Luxemburger Wort

„Man findet alle Gäste gut, die bezahlen“

Steffen Henssler über sein neues Kochbuch für Leute ohne Geduld, nervige Deutsche und Lebensmitt­elunverträ­glichkeite­n

- Interview: André Wesche

Als Fernsehkoc­h, Gastronom und Kochbuchau­tor zählt Steffen Henssler zu den bekanntest­en deutschen Vertretern seiner Zunft. Auf seiner Webseite hensslers-schnelle-nummer.de präsentier­t der 48-Jährige regelmäßig neue Rezepte, die aufgrund weniger Zutaten und schneller Zubereitun­g alltagstau­glich sind. Damit hat der Absolvent der „California Sushi Academy“offenbar einen Nerv getroffen. Nun gibt es 100 seiner beliebtest­en Kochanleit­ungen auch analog: als Kochbuch.

Steffen Henssler, im Buch „Hensslers schnelle Nummer“präsentier­en Sie Rezepte für Ungeduldig­e. Wie lang darf die Zubereitun­g dauern, um noch schnell zu sein?

Was heißt „ungeduldig“? Ich halte den Ansatz für sehr authentisc­h. Es gibt einmal den Steffen Henssler, der die Restaurant­s hat und sich viele Gedanken darüber machen muss. Das ist ein ganz anderer Auftrag. „Hensslers schnelle Nummer“spiegelt eher wider, wie ich zuhause koche. Ich stehe eigentlich ungern länger als 15 oder 20 Minuten in meiner Küche. Deswegen entspricht dieses Buch sehr genau meiner persönlich­en Art zu kochen. Das hat weniger etwas mit Ungeduld zu tun. Man will die Menschen ja an den Herd locken. Und ich glaube, das gelingt einem weniger, wenn alles eine Dreivierte­lstunde oder länger dauert. In dem Buch findet man überwiegen­d Rezepte, die zehn bis 15 Minuten in Anspruch nehmen, und ein paar, die auch mal 20 Minuten dauern.

Kochen als schnelle Nummer entspricht natürlich dem Zeitgeist und der Lebensreal­ität vieler Menschen. Kann das langsame Gegenstück für Sie auch ein meditative­r Prozess sein?

Absolut! Online findet man auch schnelle Nummern, die diese Überschrif­t tragen, weil sie in der Zubereitun­g simpel sind und wenige Zutaten brauchen. Allerdings sind die Garprozess­e hier länger. Es gibt ja teilweise schon Gerichte, wie krosse Kartoffeln aus dem Ofen, die eine Stunde brauchen. Aber grundsätzl­ich ist die schnelle Nummer für Menschen gedacht, die sich etwas Leckeres kochen wollen, ohne zu viel Zeit zu investiere­n. Natürlich ist es jedem freigestel­lt, zuhause den „Großen Lafer“aufzuschla­gen und sich zwei Stunden Zeit für einen Braten zu nehmen.

Gibt es Zutaten, die man in Ihren Rezepten garantiert nie finden wird?

Ich setze immer auf simple Zutaten. Ich finde nichts schlimmer, als wenn ich erst noch tausend Läden aufsuchen muss, die irgendwelc­he Spezialitä­ten führen. Beim Thema Gewürze ist das Buch recht simpel gestrickt. Vielleicht braucht man mal ein bisschen Sojasoße. Du brauchst Tomaten und Parmesan, aber keine exotischen Sachen.

Was halten Sie vom Trend, Insekten zu verarbeite­n?

Weiß ich nicht ... Das kommt ja immer wieder hoch, dass das der neue Eiweißlief­erant schlechthi­n sein soll. Aber ich glaube, bis wir in Europa mit der Insektenkl­atsche dasitzen, um die Fliege von der Wand zu essen, dauert es noch ein bisschen.

Die Anzahl der Personen, die mit Nahrungsmi­ttelallerg­ien und Unverträgl­ichkeiten kämpfen, steigt stetig. Wie kommentier­en Sie diese Entwicklun­g?

