Das „Desaster“der Missbrauchsaufklärung
Die Krise im Erzbistum Köln überlagert das Treffen der deutschen Bischöfe – Kritik auch an Kardinal Marx
Limburg/Trier. Die Aufklärungskrise im Erzbistum Köln hat die Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischöfe überschattet. Als „Desaster“bezeichnete der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), der Limburger Bischof Georg Bätzing, im ZDF die schleppende Missbrauchs-Aufklärung in der Erzdiözese. Das dortige Krisenmanagement, die zahlreichen Kirchenaustritte und der Umgang mit dem von Kardinal Rainer Maria Woelki in Auftrag gegebenen ersten Rechtsgutachten seien bedrückend. Die Bischofskonferenz, die von Dienstag bis gestern digital zusammentraf, und einzelne Bischöfe hätten aber keine Möglichkeit, „in Köln hineinzugrätschen“.
Der Kölner Kardinal steht seit Monaten in der Kritik, weil er ein Gutachten zu sexueller Gewalt durch Kleriker unter Verschluss hält und stattdessen ein neues Gutachten in Auftrag gab. Dieses soll nun am 18. März vorgestellt werden. Woelki gestand zuletzt teilweise Fehler ein. Mit einer provokanten Plastik des Düsseldorfer Karnevalswagenbauers Jacques Tilly protestiert die kirchenkritische Giordano-Bruno-Stiftung deshalb derzeit auf der Kölner Domplatte. Sie zeigt einen Bischof, dessen Mitra einer Penisspitze nachempfunden ist.
Bätzing sagte, er habe mehrfach mit Woelki gesprochen und deutlich gemacht, dass er anderer Meinung sei. Er selbst glaube, dass es gut gewesen wäre, das erste Gutachten zu veröffentlichen und dann öffentlich die juristische Diskussion
auch zu führen. Andere Bistümer hätten gezeigt, dass die Veröffentlichung von Missbrauchsgutachten möglich sei. Der Limburger Bischof betonte, er glaube Woelki, dass er volle Transparenz und eine umfassende Aufarbeitung aller Fälle und Vertuscher beim Namen nennen wolle. „Jetzt bleibt uns nichts anderes als zu warten auf den 18. März.“
Langes Hin und her mit der Kirche Unterdessen sorgte ein Missbrauchsfall aus dem Bistum Trier in den vergangenen Tagen ebenfalls für Schlagzeilen. Eine anonym bleibende Frau mit dem Pseudonym Karin Weißenfels beklagt, Kardinal Reinhard Marx und Stephan Ackermann, der frühere und der jetzige Bischof von Trier, seien Mitteilungen zu sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch durch Priester nur auf Drängen und viel zu spät nachgegangen.
Als Erwachsene sei sie von ihrem vorgesetzten Pfarrer von den 1980er Jahren bis Anfang der 2000er Jahre sexuell missbraucht worden, berichtet Weißenfels der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Der mehr als 20 Jahre ältere Mann habe das Machtgefälle ausgenutzt und sie zu sexuellen Handlungen gezwungen. Wegen diagnostizierter „krankhafter emotionaler Abhängigkeit“sei sie unfähig gewesen, sich dem zu widersetzen. Als sie schwanger wurde, habe der Pfarrer sie gegen ihren Willen zu einer Abtreibung gedrängt, wobei ihn ein weiterer Priester unterstützt habe. Nach den Taten sei ein jahrelanges Hin und Her mit dem Bistum gefolgt. 1999 habe sie sich an den damaligen Bischof Hermann Josef Spital gewandt, 2003 an Marx und 2009 an Ackermann. Marx und Ackermann setzten sich mit dem Fall auseinander. Es gab Gespräche mit der Betroffenen, mit den Beschuldigten. Und dennoch: Damit sich etwas bewegt, habe sie immer wieder kämpfen müssen. KNA/mer
Ein Priester im Bistum Trier soll eine Frau geschwängert und sie zur Abtreibung gedrängt haben.