Weltklasse mit 40 Jahren
Tischtennisstar Timo Boll feiert am Montag Geburtstag, gehört jedoch längst noch nicht zum alten Eisen
Der Chinese Liu Kaoliang hat den vielleicht erfolgversprechendsten Job der Welt. Er war Olympiasieger im Einzel und Doppel, er trainierte die Nationalmannschaft seines Landes und ist seit 2018 der Chef des chinesischen Tischtennisverbands. So gut wie jeden Wettbewerb, bei dem er dabei ist, gewinnt er auch. Trotzdem sagte Liu in einem seiner seltenen Interviews in Europa: „Solange Timo Boll spielt, kann ich nicht ruhig schlafen.“
Zu hören ist dieser Satz in dem Dokumentationsfilm „The Spin of Life“, der die bemerkenswerte Karriere des besten nicht-chinesischen Tischtennisspielers in diesem Jahrhundert nachzeichnet. Boll stand im Januar 2003 mit nur 21 Jahren zum ersten Mal auf Platz eins der Weltrangliste. Und er gehört am Montag, wenn er seinen 40. Geburtstag feiert, noch immer zu den besten zehn Spielern der Welt. Sollte der Rekord-Europameister an seinem Ehrentag hinausposaunen, dass er in diesem Jahr Olympiasieger werden will, dann würde sich niemand, nicht einmal in China, mit dem Finger an die Stirn tippen. Allein: Boll würde so etwas nie hinausposaunen, denn seine große Popularität verdankt er neben seinen Erfolgen auch zu einem gleichen Anteil seiner Bodenständigkeit und seinem Sportgeist. Bei der WM 2005 in
Shanghai zeigte er an, dass der Rückschlag seines Gegners Liu Guozheng von niemandem bemerkt noch die Tischkante berührt hatte. Es war Bolls Matchball, der Schiedsrichter wollte diesen Punkt eigentlich ihm zuschreiben. Am Ende verlor Boll das Spiel noch.
Detailverliebt
Warum er mehr als 15 Jahre später immer noch dabei ist? „Ich spiele noch zu gerne.“Und warum er immer noch so gut ist? „Keiner streitet mein Talent oder meine Fähigkeiten ab. Körperlich habe ich mich auch ganz gut gehalten“, sagte Boll. In dem Podcast „Ping, Pong & Prause“ergänzte er im Februar noch, dass „ich im Laufe der Jahre immer detailverliebter geworden bin. Was plant der Gegner, wie reagiere ich darauf? Ich spiele zwischen den Ballwechseln viel Schach im Kopf“. dpa