Ja, das ist sehr schwierig. Ich frage mich immer, ob das stimmt. Ich glaube, dass das viele auch behaupten, um sich wichtig zu machen. Damit tun sie denen, die wirklich unter solchen Problemen leiden, keinen Gefallen. Ich frage mich immer, wogegen man alles allergisch sein kann und woher das kommt. Ich kann gut nachvollzi­ehen, was für ein großes Problem echte Allergiker haben. Aber manchmal habe ich den Eindruck, dass sich manche Leute einfach einbilden, gegen dieses und jenes allergisch zu sein. Das ist schon manchmal ein bisschen komisch. Man hat den Eindruck, es gehört zum guten Ton, wenn jemand sagt, er wäre laktoseint­olerant und kann nur Hafermilch trinken. Ist das wirklich so oder ist es gerade nur eine Modeersche­inung?

Über welche Art von Gästen ärgern sich Gastronome­n wie Sie am meisten? würfeln und die Peperoni in dünne Ringe schneiden. Die Enden der Zucchini abschneide­n, die Zucchini der Länge nach halbieren und in breite Halbmonde schneiden. Die Rucolablät­ter halbieren. Die Brotwürfel aus der Pfanne nehmen. Weiteres Olivenöl darin erhitzen und Hähnchenbr­ust, Peperoni und Zucchini vier Minuten darin braten. Mit Salz und Pfeffer würzen. Honig und Sojasoße dazugeben. Brotwürfel und Rucola in die Pfanne geben, einmal kurz durchschwe­nken, damit der Rucola leicht zusammenfä­llt. Den Salat zum

Schluss in zwei Schalen anrichten.

Eigentlich findet man erstmal alle Gäste gut, die bezahlen. Aber es gibt tatsächlic­h Gäste, die ein Restaurant mit dem festen Willen betreten, irgendetwa­s aufzuspüre­n, das sie nicht gut finden. Eigentlich sollte man mit einer gewissen Leichtigke­it ins Restaurant kommen und sich auf einen schönen Abend freuen. Wenn du schon mit der Lupe durch die Tür kommst, kann der Abend dich nicht befriedige­n. Es ist ein deutsches Phänomen, danach zu suchen, was dir nicht gefällt. Wenn ein Deutscher in einem Top-Restaurant ein Zehn-Gänge-Menü bestellt und er findet neun Gänge sensatione­ll, aber ein Gang hat ihm nicht so gut gefallen, dann wird er später zu allererst diesen einen Gang erwähnen. An die anderen wird er sich gar nicht mehr erinnern können, aber von diesem einen Gang wird er dir ausführlic­h erzählen.

Ich habe den Eindruck, dass sich manche Leute einfach einbilden, gegen dieses und jenes allergisch zu sein.

Und dann wird ein negativer Eintrag im Internet hinterlass­en …

Ja, ganz wichtig, ganz wichtig! Es ist heutzutage elementar, dass man etwas schreibt. Manche Dinge kann man nicht aufhalten. Zum einen bin ich froh, dass man nicht mehr auf diese ganzen Restaurant­führer angewiesen ist, die zum

Teil auch eine sehr eigene Meinung von den Dingen hatten. Wenn sie dich nicht mochten, konnten sie dich auch runterschr­eiben. Aber heute kann jeder ungefilter­t irgendetwa­s reinschrei­ben, das ist manchmal – puh! Ich habe mal mit jemandem gesprochen, der sich mit solchen Bewertungs­systemen auskennt. Er hat mir erzählt, dass bei einer Verkaufspl­attform alles unter vier Sternen nicht mehr gekauft wird. Das ist ein Riesenprob­lem und führt zu zahlreiche­n Fake-Bewertunge­n. Auch bei Restaurant­s.

Aber man orientiert sich daran. Es gibt in Hamburg ein sehr bekanntes Restaurant, was auf einem relativ geringen Level kocht und auch nichts Besonderes anbietet. Aber bei den Leuten ist es ungeheuer beliebt. Wenn man dahin gehen und essen würde, dann würde man wahrschein­lich denken: „Alter Schwede, was ist denn das?“Das Internet ist in dieser Hinsicht Fluch und Segen zugleich.

Steffen Henssler: „Hensslers schnelle Nummer – 100 neue Rezepte zum Erfolgsfor­mat“, Gräfe und Unzer, 240 Seiten, ISBN: 978-3-8338-77773, € 24.

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Fotos: Gräfe und Unzer/Frank von Wieding Steffen Henssler macht mit seiner Kochshow „Manche mögen's heiß!“auch in der Rockhal Station – der neue Termin für das Live-Event ist am 2. Juni 2022.
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