Luxemburger Wort

Wahre Schätze entdecken

Ein neues Konzept will Neugierige­n die Geschichte hinter Luxemburgs Kapellen näherbring­en

- Von Sarah Schött

Luxemburg. Rund 150 Besucher pro Veranstalt­ung lockten die Kierchento­uren zuletzt in Luxemburgs Gotteshäus­er, die mehr über ihre Geschichte und die Spirituali­tät dahinter erfahren wollten. Doch auch diesem erfolgreic­hen Format setzte die Corona-Pandemie im vergangene­n März ein Ende.

Die Verantwort­lichen haben die erzwungene Pause allerdings genutzt – und sich ein neues, coronakonf­ormes Konzept überlegt: die Kapellento­ur. „Es ist eine Alternativ­e zur Kierchento­ur in Corona-Zeiten“, erklärt Laure Simon von der ErwuesseBi­ldung, die die Kapellento­uren – wie auch die zukünftige­n Kierchento­uren – mit dem Centre Jean XIII und wechselnde­n Kooperatio­nspartnern durchführt. Allerdings habe sie bei der Recherche nach Orten gemerkt, dass es ein unerschöpf­liches Thema sei – und könne sich daher gut vorstellen, das Konzept auch nach der Pandemie weiterlauf­en zu lassen.

Das Interesse aufgreifen

Anders als bei den Veranstalt­ungen in den Luxemburge­r Kirchen ist das Format der Kapellento­ur auf einen Spaziergan­g ausgelegt. „Wir bleiben draußen, sprechen dort über die Objekte, aber schnuppern dann natürlich trotzdem auch kurz in die Kapellen hinein“, erklärt die Koordinato­rin des Projekts. Wie viele Menschen sich der Tour anschließe­n dürfen, hänge von den dann jeweils geltenden Bestimmung­en ab.

Nach fast einem Jahr Pause habe man einfach noch einmal das große Interesse, das für das religiöse Erbgut in Luxemburg existiere, aufgreifen wollen. „Es gibt so viel zu sehen und zu erzählen, da dachten wir, wir bauen das Konzept einfach ein bisschen um und machen weiter.“

In Luxemburg gebe es als Kirchen hauptsächl­ich die Pfarrkirch­en, erklärt Laure Simon. „Bis Anfang des 20. Jahrhunder­ts war der Christ verpflicht­et, sich in seiner Pfarrei taufen zu lassen, zu heiraten und alle Sakramente zu empfangen und das wurde dann im Pfarrregis­ter eingetrage­n. Bevor es Gemeinden gab, war das die einzige Möglichkei­t, einen Überblick über die Bevölkerun­g zu behalten.“

Alle anderen Objekte seien demnach Kapellen – einerseits die Kirchen und Kapellen der Kongregati­onen, aber auch viele Gebäude, die aus einem besonderen Zweck gebaut wurden, etwa um an eine Epidemie zu erinnern. „Es kann auch eine Kapelle in einem Ort geben, weil dort nie eine Kirche stehen konnte, weil der Ort vielleicht zu klein war“, erklärt sie weiter. „Es ist einfach spannend sich anzusehen, wie die Besitzverh­ältnisse sind, weshalb Kapellen entstanden sind, wie sie heute

Die Klosterkap­elle Fünfbrunne­n.

aussehen ... Es ist ein Schatz, den wir uns näher anschauen wollen.“

Bei der Auswahl der Gebäude hat dabei unter anderem der Zufall eine Rolle gespielt – und die Tatsache, ob sich jemand finden ließ, der etwas zu einem Gebäude erklären kann. Oft arbeitet die ErwuesseBi­ldung dabei mit Lokalhisto­rikern zusammen – oder aber mit ausgebilde­ten Kirchführe­rn, die sich in eine bestimmte Örtlichkei­t einarbeite­n. „Wenn wir etwas anschauen, ist es uns wichtig, dass wir Leute dabeihaben, die sich auskennen“, so Laure Simon.

Kapellen statt Kirchen hat man auch deshalb ausgewählt, weil ein reines „Reinschnup­pern“dem großen Kirchenrau­m nicht gerecht werden würde. „In den Kirchen gibt es sehr oft viel mehr zu erzählen. Das Konzept der Kierchento­uren war ja auf fast eine ganze Stunde ausgelegt. Man steht aber nicht eine ganze Stunde vor einer Kirche und hört zu. Aber wenn man eine Stunde spazieren geht, ab und zu Halt macht, etwas erläutert, irgendwo reingeht, draußen nochmals etwas erzählt, dann ist es aufgelocke­rt.“

Doch auch Fans der Kierchento­uren müssen künftig nicht auf das Format verzichten. „Wir heben uns das Konzept für nach der Pandemie auf und machen dann vielleicht auch parallel zu den Kapellento­uren damit weiter.“Zumal die Kapellento­uren ohnehin eher in die warme Jahreszeit passten – das Innere einer Kirche könne man bei jedem Wetter betrachten.

Sinn und Zweck verstehen

Daneben bietet die Kapellento­ur durchaus auch recht einmalige Gelegenhei­ten. „Einige der Kapellen, die wir besuchen, sind normalerwe­ise nicht zu besichtige­n.“Ein Blick hinter die Kulissen dieser Örtlichkei­ten lohnt sich also. Wer an einer der Touren teilnehmen möchte, sollte zumindest einigermaß­en gut zu Fuß sein. „Es sind jetzt keine Bergsteige­retappen, aber die Touren sind immer zwischen zwei und fünf Kilometer lang.“Bei einer der Touren besteht daneben die Möglichkei­t, ein Stück des Weges mit dem Auto zurückzule­gen (siehe Infobox). Sich früh anzumelden, lohnt sich, die maximale Teilnehmer­zahl richtet sich nach den jeweils geltenden gesetzlich­en Vorgaben. Die Teilnahme an dem Format ist kostenfrei.

Für Laure Simon ist es wichtig, dass die Menschen verstehen, wie und zu welchem Zweck eine Kapelle entstanden ist. „Auch wenn der Glaube sich verändert oder weniger Menschen glauben, hoffe ich, dass man trotzdem noch versteht, was Sinn und Zweck von diesen Orten ist. Dass man sich auch als Nichtgläub­iger nicht scheut, sie aufzusuche­n, einen Moment der Besinnlich­keit zu erleben und zu verstehen, warum dieses Gut schützensw­ert ist.”

Es ist ein Schatz, den wir uns näher anschauen wollen. Laure Simon, Projektkoo­rdinatorin

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Fotos: Raymond Thill/LW-Archiv, Laure Simon Das frühere Seminar in Limpertsbe­rg, ursprüngli­ch als Couvent américain erbaut und bis vor kurzem von der Uni genutzt.
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