„Man findet alle Gäste gut, die bezahlen“
Steffen Henssler über sein neues Kochbuch für Leute ohne Geduld, nervige Deutsche und Lebensmittelunverträglichkeiten
Als Fernsehkoch, Gastronom und Kochbuchautor zählt Steffen Henssler zu den bekanntesten deutschen Vertretern seiner Zunft. Auf seiner Webseite hensslers-schnelle-nummer.de präsentiert der 48-Jährige regelmäßig neue Rezepte, die aufgrund weniger Zutaten und schneller Zubereitung alltagstauglich sind. Damit hat der Absolvent der „California Sushi Academy“offenbar einen Nerv getroffen. Nun gibt es 100 seiner beliebtesten Kochanleitungen auch analog: als Kochbuch.
Steffen Henssler, im Buch „Hensslers schnelle Nummer“präsentieren Sie Rezepte für Ungeduldige. Wie lang darf die Zubereitung dauern, um noch schnell zu sein?
Was heißt „ungeduldig“? Ich halte den Ansatz für sehr authentisch. Es gibt einmal den Steffen Henssler, der die Restaurants hat und sich viele Gedanken darüber machen muss. Das ist ein ganz anderer Auftrag. „Hensslers schnelle Nummer“spiegelt eher wider, wie ich zuhause koche. Ich stehe eigentlich ungern länger als 15 oder 20 Minuten in meiner Küche. Deswegen entspricht dieses Buch sehr genau meiner persönlichen Art zu kochen. Das hat weniger etwas mit Ungeduld zu tun. Man will die Menschen ja an den Herd locken. Und ich glaube, das gelingt einem weniger, wenn alles eine Dreiviertelstunde oder länger dauert. In dem Buch findet man überwiegend Rezepte, die zehn bis 15 Minuten in Anspruch nehmen, und ein paar, die auch mal 20 Minuten dauern.
Kochen als schnelle Nummer entspricht natürlich dem Zeitgeist und der Lebensrealität vieler Menschen. Kann das langsame Gegenstück für Sie auch ein meditativer Prozess sein?
Absolut! Online findet man auch schnelle Nummern, die diese Überschrift tragen, weil sie in der Zubereitung simpel sind und wenige Zutaten brauchen. Allerdings sind die Garprozesse hier länger. Es gibt ja teilweise schon Gerichte, wie krosse Kartoffeln aus dem Ofen, die eine Stunde brauchen. Aber grundsätzlich ist die schnelle Nummer für Menschen gedacht, die sich etwas Leckeres kochen wollen, ohne zu viel Zeit zu investieren. Natürlich ist es jedem freigestellt, zuhause den „Großen Lafer“aufzuschlagen und sich zwei Stunden Zeit für einen Braten zu nehmen.
Gibt es Zutaten, die man in Ihren Rezepten garantiert nie finden wird?
Ich setze immer auf simple Zutaten. Ich finde nichts schlimmer, als wenn ich erst noch tausend Läden aufsuchen muss, die irgendwelche Spezialitäten führen. Beim Thema Gewürze ist das Buch recht simpel gestrickt. Vielleicht braucht man mal ein bisschen Sojasoße. Du brauchst Tomaten und Parmesan, aber keine exotischen Sachen.
Was halten Sie vom Trend, Insekten zu verarbeiten?
Weiß ich nicht ... Das kommt ja immer wieder hoch, dass das der neue Eiweißlieferant schlechthin sein soll. Aber ich glaube, bis wir in Europa mit der Insektenklatsche dasitzen, um die Fliege von der Wand zu essen, dauert es noch ein bisschen.
Die Anzahl der Personen, die mit Nahrungsmittelallergien und Unverträglichkeiten kämpfen, steigt stetig. Wie kommentieren Sie diese Entwicklung?
