Unerwartete Wende im Mordfall um Bloggerin
Valletta. Über drei Jahre nach dem Autobomben-Mord an der Journalistin Daphne Caruana Galizia in Malta hat ein Gericht einen von drei Beschuldigten zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Damit hat der spektakulärste Mordfall des kleinen EU-Staates gestern innerhalb weniger Stunden eine unerwartete Wende genommen. Der Angeklagte hatte kurz vor dem Urteil seine Aussagen geändert und sich schuldig bekannt. In dem Prozess in Valletta hatten bisher alle drei Männer die Mord-Anklage zurückgewiesen. Die anderen zwei Beschuldigten änderten ihre Aussagen zunächst nicht. Die Bloggerin war am 16. Oktober 2017 in ihrem Auto in der Nähe ihres Hauses in die Luft gesprengt worden. Die 53Jährige galt als eine der bekanntesten investigativen Reporterinnen des Landes. Sie hatte über Korruption in Politik und Wirtschaft in ihrem Land recherchiert.
Die Familie der Toten bekundete nach dem Schuldeingeständnis ihre Hoffnung, dass der Anschlag nun bald ganz aufgeklärt werden könnte. Der Angeklagte muss laut dem Urteil auch gut 40 000 Euro Gerichtskosten zahlen. Im Zusammenhang mit dem Mord gab es viele Verdächtigungen – auch gegen die Polizei und andere Amtsträger wegen Verzögerung bei der Aufklärung. Viele Menschen gingen deswegen bei Protesten auf die Straßen. Der damalige maltesische Premier Joseph Muscat musste deswegen 2020 zurücktreten.
Gestern änderten der Verurteilte und sein Anwalt plötzlich vor Gericht ihre Strategie. Der Mann gab die Vorwürfe zur Beteiligung an dem Attentat zu. Das Trio soll die Bombe am Wagen angebracht und gezündet haben. Die drei waren bald nach der Tat 2017 gefasst worden. Medien sprachen von einer möglichen Übereinkunft zur Strafmilderung oder Begnadigung im Gegenzug für Informationen. Dabei ging es jedoch um einen anderen Mordfall von 2015, in den der Mann verwickelt sein soll. Allerdings dürfte auch der Mord an der Bloggerin einbezogen worden sein in die Verhandlungen hinter den Kulissen. Zumindest nahm die Polizei jetzt noch drei andere Männer fest, die die Autobombe beschafft haben sollen. Es laufen insgesamt mehrere Verfahren wegen des Anschlags auf Daphne Caruana Galizia. Außer dem Prozess gegen die Mord-Beschuldigten wurde der Unternehmer Yorgen Fenech im November 2019 als ein mutmaßlicher Drahtzieher festgesetzt. Auch er bestritt die Vorwürfe. Fenech sagte zudem, dass ein Vertrauter von Ex-Regierungschef Muscat hinter der Verschwörung gestanden habe. Die EU und andere internationale Prozessbeobachter hatten eine volle Aufklärung des Falls angemahnt. dpa