Profit über alles
Sich vorzudrängeln, scheint den Akteuren der Hôpitaux Robert Schuman (HRS) im Blut zu liegen. Die drei Verwaltungsratsspitzen, Präsident JeanLouis Schiltz sowie die Vize-Präsidenten Michel Wurth und Claude Seywert, die sich bekanntlich gegen Covid-19 impfen ließen, obwohl sie noch nicht an der Reihe waren, und sich bis heute darüber empören, dafür kritisiert zu werden, erstaunten diese Woche mit einem weiteren kühnen Vorstoß: Während sich seit Monaten eine Arbeitsgruppe am Gesondheetsdësch mit der Frage beschäftigt, unter welcher Form Leistungen, die bis vor Kurzem den Krankenhäusern vorbehalten waren, in dezentrale, ambulante Strukturen ausgelagert werden können, nicht zuletzt, um die Spitäler zu entlasten, schufen sie Fakten. Mit der Gemeinde Junglinster wurde eine Vereinbarung unterzeichnet, ein medizinisches Zentrum mit Poliklinik, IRM, Arztpraxen und anderen Gesundheitsdiensten zu schaffen. Während die wichtigsten Akteure des öffentlichen Gesundheitssystems unter anderem die Frage diskutieren, wer diese Strukturen wie betreiben soll, damit sie irgendwie noch in der öffentlichen Hand bleiben, führen Schiltz und Co die Politik vor: Die Fondation HRS, die strikt genommen gar nicht mit am Gesondheetsdësch sitzt, weil sie seit 2017 nicht mehr die Dachgesellschaft der HRS-Gruppe ist, sondern die vier Krankenhäuser Kirchberg, Bohler, Zitha und Ste. Marie in die HRS S.A. auslagerte, sichert sich mit dem Osten das Filetstück der künftigen dezentralen Gesundheitsversorgung.
Die Fondation ist einziger Aktionär der HRS S.A., aber auch einziger Aktionär der Santé Service S.A., einer Gesellschaft, die „Gesundheitsdienste leistet“. Laut ihrer Webseite verwaltet und betreibt die Stiftung direkt die Aktivitäten, die nicht die Krankenhäuser betreffen – sie ist Eigentümerin des GesondheetsZentrum, dessen Angebote an Prävention lange nicht alle von der CNS erstattet werden, und „unterstützt Infrastruktur-, Ausrüstungs-, Innovations- und Forschungsprojekte“. Es sei allein Aufgabe der HRS S.A., die Krankenhäuser zu betreiben, heißt es dort – und nun möchte die Fondation HRS in Junglinster eine Poliklinik und ein radiodiagnostisches Zentrum betreiben? Das ganze Konstrukt klingt auch nach transparenter Trennung und es wird explizit angegeben, dass jede Struktur seinen eigenen Verwaltungsrat hat, tatsächlich sind Jean-Louis Schiltz, Michel Wurth und Claude Seywert aber Präsident und VizePräsidenten sowohl der Fondation HRS als auch der HRS S.A.. Und so wie sich Schiltz beim Impfdrängeln herausredete, nutzt er nun solche Spielchen und das juristische Vakuum, das die Politik im naiven Vertrauen darauf, dass gemeinsam eine Lösung gefunden wird, durch das IRMUrteil des Verwaltungsgerichts seit einem Jahr bestehen lässt: Die Verordnung, die den Spitälern das Monopol für schwere Medizingeräte und medizinische Eingriffe erteilte ist verfassungswidrig – sie müssen auch ambulant durchgeführt werden können. Die Bürger im Osten freuen sich zurecht, zu lange wurden sie von der Politik hingehalten.
Schiltz' Schachzug ist legal und wird sich sicherlich für ihn bezahlt machen. Es ist höchste Zeit für die Politik anzufangen, sich auch einmal mit allen Wassern zu waschen.
Die Politik diskutiert und die HRSMänner schaffen Fakten.
Kontakt: annette.welsch@wort.lu