Ja, das ist sehr schwierig. Ich frage mich immer, ob das stimmt. Ich glaube, dass das viele auch behaupten, um sich wichtig zu machen. Damit tun sie denen, die wirklich unter solchen Problemen leiden, keinen Gefallen. Ich frage mich immer, wogegen man alles allergisch sein kann und woher das kommt. Ich kann gut nachvollziehen, was für ein großes Problem echte Allergiker haben. Aber manchmal habe ich den Eindruck, dass sich manche Leute einfach einbilden, gegen dieses und jenes allergisch zu sein. Das ist schon manchmal ein bisschen komisch. Man hat den Eindruck, es gehört zum guten Ton, wenn jemand sagt, er wäre laktoseintolerant und kann nur Hafermilch trinken. Ist das wirklich so oder ist es gerade nur eine Modeerscheinung?
Über welche Art von Gästen ärgern sich Gastronomen wie Sie am meisten? würfeln und die Peperoni in dünne Ringe schneiden. Die Enden der Zucchini abschneiden, die Zucchini der Länge nach halbieren und in breite Halbmonde schneiden. Die Rucolablätter halbieren. Die Brotwürfel aus der Pfanne nehmen. Weiteres Olivenöl darin erhitzen und Hähnchenbrust, Peperoni und Zucchini vier Minuten darin braten. Mit Salz und Pfeffer würzen. Honig und Sojasoße dazugeben. Brotwürfel und Rucola in die Pfanne geben, einmal kurz durchschwenken, damit der Rucola leicht zusammenfällt. Den Salat zum
Schluss in zwei Schalen anrichten.
Eigentlich findet man erstmal alle Gäste gut, die bezahlen. Aber es gibt tatsächlich Gäste, die ein Restaurant mit dem festen Willen betreten, irgendetwas aufzuspüren, das sie nicht gut finden. Eigentlich sollte man mit einer gewissen Leichtigkeit ins Restaurant kommen und sich auf einen schönen Abend freuen. Wenn du schon mit der Lupe durch die Tür kommst, kann der Abend dich nicht befriedigen. Es ist ein deutsches Phänomen, danach zu suchen, was dir nicht gefällt. Wenn ein Deutscher in einem Top-Restaurant ein Zehn-Gänge-Menü bestellt und er findet neun Gänge sensationell, aber ein Gang hat ihm nicht so gut gefallen, dann wird er später zu allererst diesen einen Gang erwähnen. An die anderen wird er sich gar nicht mehr erinnern können, aber von diesem einen Gang wird er dir ausführlich erzählen.
Ich habe den Eindruck, dass sich manche Leute einfach einbilden, gegen dieses und jenes allergisch zu sein.
Und dann wird ein negativer Eintrag im Internet hinterlassen …
Ja, ganz wichtig, ganz wichtig! Es ist heutzutage elementar, dass man etwas schreibt. Manche Dinge kann man nicht aufhalten. Zum einen bin ich froh, dass man nicht mehr auf diese ganzen Restaurantführer angewiesen ist, die zum
Teil auch eine sehr eigene Meinung von den Dingen hatten. Wenn sie dich nicht mochten, konnten sie dich auch runterschreiben. Aber heute kann jeder ungefiltert irgendetwas reinschreiben, das ist manchmal – puh! Ich habe mal mit jemandem gesprochen, der sich mit solchen Bewertungssystemen auskennt. Er hat mir erzählt, dass bei einer Verkaufsplattform alles unter vier Sternen nicht mehr gekauft wird. Das ist ein Riesenproblem und führt zu zahlreichen Fake-Bewertungen. Auch bei Restaurants.
Aber man orientiert sich daran. Es gibt in Hamburg ein sehr bekanntes Restaurant, was auf einem relativ geringen Level kocht und auch nichts Besonderes anbietet. Aber bei den Leuten ist es ungeheuer beliebt. Wenn man dahin gehen und essen würde, dann würde man wahrscheinlich denken: „Alter Schwede, was ist denn das?“Das Internet ist in dieser Hinsicht Fluch und Segen zugleich.
Steffen Henssler: „Hensslers schnelle Nummer – 100 neue Rezepte zum Erfolgsformat“, Gräfe und Unzer, 240 Seiten, ISBN: 978-3-8338-77773, € 24.