Zu transparent für Luxemburg
EU-Staaten werden sich heute auf neue Steuertransparenzregeln einigen
Für Luxemburgs Regierung ist der Zeitpunkt undankbar: Knapp zwei Wochen nach den „OpenLux“-Enthüllungen, die gezeigt haben, wie Reiche und Multis durch in Luxemburg angebotene Dienste noch immer Steuern sparen, werden die EU-Staaten heute in Sachen Steuertransparenz einen großen Schritt nach vorne machen. Und ausgerechnet die luxemburgische Regierung, die bei ihrer Antwort auf die Enthüllungen der internationalen Presse stets behauptete, Vorreiter in Sachen Transparenz zu sein, wird sich dagegen wehren.
Konkret geht es dabei um das sogenannte „public country by country reporting“, das die EU-Kommission bereits 2016 vorgeschlagen hatte. Das Prinzip des „public country by country reporting“klingt einfach und ist für viele NGOs ein Schlüssel zur Bekämpfung der Steueroptimierung, die zu oft zur Steuervermeidung führt. Die Regel zielt darauf ab, die Buchhaltungsund Steuerdaten multinationaler Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 750 Millionen Euro in der EU „Land für Land“zu veröffentlichen. Zu diesen Daten gehören der Umsatz, die Gewinne, die Anzahl der Beschäftigten sowie die in den verschiedenen Mitgliedstaaten gezahlten Steuern. Nach Ansicht der Kommission sollten diese Zahlen auf der Website des betreffenden Unternehmens verfügbar sein. Ein multinationaler Konzern, der eine lächerlich geringe Anzahl von Menschen in einem Land beschäftigt, in dem er viele Gewinne deklariert, würde daher automatisch suspekt wirken.
Luxemburg seit jeher skeptisch
Die blau-rot-grüne Regierungskoalition sowie Steuerberater des Luxemburger Finanzplatzes sehen das Vorhaben seit jeher skeptisch. Zum einen, weil diese Idee weiter geht als Transparenzregeln, die auch jenseits der EU gelten. Die
EU, so ein klassisches Argument der Regierung, würde sich dadurch selbst ins Bein schießen und weniger wettbewerbsfähig werden als die internationale Konkurrenz. Zum anderen beruht die Skepsis auch auf der Vorgehensweise der EU-Kommission, die, so die Analyse der Luxemburger, etwas zu forsch vorpreschte.
Die EU-Kommission, so die Lesart skeptischer Staaten wie Luxemburg, wusste von Anfang an, dass es in dieser Angelegenheit schwierig werden würde, bei den Mitgliedstaaten Einstimmigkeit zu finden – was in Steuerfragen notwendig ist. Deswegen habe die Brüsseler Behörde eine Rechtsgrundlage gesucht, um die Steuertransparenzmaßnahme als einfache Buchhaltungsfrage zu behandeln, die mit qualifizierter Mehrheit von den EULändern entschieden werden kann.
Umstrittene Rechtsgrundlage
Dieses Element ist insofern brisant, da sich beim heutigen Treffen der EU-Wirtschaftsminister, bei dem über die Maßnahme beraten wird, eine klare Mehrheit dafür abzeichnet. Bislang war das nie der Fall, doch Österreich, Lettland, Estland und Slowenien haben in den vergangenen Monaten ihre Position überdacht und unterstützen diese Transparenzregeln nun, was den Vorschlag unter den EU-Staaten plötzlich mehrheitsfähig macht. Heute sollen die EUStaaten demnach eine gemeinsame Position annehmen, die in den kommenden Wochen formalisiert werden soll.
Die Frage der Rechtsgrundlage sorgt allerdings noch immer für Unmut. Das EU-Parlament und viele Mitgliedstaaten teilen die Meinung der EU-Kommission.
Eine Minderheit von EU-Staaten, zu denen Luxemburg, Irland und Malta gehören, machte vor dem Treffen dagegen klar, dass Steuerfragen auf EU-Ebene von den Finanzministern diskutiert werden müssen, wo die Einstimmigkeitsregel herrscht, und nicht von den Wirtschaftsministern. Das erklärt auch, warum in diesem Dossier die Behörden von Finanzminister Pierre Gramegna (DP) die von Wirtschaftsminister Franz Fayot (LSAP) teils ablösten. Diese Haltung wird auch von einem Rechtsgutachten untermauert, das vom juristischen Dienst des EU-Rats stammt, jener EU-Institution, in der die verschiedenen Regierungen aus den Mitgliedsländern vertreten sind. Laut diesem Gutachten ist die Rechtsgrundlage der EU-Kommission die falsche. Deswegen wird Luxemburgs Regierung sich wohl weiterhin gegen den Vorschlag wehren.
Die Regierung wird den EUPartnern demnach heute erklären müssen, warum ein Land, das sich als Vorreiter in Sachen Transparenz beschreibt, gegen eine derartige Maßnahme ist. „Es ist unverständlich, dass die luxemburgische Regierung absehbar gegen Steuertransparenz stimmen wird. Zwei Wochen nach den 'OpenLux'-Enthüllungen lässt sie die Chance verstreichen, sich auf die Seite europäischer Zusammenarbeit für die Steuergerechtigkeit zu stellen“, kommentiert etwa Sven Giegold, Experte für EUSteuerpolitik und Mitglied der grünen Fraktion im Europaparlament.
Damit die Maßnahme zur EURegel wird, müssen die EU-Staaten und das Europaparlament noch einen Kompromiss aushandeln. Das Parlament, das bereits 2017 mehrheitlich für den Vorschlag stimmte, setzt sich dabei – anders als die EU-Staaten – dafür ein, dass Unternehmen auch die Daten für ihre Aktivitäten jenseits der EU präzise veröffentlichen. Auch will die europäische Volksvertretung mögliche Ausnahmeklauseln strenger einrahmen.
Luxemburgs Regierung lässt eine Chance verstreichen. Sven Giegold, EU-Parlamentarier