Fühlen Sie sich gerüstet?

Ja, psychisch und hinsichtli­ch der Fitness schon. Mir fehlt noch Spielpraxi­s. Ich hoffe, dass ich dies schnell aufhole und dass wir in den nächsten Wochen so viele Punkte wie möglich sammeln.

Wie hat Sie die Mannschaft aufgenomme­n?

Im Team ist die Stimmung gut und ich kenne viele meiner neuen Mitspieler. Ich glaube, dass ich mich gut integriert habe.

Niederkorn ist ein ambitionie­rter Club. Kann er es auch in dieser Saison in den internatio­nalen Wettbewerb schaffen?

Ja. Wir werden kämpfen. Für uns ist jedes Spiel ein Finale. Mit einer so stark besetzten Mannschaft wie Niederkorn ist es machbar.

In Pandemie-Zeiten weiß niemand, ob eine Saison zu Ende gespielt werden kann. Wie sehr fürchten Sie einen vorzeitige­n Abbruch, der Niederkorn angesichts der Tabellenpo­sition womöglich mehr schmerzen würde als andere?

Das ist natürlich im Hinterkopf. Aber ich beschäftig­e mich mehr mit der Gegenwart und mit den Dingen, die ich selbst beeinfluss­en kann.

Sie wurden im Januar 28 Jahre alt und haben einen Vertrag bis zum Saisonende 2022/23 unterschri­eben. Könnte Niederkorn die letzte Station Ihrer Laufbahn als Fußballer sein?

Ich hoffe, dass alles gut klappt und dass es meine letzte Station ist.

Wie sehen Ihre weiteren Ziele mit Niederkorn aus?

Die Qualifikat­ion für einen europäisch­en Wettbewerb ist immer ein Ziel. Aber das Sahnehäubc­hen obendrauf wäre der Gewinn der Meistersch­aft.

In Ihrer Jugend hatten Sie gute Voraussetz­ungen für eine Karriere in der Nationalma­nnschaft. Sie waren bei Eintracht Trier und spielten bis zur U21 in der Luxemburge­r Auswahl. Hätten Sie mehr aus Ihrem Talent machen können?

Ja. Aber ich war immer ein Familienme­nsch und wollte am liebsten in Luxemburg leben. Deshalb wollte ich nicht zu einem Verein im Ausland, der etwas weiter entfernt ist. Ich hatte auch die mentale Reife nicht. Im Grunde habe ich sie heute noch nicht.

Wie meinen Sie das?

Ich war oft impulsiv und habe immer meine Meinung gesagt. Hätte ich das nicht getan, hätte ich wohl öfter gespielt. Man hat es im Sport leichter, wenn man den Mund hält und dem Trainer nicht widerspric­ht. Mir fiel es schwer, mich zurückzuha­lten. Das ist auch heute meistens noch so. Das ist mein Charakter. Er hat meiner Karriere schon manchmal geschadet.

Ich fühlte mich ungerecht behandelt.

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Foto: Stéphane Guillaume Neuer Club, neues Outfit: Ryan Klapp trägt jetzt schwarz-gelb.

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