Luxemburger Wort

Oster-Lockdown im Osten Österreich­s

In Wien und anderen östlichen Regionen der Alpenrepub­lik werden rund um die Feiertage die Corona-Maßnahmen verschärft

- Von Stefan Schocher (Wien)

Daraus, was ihm so vorschwebe, hat Österreich­s Gesundheit­sminister Rudolf Anschober (Grüne) nie einen Hehl gemacht: Seit Tagen hatte er davon geredet, dass man die „Notbremse“ziehen müsse. In ganz Österreich wohlgemerk­t. Ein „Paket, das wirklich hilft, den drohenden Kollaps der Spitäler zu verhindern“hatte er zuletzt gefordert.

Und Maßnahmen kommen jetzt zumindest in Wien, Niederöste­rreich und dem Burgenland – allerdings zeitlich begrenzt. Oder anders gesagt: Ostösterre­ich geht über Ostern in ein Lockdownch­en, der Handel (mit Ausnahme von Supermärkt­en und Apotheken) sowie Geschäfte, die körpernahe Dienstleis­tungen anbieten, werden von Gründonner­stag bis Dienstag nach Ostern geschlosse­n – ein verlängert­es Lockdown-Wochenende inklusive Ausgangsbe­schränkung­en also. Die Schulen gehen nach den Osterferie­n erneut in den Fernunterr­icht.

Landesweit­e Inzidenz bei 247

In ganz Österreich steigen die Infektions­zahlen – und das ausgehend von einem hohen Niveau nach der nie ganz abgeflaute­n zweiten Welle. Landesweit liegt die Inzidenz bei 247 (Stand Mittwoch). Zur Problemreg­ion hat sich vor allem der Osten Österreich­s entwickelt: In Wien liegt die Inzidenz bei 298, in Niederöste­rreich bei 292 und im Burgenland bei 283. Punktuell liegen die Werte allerdings weit darüber: In Burgenland­s Hauptstadt Eisenstadt etwa (647) oder der 50 Kilometer südlich von Wien gelegenen Stadt Wiener Neustadt (471).

Es ist die britische Mutation, die in Ostösterre­ich zur dominanten Variante geworden ist. Und in Wien hat das massive Folgen: Die Auslastung der Intensivst­ationen liegt weit über dem bereits als kritisch eingestuft­en Wert von Mitte November am Höhepunkt der zweiten Welle. In den Spitälern der Hauptstadt – medizinisc­hes Zentrum für die gesamte Ost-Region – wurden nicht lebensnotw­endige Operatione­n bereits verschoben.

Dass es jetzt regionale Maßnahmen geben wird, passt dabei durchaus in den Fahrplan der Bundesregi­erung. Die Ausarbeitu­ng von Details allerdings, die ist dabei ein Parcours voller parteipoli­tischer Fallstrick­e. Letztlich, so hieß es gestern, habe sich bei den auf die Ostregion fokussiert­en Gesprächen vor allem Niederöste­rreichs Landeshaup­tfrau Johanna Mikl Leitner (ÖVP) mit Rückendeck­ung

von Parteifreu­nd und Kanzler Sebastian Kurz gegen weitreiche­ndere Pläne Anschobers und auch der Wiener Stadtregie­rung quergelegt.

Bei den Gesprächen am Montag, als der Gesundheit­sminister mit allen Landeschef­s beriet, war dessen Ruf nach einer „Notbremse“komplett ohne Folgen geblieben. Trotz bundesweit steigender Zahlen gab es keine zusätzlich­en Maßnahmen. Man blieb beim angestrebt­en Automatism­us, „Hochinzide­nzgebiete“(über einer Inzidenz von 400) abzuriegel­n.

Administra­tiver Drahtseila­kt

Das hat sich in den bergigen Regionen Österreich­s als einigermaß­en effiziente­r Weg erwiesen. Im Osten Österreich­s ist die Ausgangsla­ge für solche Maßnahmen aber eine völlig andere. Der Ballungsra­um Wien hat knapp drei Millionen

Einwohner – das ist ein Drittel der Bevölkerun­g Österreich­s. Die Region ist wirtschaft­lich eng vernetzt, die Mobilität zwischen Städten und Orten der Region ist hoch.

Man wolle den Betrieb massiv herunterfa­hren, so Anschober gestern. Und die Ankündigun­g der Maßnahmen nutzte der Minister auch für eine kleine Breitseite gegen seine Gesprächsp­artner vom Montag. Denn für eine Öffnung waren nicht zuletzt auch viele Landeshaup­tleute eingetrete­n. Die Entwicklun­g in Ostösterre­ich, so Anschobers Befürchtun­g, werde vor anderen Bundesländ­ern nicht haltmachen. Froh sei er jedenfalls, dass die in den vergangene­n Wochen angedachte­n Öffnungssc­hritte nun abgesagt seien. Auch er würde lieber im Schanigart­en sitzen, so Anschober. „Aber das ist jetzt nicht die Zeit für Öffnungen.“

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