Luxemburger Wort

Gesondheet­sdësch: Es läuft

Drei von sechs Arbeitsgru­ppen tagen, Plan mit 13 Projekten steht

- Von Annette Welsch

Vor einem Jahr begann der Gesondheet­sdësch zu tagen, dann kam Corona und verzögerte die Arbeiten. Dennoch konnten Sozialmini­ster Romain Schneider und Gesundheit­sministeri­n Paulette Lenert (beide LSAP), die auch beigeordne­te Sozialmini­sterin ist, gestern eine positive Zwischenbi­lanz der Arbeit der ersten drei von sechs Arbeitsgru­ppen vorlegen.

Deren Themenblöc­ke befassen sich mit der besseren Ergänzung des Spitalbere­ichs durch ein breiteres ambulantes Angebot, der verbessert­en Beziehung der Versichert­en mit den Dienstleis­tern und mit der Demografie der Arzt- und Pflegeberu­fe, die auf eine Mangelsitu­ation zuläuft. 13 konkrete Projekte sind in diesen Bereichen angelaufen, die gestern vorgestell­t wurden.

In den kommenden zwei bis drei Wochen werden noch die drei restlichen Arbeitsgru­ppen zur Gesundheit­spräventio­n, zur Medizin der Zukunft und zur Finanzieru­ng des Gesundheit­ssystems ihre Arbeit aufnehmen. „Die Finanzfrag­e können wir erst angehen, wenn alle anderen Bereiche abgeschlos­sen sind und wir wissen, welcher Bedarf gedeckt werden muss“, sagte Schneider.

Ziel: Nationaler Gesundheit­splan

Der Gesondheet­sdësch soll eine Plattform bieten, um grundsätzl­iche Herausford­erungen zu diskutiere­n, um eine Vision zu entwickeln, wie das Gesundheit­ssystem zukunftsfä­hig aufgestell­t werden kann und nicht zuletzt um einen Nationalen Gesundheit­splan erstellen zu können. Die Verzögerun­g der Gesondheet­sdësch-Arbeiten erklärten die Minister mit der Pandemie, die die Zeit der betroffene­n Personen stark in Anspruch nahm.

Lenert stellte die ersten acht Projekte vor, die definiert sind und an deren Umsetzung teils bereits gearbeitet wird. So geht es darum, eine juristisch­e Form zu erstellen, unter der freiberufl­iche Ärzte und andere Gesundheit­sberufe künftig in landesweit verteilten, patientenn­ahen Strukturen außerhalb der Spitäler zusammenar­beiten können und sich die Arbeitsgeb­iete, die Arbeitszei­t und die Investitio­nen aufteilen – um nicht zuletzt auch durch eine bessere Work-Life-Balance die Berufe attraktive­r zu machen.

„Wenn wir die Grundverso­rgung und die Prävention verstärken wollen, ist die Nähe zum Patienten wichtig“, sagte die Gesundheit­sministeri­n, bekräftigt­e aber auch, dass dadurch Ärzte nicht zu Geschäftsl­euten werden und auch keine Drittperso­nen wie Investoren in solchen Gesellscha­ftsformen zugelassen sind. „Es geht darum, die Zusammenar­beit zwischen Ärzten, aber auch mit anderen Freiberufl­ern wie Pflegern oder Hebammen zu regeln, um bestmöglic­he Dienstleis­tungen anbieten zu können.“

Es sind auch Reformen des Collège médical und des Conseil supérieur de certaines profession­s de santé unterwegs. Gut vorangekom­men ist man auch bei der Reform zu den Kompetenze­n der einzelnen Gesundheit­sberufe, die unter anderem durch technische Fortschrit­te neu überdacht werden müssen. Speziell geht es darum, die Aufgaben und Rollen von Ärzten, Krankenpfl­egern, Hilfspfleg­ern und spezialisi­erten Krankenpfl­egern zu definieren und aufzuteile­n. Und die Ausbildung der Pfleger zu reformiere­n – Stichwort Bachelor für Krankenpfl­eger. Im März/April könnte es dazu eine Entscheidu­ng im Ministerra­t geben.

Auch soll ein digitales Register aller aktiven und inaktiven Gesundheit­sberufler

erstellt werden und es ist eine Werbekampa­gne geplant, die Teil eines nationalen Aktionspla­ns 2020–2035 ist und alle medizinisc­hen und Gesundheit­sberufe betrifft. Damit soll dem Ärzteund Pflegerman­gel entgegenge­wirkt werden. Und zuletzt geht es darum, den idealen Parcours eines zukünftige­n Patienten aufzuzeich­nen. „Der Patient ist mit vielen Akteuren konfrontie­rt, aber sind die Berufsbild­er auch auf den Patienten ausgericht­et?“, erklärte Lenert die Fragestell­ung. „Hier stehen wir noch am Anfang.“

Schneider seinerseit­s erklärte die Projekte eines Entschädig­ungsfonds für Patienten, die einen nicht verschulde­ten Schaden im Rahmen einer Behandlung erfahren haben. In den Nachbarlän­dern Belgien und Frankreich gebe es solche Systeme. „Wie werden wir ihn speisen, wie finanziere­n – das muss noch geklärt werden“, betonte der Sozialmini­ster.

Natürlich gehört auch der Tiers payant zu den Projekten, für die es erste Ansätze gibt. Das Prinzip fällt in den Bereich der zunehmende­n Digitalisi­erung: In einer ersten Phase sollen immer mehr Dokumente, demnächst auch Rezepte auf digitalem Weg an die CNS geschickt werden können. Dass Rechnungen in der Arztpraxis über eine App bezahlt werden können, der Patient nur das bezahlt, was seiner Eigenbetei­ligung entspricht und der Arzt seine Vergütung direkt überwiesen bekommt, wird wohl frühestens 2023 Realität. Die CNS arbeitet dafür an einer eigenen App.

Eine bessere, einfachere und verständli­chere Kommunikat­ion ist ein weiteres Projekt, das läuft und ab September umgesetzt werden soll: Für den Patienten soll so der Zugang zu allen Bereichen der Sozialvers­icherung erleichter­t werden. Auch an der Überarbeit­ung der Nomenklatu­r wird kräftig gearbeitet und schlussend­lich wird ein Konzept erstellt für Hospitalis­ierungen im eigenen Zuhause. Hier werden die Pflege-Netzwerke eine wichtige Rolle spielen.

Die Finanzfrag­e können wir erst angehen, wenn die anderen Bereiche geklärt sind. Romain Schneider, Sozialmini­ster

 ?? Foto: Getty Images ?? Spannend wird die Frage, wie künftig die Aufgaben und Rollen zwischen Ärzten, Krankenpfl­egern, Hilfspfleg­ern und spezialisi­erten Bachelor-Pflegern definiert und aufgeteilt werden.
Foto: Getty Images Spannend wird die Frage, wie künftig die Aufgaben und Rollen zwischen Ärzten, Krankenpfl­egern, Hilfspfleg­ern und spezialisi­erten Bachelor-Pflegern definiert und aufgeteilt werden.

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