Umstrittener Startschuss
Umgehung von Niederkerschen: Bürgerinitiative aus der Gemeinde Sassenheim klagt vor Verwaltungsgericht
Sassenheim/Niederkerschen. Die Auseinandersetzung um die umstrittene Umgehungsstraße von Niederkerschen geht in die nächste Runde. Jetzt hat die Bürgerinitiative der Gemeinde Sassenheim gemeinsam mit Einwohnern aus Sassenheim und Niederkerschen über ihren Rechtsanwalt eine Nichtigkeitsklage beim Verwaltungsgericht eingereicht. Diese wendet sich gegen Entscheidungen von Umweltministerin Carole Dieschbourg (Déi Gréng) vom 19. November 2020 und 15. Februar dieses Jahres, mit denen Absenkungsarbeiten an der Straße 110 zwischen Sassenheim und Niederkerschen sowie der Bau von Stützmauern genehmigt wurden. Damit wurde in den Augen der Bürgerinitiative gesetzwidrig der Startschuss für den Bau der Umgehungsstraße gegeben, wie es in einer Mitteilung heißt.
Die Antragsteller würden den Nachweis erbringen, dass diese Arbeiten im direkten Zusammenhang mit der zu bauenden Brücke der Umgehungsstraße über den CR 110 stünden, die auf diese Mauern aufgelegt würde, so die Bürgerinitiative. Das wirkliche Ziel des vom Minister für Mobilität und öffentliche Bauten, François Bausch (Déi Gréng), eingereichten Projekts bestehe also darin, es der Straßenbauverwaltung zu erlauben, schon jetzt mit den Arbeiten an der Umgehungsstraße von Niederkerschen zu beginnen. Dabei liege die erforderliche zweite
Genehmigung der Straße durch das Umweltministerium aufgrund einer globalen Analyse des Projekts und der vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen noch nicht vor. Des weiteren würden die nun genehmigten Arbeiten widerrechtlich geschützte natürliche Lebensräume und Arten zerstören.
Falsche Darstellung?
Die Bürgerinitiative hegt den Verdacht, dieses Projekt sei absichtlich falsch dargestellt und als „Wildbrücke zwischen dem Bobësch und dem Zämerbësch in Höhe des CR 110 zwischen Niederkerschen und Sassenheim und den dazugehörigen Arbeiten“getarnt worden, ohne dass Minister Bausch ein Konzept oder einen Plan für dieses neue Bauwerk vorgelegt habe. Von diesem Bauwerk habe man vorher nie gehört und die hypothetische Verwirklichung sei ohnehin erst im Jahr 2024 nach
Beendigung aller Vorbereitungsarbeiten zur Umgehungsstraße von Niederkerschen vorgesehen.
Indem sie so künstlich die Vorbereitungsarbeiten zu dieser Autobrücke vom Projekt der Umgehungsstraße trennten, verstießen Minister Bausch und die Straßenbauverwaltung gegen die europäische Habitatdirektive 92/43, die eine Gesamtbegutachtung sowohl der Umweltschäden eines einzigen zusammenhängenden Projekts
als auch der vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen mit dem Ziel des Schutzes der Kohärenz des gesamten Natura-2000-Netzes erforderlich mache, argumentiert die Bürgerinitiative. Durch diese Abkürzung, so die Befürchtung, werde versucht, der Bürgerinitiative und anderen Organisationen die Möglichkeit eines Rekurses gegen das gesamte Projekt Umgehungsstraße zu nehmen, da dies in Erwartung der Kompensationsmaßnahmen zum Restprojekt zurzeit nicht möglich sei.
Getrennt analysieren
Sogar wenn man davon ausgehen würde, dass die Absenkung der Straße und die Umgehungsstraße zwei verschiedene Projekte seien, hätten beide kumulative Auswirkungen auf die Umwelt. Diese müssten zusammen und nicht getrennt analysiert werden, findet die Bürgerinitiative. Es sei außerdem unzulässig, dass die Umweltministerin damit einverstanden gewesen sei, dieses Teilstück der Umgehungsstraße mit der Bezeichnung „Wildbrücke“dann auch noch von der Verpflichtung der europäischen Habitatdirektive, eine Untersuchung der Auswirkungen auf die Natur vorzunehmen, zu entbinden, und das mit dem Argument, das Projekt sei notwendig zur Erhaltung der Natura2000-Zone.
Beide Entscheidungen, so erklärt die Bürgerinitiative, würden von ihr angefochten wegen Amtsmissbrauchs und Gesetzesverstößen laut Luxemburger Recht.