Eingebauter Test
Mit Gerüchen ist es so eine Sache. Am Anfang weiß man nicht, woher sie kommen, man versucht, sich daran zu gewöhnen und am Schluss kann man sie einfach nicht mehr ertragen. Dabei ist der Geruch sozusagen Geschmackssache: Was dem einen als angenehmer Duft vorkommt, ist dem anderen ein bestialischer Gestank. Friedrich Schiller zum Beispiel liebte Äpfel. Er aß sie aber nicht, sondern legte sie wochenlang in seine Nachttisch-Schublade. Dort verströmten sie ein Aroma, das der Schriftsteller wohl als inspirierend wahrnahm. Besucher hätten ihn wahrscheinlich gefragt, ob er nicht mal die Biotonne auf die Straße stellen wolle – wenn es damals so etwas schon gegeben hätte. Einen ähnlichen Fall hatte ich mit meinem Auto. Das fing nämlich mit der Zeit immer stärker an zu müffeln. Es war ein fauliger Geruch, irgendetwas Organisches.
Der Camembert war vor einem halben Jahr abgelaufen.
An einem sonnigen Samstag reinigte ich den Innenraum mit Staubsauger und Wischlappen. Danach sah das Auto aus wie neu – den Gestank verströmte es allerdings unverändert. Mitten auf einer Autofahrt hielt ich es nicht mehr aus, öffnete alle Türen und schaute unter den Sitzen nach. Außer ein paar alten Parktickets fand ich nichts. Ich dachte schon, jemand hätte mir ein Leberwurstbrot ins Handschuhfach gelegt und bald würde ein Schwarm Fliegen herauskommen. Doch auch dort: Nur die üblichen Versicherungsunterlagen. Gestern kam mir die letzte verbleibende Möglichkeit in den Sinn. Ich hob den Kofferraumboden an und schaute in die Reserveradmulde. Und tatsächlich. Dort lag ein Camembert, abgelaufen vor einem halben Jahr. Er war mir nach dem Einkaufen wohl dorthin gerutscht. Na dachte ich mir, wenigstens habe ich noch meinen Geruchssinn. Ich hätte selber nicht gedacht, dass mein 15 Jahre altes Auto als Extra einen Coronatest eingebaut hat. Volker
sei aber nicht direkt auf die Coronakrise zurückzuführen. Das Wachstum erkläre sich durch Kunden, die über die Association de Soutien aux Travailleurs Immigrés (ASTI) vermittelt wurden und die Kundschaft der geschlossenen Cent Butteker. „Die strikten Maßnahmen haben im vergangenen Frühling dazu geführt, dass informell Beschäftigte auf einmal ohne Einkommen waren“, erklärt Jamsek. Ohne Sozialversicherungsnummer könne keine Berechtigungskarte ausgestellt werden. „Die ASTI hat bei uns angefragt, ob diese 279 Menschen dennoch bei uns einkaufen könnten.“
Hohe Kundenzufriedenheit
Arthur Besch schätzt die Lage anders ein. Bei den Cent Butteker habe man sehr wohl eine Zunahme von Bedürftigen festgestellt. Zehn Prozent der Kunden gaben an, dass sich ihre finanzielle Situation wegen der Maßnahmen gegen das Coronavirus verschlechtert habe und dies der Grund für den Besuch im Geschäft sei. „Ich schätze, dass die Kundschaft in Bettemburg um 20 Prozent zugenommen hat“, sagt er. „Wir haben viele neue Kunden, darunter auffallend viele junge Leute unter 30 Jahren.“Er nennt das Beispiel eines Studenten, der für sein Studium nach Luxemburg kam und sich sein Lebensunterhalt mit Kellnern verdiente. „Als alles zumachen musste, war er ohne Arbeit.“
Jeder fünfte Einwohner des Landes ist von Armut bedroht. Arthur Besch, Cent Butteker
Die Mehrheit der Kunden sei aber schon vor Corona auf die Sozialläden angewiesen gewesen. „Wir haben Kunden, die seit der Eröffnung des Geschäftes zu uns kommen“, so Adely Thill-Gross. Wenn ein altbekannter Kunde auf einmal nicht mehr auftauche, würde er sogar vermisst. „Wir haben auch schon beim Sozialamt angerufen, um nachzufragen.“
Jasmina, 53 Jahre alt, gehört zu den Stammkunden. „Seit acht Jahren komme ich in das Geschäft“, sagt sie. Sie gehe auch bei Discountern einkaufen. „Die Leute hier sind aber besonders nett“, sagt sie. „Und die Produkte sind tiptop.“Das sieht der 16-jährige Radwan ähnlich. Der Jugendliche kommt gerade aus der Schule und wartet darauf, dass das Caritasgeschäft öffnet. „Normalerweise geht meine Schwester einkaufen, die konnte aber heute nicht“, sagt er. Mit dem Angebot ist er zufrieden: „Die Sachen schmecken gut.“
Ein anderer Kunde wartet mit seinen Einkäufen an der Bushaltestelle. Michael Peters gehört auch zu den Stammkunden. „Seit ich vor zehn Jahren am Herzen operiert wurde, kann ich nicht mehr arbeiten“, erklärt er. „Ich habe nicht mehr genügend Geld zum Leben.“Ohne die Bons der Sozialhelferin wären ihm Lebensmittel zu teuer. „Ich möchte der Regierung danken, weil sie den Menschen in Not hilft“, betont er.