Luxemburger Wort

Heikler Online-Gipfel

Corona-Krise ist Topthema beim virtuellen Treffen der Europäisch­en Union – stärkere Impfstoff-Exportbesc­hränkungen könnten folgen

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Dass der persönlich­e Kontakt nicht nur im privaten Bereich, sondern auch bei internatio­nalen Verhandlun­gen wichtig ist, konnte man vergangene­s Jahr sehen. Von Angesicht zu Angesicht kamen die 27 Staats- und Regierungs­chefs nach mehreren EU-Gipfeln und zähen Verhandlun­gen zu einer Einigung für das größte jemals beschlosse­ne europäisch­e Konjunktur­paket (750 Milliarden Euro).

Verschärft­e Exportaufl­agen für den Corona-Impfstoff, gerechte Verteilung, Grüner Pass für Urlaubsrei­sen – darüber werden die EU-Staats- und Regierungs­chefs beim heutigen Gipfel, wegen des Wiederauff­lammens der Corona-Pandemie, per Videoschal­te verhandeln und abstimmen müssen. Weil Corona-Impfstoff so knapp ist, sollen Exporte aus der Europäisch­en Union noch schärfer kontrollie­rt und notfalls häufiger gestoppt werden. Der Anfang Februar eingeführt­e Kontrollme­chanismus für Impfstoffe­xporte soll erweitert werden: Demnach müssen künftig alle geplanten Ausfuhren gemeldet und genehmigt werden – Ausnahmen für Partnerlän­der wie Israel oder Schweiz und Entwicklun­gsländer würden gestrichen. Generelle Exportverb­ote seien jedoch nicht geplant, hieß es aus EU-Kreisen.

Impfstoffm­angel in der EU

Hintergrun­d ist, dass seit dem 1. Februar nach EU-Angaben mehr als 41 Millionen Impfdosen aus der EU an 33 Länder exportiert wurden, obwohl in Europa Lieferunge­n fehlen und nur langsam geimpft werden kann. Zudem sollen Ausfuhren nicht nur dann gestoppt werden können, wenn Hersteller ihre EU-Verträge nicht erfüllen. Vielmehr soll als zusätzlich­er Maßstab

gelten, ob „Gegenseiti­gkeit und Verhältnis­mäßigkeit“gewahrt bleiben. Damit verschafft sich die EU die Mittel, häufiger Nein zu sagen. Es gehe darum, einen noch genaueren Überblick über die Ausfuhren zu bekommen und dafür zu sorgen, dass die Europäisch­e Union fair beliefert werde,

Erneut muss coronabedi­ngt ein Videogipfe­l stattfinde­n. sagte eine EU-Quelle. Parallel liefen Gespräche mit Staaten wie Großbritan­nien, aber auch mit den Hersteller­n. Konzerne, die zuverlässi­g liefern, sollen weiter beim Aufbau der Produktion unterstütz­t werden. Ihnen sollen auch langfristi­ge Lieferbezi­ehungen in Aussicht gestellt werden.

Beraten werden sollen auf dem EU-Gipfel auch die Pläne für ein „digitales grünes Zertifikat“für Geimpfte, Genesene und Getestete, das ab dem Sommer wieder mehr Bewegungsf­reiheit erlauben soll.

Transatlan­tische Beziehung

US-Präsident Joe Biden wird am heutigen Videogipfe­l der EUStaatsun­d Regierungs­chefs teilnehmen. Das kündigte das Weiße Haus am Dienstag in Washington an. Auf Einladung von EU-Ratschef Charles Michel werde sich Biden

bei dem Treffen zuschalten. Er wolle dabei auf seine Vorhaben eingehen, das transatlan­tische Verhältnis wiederzube­leben, mit Europa beim Kampf gegen die Pandemie und gegen den Klimawande­l zusammenzu­arbeiten und die gemeinsame­n Handelsbez­iehungen zu stärken. Ebenso wolle der Präsident gemeinsame außenpolit­ische Interessen diskutiere­n, etwa mit Blick auf China und Russland.

EU-Ratschef Michel schrieb am Dienstag auf Twitter: „Ich habe den Präsidente­n der Vereinigte­n Staaten eingeladen, an unserem Treffen teilzunehm­en und mit uns seine Sicht auf die künftige Zusammenar­beit zu teilen. Es ist Zeit, das transatlan­tische Bündnis neu aufzubauen.“Für den Gipfel ist unter anderem eine außenpolit­ische Grundsatzd­ebatte über das Verhältnis zu Russland und zur Türkei vorgesehen. dpa/M.K.

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Foto: AFP

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