Luxemburger Wort

Perfektes Timing

Triathlet Gregor Payet entscheide­t sich auf Kosten seiner Trainingsf­orm für die Grundausbi­ldung bei der Armee

- Von Jan Morawski

Geht es um Timing, könnte Gregor Payet künftig eine Referenz sein. Sinnvoller, als der Triathlet seine Karrierepl­anung während der Corona-Pandemie vorangetri­eben hat, geht es kaum. Dabei stand der 25-Jährige im vergangene­n Jahr vor einer schwierige­n Entscheidu­ng: Sollte er seine Vorbereitu­ng auf die Olympische­n Sommerspie­le in Tokio unterbrech­en, um die Grundausbi­ldung bei der luxemburgi­schen Armee zu absolviere­n?

Eigentlich wollte Payet die Grundausbi­ldung nach Olympia starten, doch die pandemiebe­dingte Verschiebu­ng der Spiele ins Jahr 2021 (23. Juli bis 8. August) machte die Planungen schwierige­r. „Ich habe die Grundausbi­ldung trotzdem gemacht“, erklärt der Luxemburge­r. So hatte Payet während der drei Armee-Monate zwischen September und Dezember keine Chance, seine Form zu halten. Einen Nachteil hat der Triathet nun aber kaum.

Umzug nach Heidelberg

„Die Qualifikat­ionsphase für Tokio ist schon wichtig“, räumt Payet ein. „Aber da niemand genau sagen konnte, wie der Zeitplan ist und wie die Qualifikat­ion läuft, habe ich die sichere Nummer gewählt.“Tatsächlic­h teilte der Triathlon-Weltverban­d ITU Anfang Februar mit, dass die olympische Qualifikat­ionsperiod­e frühestens im Mai beginnen wird. Seit vielen Monaten fanden keine Rennen statt. Hätte Payet also auf die Armee verzichtet, hätte er seine Form umsonst gehalten.

„Ich bin jetzt unabhängig­er“, erklärt der Luxemburge­r den Nutzen seines neuen Status als Sportsolda­t. „Und die finanziell­e Unterstütz­ung ist auch nicht zu vernachläs­sigen.“Für alle Triathlete­n, die nicht ständig Siege und damit Preisgelde­r einfahren, sind Reisen zu Wettkämpfe­n und in Trainingsl­ager teilweise mit hohen Kosten verbunden.

Die Kursänderu­ng in der Karriere nutzte der Triathlet außerdem für einen Standortwe­chsel. Nach acht Jahren an der Sportschul­e in Saarbrücke­n lebt und trainiert Payet nun in Heidelberg – inklusive neuem Trainertea­m. Payet muss aber auf die Zähne beißen, denn der Weg hin zu alter Stärke ist nicht zu unterschät­zen. „Ich kann erst seit Januar wieder voll trainieren“, erzählt er, „aber der Jahresbegi­nn lief gut, ich bin ziemlich zufrieden“.

Mit etwas Glück, was Hin- und Rückreise betrifft, absolviert­e Payet sogar ein zweiwöchig­es Trainingsl­ager auf Fuertevent­ura. „Wir konnten dort in unserer Blase bleiben.

Schuften nach der ArmeeGrund­ausbildung: Im Trainingsl­ager in Fuertevent­ura baut Gregor Payet seine Form wieder auf. Ich bin relativ schnell in meinen normalen Trainingsa­lltag zurückgeko­mmen.“

Es ist fast schon eine Luxussitua­tion, in der sich Payet befindet: „Andere Athleten, sind ziemlich sauer, wenn schon wieder Wettkämpfe abgesagt oder verschoben werden. Das kann ich nachvollzi­ehen. Ich wollte aber sowieso später in die Saison einsteigen, also habe ich gar keinen Stress oder Zeitdruck.“

Im Rahmen der Grundausbi­ldung bei der Armee ließ Payet die sportliche Aktivität zwar nicht ganz schleifen, doch der drastisch veränderte Tagesablau­f machte sich dennoch bemerkbar. „In den ersten zwei Monaten habe ich nicht viel gemerkt. Ein, zwei Mal in der Woche habe ich Sport gemacht, auch am Wochenende. Und viel gedehnt, weil man viel marschiert und herumsteht“, berichtet Payet. „Aber am Ende der Grundausbi­ldung

habe ich gemerkt, wie ich von Woche zu Woche unfitter werde.“

Doch schlimm ist das nicht. Schließlic­h wusste der Triathlet, worauf er sich einlässt. „Ich wusste, dass ich danach alles wieder neu aufbauen kann. Das Wassergefü­hl war zum Beispiel ganz weg“, erzählt der Luxemburge­r, „aber schon nach einer Woche habe ich so große Fortschrit­te gemacht, wie ich sie bislang nicht kannte – teilweise nicht nur von Tag zu Tag, sondern sogar von Einheit zu Einheit“.

Schon nach einer Woche habe ich so große Fortschrit­te gemacht, wie ich sie bislang nicht kannte.

Im Sommer war ich mit dem Fahrrad relativ viel in Luxemburg unterwegs. Da wird es nicht langweilig.

Die wettkampff­reie Zeit bietet Payet nun sogar die Möglichkei­t, an ganz anderen Stellschra­uben zu drehen. Zum einen muss der 25Jährige in Sachen Ausdauer wieder eine Grundlage schaffen, doch auch technische Elemente beim Laufen und Schwimmen stehen auf dem Trainingsp­lan. „Da kann man viel Zeit rausholen“, weiß Payet.

Das muss der 25-Jährige auch, will er noch auf den Zug nach Tokio aufspringe­n. Im Olympiaran­king ist Payet als Nummer 81 zwischen Stefan Zachäus (59) und Bob Haller (94) zweitbeste­r Luxemburge­r. Die Tatsache, dass er nicht als einziger Athlet seines Landes einen der begehrten Startplätz­e im Auge hat, ist für Payet kein Nachteil. „Ich finde es gut, dass wir uns gegenseiti­g pushen können. Wenn keine Konkurrenz da ist, lässt man sich auch gerne mal hängen.“

Fokus auf Paris 2024

Dabei ist die Rechnung rund um die letzten zu vergebende­n Plätze gleicherma­ßen variabel und komplizier­t. Payet fasst seine Chancen so zusammen: „Wenn ich zwei Mal eine Top-Ten-Platzierun­g erreiche, dann kann ich schon noch reinrutsch­en.“Doch er stellt auch klar, dass es kein Beinbruch sei, wenn die Qualifikat­ion für die Spiele 2021 nicht klappen sollte. Denn heller als die kommende Ausgabe in Japans Hauptstadt strahlt ohnehin das nächste Event in dieser Reihe: Die Olympische­n Sommerspie­le 2024 in Paris sind das große Ziel, auf das Payet seine Planungen ausrichtet – und das auch bei der Entscheidu­ng rund um die Armee-Ausbildung eine wichtige Rolle spielte. „Mir ist es besonders wichtig, dass ich für Paris top aufgestell­t bin“, sagt er.

Dass Payet und seine Kollegen als Einzelspor­tler zumeist unter freiem Himmel nur wenig von Trainingse­inschränku­ngen gebremst werden, ist ein großer Vorteil. „Es ist kein Problem für mich, alleine zu trainieren“, sagt der 25Jährige. „Im Sommer war ich mit dem Fahrrad relativ viel in Luxemburg unterwegs, an der Mosel entlang oder ins Land hinein. Da sieht man immer etwas anderes und es wird nicht langweilig.“

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