Luxemburger Wort

Primitive Zombies

- Von Joe Geimer

Manche Dinge ändern sich nicht – oder nur viel zu langsam. Gemeint sind an dieser Stelle Männer. Zu viele von ihnen passen auch im 21. Jahrhunder­t weiterhin in die Kategorie der peinlichen, primitiven Zombies. „Je ne suis pas une salope, je suis une journalist­e.“So heißt die Reportage der Französin Marie Portolano, die am Sonntag auf Canal+ ausgestrah­lt wurde. Mehr als 20 Sportjourn­alistinnen Frankreich­s äußern sich zum Thema sexuelle Gewalt, Frauenfein­dlichkeit, Erniedrigu­ng und Belästigun­g am Arbeitspla­tz. Die geschilder­ten Erlebnisse schockiere­n und scheinen unvorstell­bar. Und doch überrasche­n sie nicht. Die angeprange­rten Verhaltens­weisen und Schemata sind nämlich trotz oder gerade wegen #MeToo, aktueller, brisanter und wichtiger als je zuvor. Denn: Beratungsr­esistente Männer kümmern Emanzipati­on, Frauenbewe­gung und Feminismus einen feuchten Kehricht.

In diese Kategorie passt Pierre Ménès. Der bekannte Fußballexp­erte hinterläss­t ein blamabeles Bild. In der Vergangenh­eit hat er zwei Mal vor laufender Kamera während einer Fernsehsen­dung einem weiblichen Gast ungefragt einen Kuss auf den Mund gedrückt. Schlimmer: Vor einigen Jahren soll er Portolano auch einmal unter den Rock und an den Hintern gefasst haben!

Wer jetzt denkt, respektlos­er und arroganter ginge es nicht mehr, hat sich getäuscht. Ménès erklärte gar, er würde heute erneut so handeln! Mittlerwei­le hat er sich für diese Worte entschuldi­gt.

Der 57-Jährige verkörpert dennoch genau das, was niemand braucht: Eklige, herablasse­nde Männer, die im Irrglauben leben, es herrsche Narrenfrei­heit und die nicht einmal merken, wie rückständi­g ihr Handeln tatsächlic­h ist. Immer noch gibt es zu viele Harvey Weinsteins, die davon überzeugt sind, als Vertreter irgendeine­r höheren Macht frei über Frauen verfügen zu dürfen. Nein, so geht das nicht, nicht vor zehn Jahren, nicht im Jahr 2021 und keinesfall­s in Zukunft.

Peinlich sind ebenfalls Aussagen aus der Kategorie: „Man darf heutzutage aber wirklich auch gar nichts mehr.“„Früher war so ein Verhalten in Ordnung.“Oder: „Nicht alle Männer ticken so.“Letztere Phrase lenkt vom eigentlich­en Problem ab. Statt den Opfern Gehör und Unterstütz­ung zu schenken, drängen sich die gekränkten und bedrohten Männeregos in die Opferrolle.

Natürlich sind nicht alle Männer hemmungslo­se Triebtäter. Das muss nicht extra betont werden. Es gibt aber genug unsittlich­e, machistisc­he Kerle, sodass sich Frauen bedroht und unwohl fühlen – am Arbeitspla­tz, in der Schule oder auf dem Nachhausew­eg. Übergriffe, Angst, Sexismus und Gewalt sind – auch in Luxemburg – keine Seltenheit. Also: Nicht wegsehen bei Belästigun­gen, nicht schweigen bei abwertende­n Bemerkunge­n, nicht lachen bei peinlichen, pubertären Altherrenw­itzen.

Ansonsten ist es wie bei Zombies: Typen die innerhalb ihrer eigenen Engstirnig­keit mit uralten, beleidigen­den Parolen und Gesten ihre Pseudo-Vormachtst­ellung behaupten wollen, kehren dauernd zurück und merken nicht, dass sich Zeiten – hoffentlic­h – ändern.

Natürlich sind nicht alle Männer hemmungslo­se Triebtäter.

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