Vollelektrischer Bruder
Mit dem neuen EQA erweitert Mercedes-Benz seine Elektroflotte um einen kompakten SUV
Mercedes-Benz steht mächtig unter Strom. Nicht nur die Plug-inHybrid-Familie, die bereits aus mehr als 20 Modellvarianten besteht, erwartet in diesem Jahr weiteren Nachwuchs. Die Elektrifizierung ihrer Flotte wollen die Stuttgarter außerdem mit sechs vollelektrischen und vier EQ-Modellen vorantreiben. Den Reigen der geplanten Neuvorstellungen eröffnete Ende Januar der EQA. Er ist der vollelektrische Bruder des aktuellen, vor einem Jahr vorgestellten GLA.
Dass die Marke mit dem Stern gerade mit einem Kompakt-SUV den strategischen Anfang wagt, kommt nicht von ungefähr: Zum einen zählt der GLA zu den erfolgreichsten Baureihen von Mercedes-Benz überhaupt und bietet infolgedessen in den Augen des schwäbischen Herstellers die größten Erfolgsaussichten für ein Elektroauto. Andererseits eignen sich SUVs besser zum Umbau auf ein E-Auto, weil sie aufgrund ihrer hochbeinigen Karosserie grundsätzlich mehr Platz für die großen Akkus haben.
Nur wenige Designkorrekturen
Wie der GLA baut demnach auch der EQA auf derselben für die Kompakt- und Mittelklassemodelle von Mercedes-Benz entwickelten Plattform auf. So besitzt er nicht nur dessen kraftvolle Gesamtproportion mit kurzen Überhängen vorne und hinten. Angedeutete Powerdomes in der Motorhaube unterstreichen ebenso wie außenbündig platzierte Räder den selbstbewussten Auftritt des neuen Stromers.
Obwohl der EQA in der Länge fünf und in der Höhe einen Zentimeter zugelegt hat (während die Breite und auch der Radstand unverändert blieben), unterscheidet er sich äußerlich nur durch einige wenige Designkorrekturen vom GLA. Weil Kühlluft nicht gebraucht wird, ist der Black-PanelGrill mit dem Zentralstern geschlossen. Ein horizontaler Lichtleiter verbindet die beiden Tagfahrleuchten der Voll-LED-Scheinwerfer miteinander. Auch in der Heckansicht betont ein durchgehendes Leuchtband zwischen den Rücklichtern die Breite des Stromers.
Im Interieur prägen farbliche Elemente an den Lüftungsdüsen, den Sitzen und dem Fahrzeugschlüssel den elektrischen Charakter des EQA. Die Instrumente mit elektrospezifischen Anzeigen greifen ihrerseits das Farbkonzept auf. Die Sitzposition fällt SUV-typisch hoch und aufrecht aus – bequem nicht nur zum Ein- und Aussteigen, sondern auch gut für die Rundumsicht. Serienmäßig ist die Fondlehne im Verhältnis 40:20:40 teilbar und einzeln umklappbar. Beim Kofferraumvolumen muss der EQA indes Abstriche machen, fasst er doch 85 bis 100 Liter weniger als der GLA.
Kopf-, Schulter- und Beinfreiheit fallen vorne wie hinten großzügig aus. Perforierte Ledersitze mit vierfach verstellbarer Lordosenstütze, Ambientebeleuchtung mit 64 Farben, Doppel-Cupholder, Rückfahrkamera für mehr Übersicht und Komfort beim Rangieren sowie ein Multifunktionssportlenkrad in Leder sind ebenso serienmäßig an Bord wie das intuitiv bedienbare Infotainmentsystem MBUX (Mercedes-Benz User Experience).
Reichlich E-Fahrspaß
Die unterhalb der Passagierkabine in der Fahrzeugmitte angeordnete Lithium-Ionen-Batterie hat einen nutzbaren Energiegehalt von 66,5 kWh. Die 140 kW (190 PS) starke Asynchronmaschine sitzt auf der Vorderachse und bildet mit dem Getriebe mit fester Übersetzung, dem Differenzial, dem Kühlsystem sowie der Leistungselektronik eine kompakte Einheit. Das sofort zur Verfügung stehende Drehmoment von 375 Newtonmeter beschleunigt den über zwei Tonnen schweren Kompakt-SUV in etwas weniger als neun Sekunden von null auf Tempo 100. Bei 160 km/h ist allerdings Schluss, damit sich die Batterie nicht zu schnell entleert. Für reichlich E-Fahrspaß sorgt der stylische Offroader aber allemal.
Den Stromverbrauch gibt der Autobauer mit 17,8 bis 19,1 kWh/100 km nach WLTP-Standard an. Theoretisch würde der EQA damit bei moderater Fahrweise und moderaten Temperaturen eine Strecke von 424 Kilometern zurücklegen können. Aber nicht nur im Winter und bei flotter Fahrt auf der Autobahn darf man erfahrungsgemäß mit weniger Reichweite rechnen.
Bei unseren Testfahrten lag der durchschnittliche Stromverbrauch zwischen 18,2 und 21,3 kWh. Bereits nach 200 Kilometern Fahrt (mit längeren Autobahnabschnitten beziehungsweise auf Schnellstraßen) waren zwei Drittel der Stromreserve aufgebraucht, und die noch zur Verfügung stehende Autonomie lag nur noch bei 120 Kilometern. Auffallend waren der auf kurzen Fahrstrecken überdurchschnittlich hohe Stromverbrauch und die schnelle Abnahme der maximalen Reichweite. Erst auf längeren Strecken kam die Rekuperation voll zum Tragen.
Automatisches Energiesparen
Dafür wartet der EQA dann auch mit unterschiedlichen Stufen zur Umwandlung der mechanischen Drehbewegung in elektrische Energie im Schub- oder Bremsbetrieb auf. Die Feinjustierung erfolgt übrigens mit den Wippen hinter dem Lenkrad.
Außerdem fährt der ElektroBenz automatisch vorausschauend: Die Navigation mit Electric Intelligence kalkuliert die am schnellsten ans Ziel führende Route unter Einbeziehung der Ladezeiten. Damit der Fahrer weniger Stress mit der Routenplanung hat, werden neben den nötigen Ladestopps
auch Faktoren wie die Topografie, das Wetter oder Änderungen der Verkehrssituation berücksichtigt.
Zudem ist die Thermoarchitektur des EQA derart ausgelegt, dass die Abwärme des elektrischen Antriebs für die Kabinenheizung genutzt werden kann, was seinerseits einen geringeren Bedarf an Batteriestrom und damit eine höhere Reichweite zur Folge hat.
Dem neuen EQA, der zum Marktstart als Edition 1 für 48 321 Euro vorfährt, will Mercedes-Benz eine ganze Modellfamilie folgen lassen mit Leistungen bis über 200 kW (272 PS) sowie mit Front- und Allradantrieb. Um die E-Mobilität noch weiter auf die Bedürfnisse der Kunden auszurichten, wollen die Stuttgarter künftig auch eine besondere EQA-Version mit einem Radius von über 500 Kilometern nach WLTP in ihr Programm aufnehmen. Wenn das mal keine guten Aussichten sind ...
Die „intelligente“Navigation kalkuliert die am schnellsten ans Ziel führende Route unter Einbeziehung der Ladezeiten.