Für Luxemburg im Einsatz
Dr. Modesta Dargeviciute hilft in Portugal zwei Wochen lang auf einer Covid-Station aus
Der Medienhype in Portugal war riesig: Luxemburg schickte am 14. Februar für zwei Wochen eine Intensivmedizinerin und eine Krankenschwester an das Regionalkrankenhaus in Évora, anderthalb Stunden von Lissabon, um auf der Covid-Station auszuhelfen. Seit Mitte Januar wurde man dort überrannt von Covid-Patienten, denn Portugal hatte über Weihnachten die Regeln stark gelockert – ein fataler Fehler aus gesundheitspolitischer Sicht. Eine stundenlange Pressekonferenz in Präsenz der portugiesischen Gesundheitsministerin Marta Temido, vier Kamerateams und jeden Tag andere Medien, die um Interviews baten: Luxemburgs Geste der Solidarität sorgte dort für großes Aufsehen.
„Wir wurden als Helden dargestellt und waren so berühmt, dass jeder uns erkannte, als wir zum Einkaufen in die Stadt fuhren. Mir war das sehr peinlich, denn die Helden sind die, die dort jeden Tag um die Leben der Patienten kämpften. Nicht wir, die zwei Wochen zum aushelfen kamen”, sagt Dr. Modesta Dargeviciute (34).
Die Intensivmedizinerin arbeitet seit 2015 in der Notfallmedizin. Zunächst am Bruderkrankenhaus in Trier beschäftigt, ist sie nun seit 2020 im Trierer Klinikum Mutterhaus. Beide Häuser eröffneten am 17. März 2020 ein separates Gemeinschaftskrankenhaus für Covid-Patienten und stellen jeweils die Hälfte der dort tätigen Ärzte. „Ich habe von Anfang an mit Corona-Patienten gearbeitet und ohne zu zögern ja gesagt, als mein Chef mich fragte, ob ich für Luxemburg nach Portugal gehen möchte. Ich habe es als Ehre angesehen, den Kollegen dort zu helfen. Solche Anfragen kommen nicht alle Tage und ich bin mit Leib und Seele dabei, wenn es darum geht, Intensivpatienten zu helfen“, sagt die Litauerin.
Extreme Phase schon abgeebbt
Es war die Luxembourg Air Rescue, die die Initiative ergriffen hatte, ihre Kontakte zu nutzen und sich nach einem Mediziner umzuschauen, den Luxemburg nach Portugal schicken könnte. Dr. Dargeviciute blieben nur 24 Stunden Zeit zur Vorbereitung, dann ging es mit der Luxair nach Lissabon, wo der Botschafter Luxemburgs, Conrad Bruch die beiden Frauen in Empfang nahm und nach Évora begleitete, der Hauptstadt der Region Alentejo, wo das Krankenhaus mit seinen 300 Betten der größte Arbeitgeber ist.
Als sie und Filomena Silva Costa ankamen, war die extreme Phase der Neuinfektionen von Ende Januar, Anfang Februar bereits abgeebbt. In der Zeit waren sämtliche anderen Aktivitäten eingestellt, ganze Stationen geschlossen worden und alle Ärzte, auch Internisten und Gynäkologen wurden auf der Intensivstation eingesetzt. „Alle waren überfordert, es gab zu wenig Anästhesisten und es sind sehr viele Patienten gestorben. Das war eine riesige Herausforderung und Stress. Aber auch als wir dort ankamen, gab es noch sehr viel zu tun und alle waren froh und glücklich über die Entlastung.“
Das Willkommen war dann auch entsprechend. „Wir wurden mit einem riesigen Empfang vom Krankenhaus, von Vertretern der Stadt und Politikern willkommen geheißen. Und auch die Kollegen waren alle sehr, sehr froh und nahmen uns herzlich auf. Das war ich in dem Maß nicht gewohnt“, sagt Dargeviciute.
Am Montag um acht Uhr ging die Arbeit los und begann mit einer angenehmen Überraschung: Die Ausstattung war hervorragend. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass das Krankenhaus so super und ohne jeden Mangel ausgerüstet ist. Es gab nicht nur einen Schutzanzug pro Tag, wie ich es gewöhnt bin. Ich habe mich in Portugal sehr gut geschützt gefühlt – das war beeindruckend.” Anscheinend war sehr viel Material aus dem Ausland, auch aus Deutschland, Luxemburg und China geliefert worden.
Ungewohnt waren dagegen die Schichten: „Es gibt dort nur Nachtund Frühschichten, die jeweils zwölf Stunden dauern und auch die Beatmungsgeräte waren andere, aber weil ich schon in vielen Krankenhäusern gearbeitet habe, war die Umstellung kein Problem“, erzählt Dargeviciute. Gut 16 Patienten mussten auf der Intensivstation
betreut werden, die Hälfte davon musste beatmet werden. „Es waren erstaunlich junge Patienten. Aus Deutschland war ich vor allem 75- bis 80-Jährige gewohnt, hier lag das Durchschnittsalter bei 50 Jahren. Ich habe sogar 27- und 39-Jährige erlebt, die stark an Covid erkrankt waren.“
Die Behandlung der Patienten zu übernehmen und mit den Kollegen zusammenzuarbeiten war der einfachste Teil. „In ganz Europa sind die Krankheitsverläufe gleich und somit auch die Leitlinien der Behandlung. Und es stand uns ja alles Nötige an Medikamenten und Geräten zur Verfügung.“Am schwierigsten war die Dokumentation: „Es wird alles noch per Hand geschrieben und dann in den Computer eingetragen. Das ist doppelte Arbeit und die klinischen Angaben und Verläufe richtig einzutragen war anfangs problematisch.“
Auch sprachlich gab es keine Probleme. „Wir haben englisch miteinander gesprochen, nur die Übergabe von der Nacht- auf die Frühschicht fand auf portugiesisch statt, um Missverständnisse zu vermeiden. Filomena übersetzte dann für mich von portugiesisch auf deutsch. Sie war eine große Hilfe.“Insgesamt war es eine Erfahrung, die die Medizinerin nicht mehr missen möchte. „Eine solche Offenheit, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft habe ich noch nie erlebt.“
In Évora waren die Helfer aus Luxemburg die einzigen Ausländer. „Ich weiß nur, dass es ansonsten in Lissabon französische Teams zur Unterstützung gab“, sagt Dargeviciute. Sie war mit Silva Costa in der ersten Woche alleine dort, dann kam ein weiteres Team eines Intensivmediziners und einer Krankenpflegerin aus Luxemburg, die Ende dieser Woche dann zurückkehren.
Die Helden sind die, die dort jeden Tag um die Leben der Patienten kämpften. Dr. Modesta Dargeviciute