Weiterbildung à la Netflix
Die Firma „Change the work“überträgt Erfolgsrezepte der Streaming-Plattform auf digitales Lernen
Geeignete Lerninhalte sind schwer zu finden und nicht immer attraktiv aufbereitet, lautet oft die Kritik derjenigen, die sich weiterbilden sollen oder wollen. Vorbilder für attraktive Plattformen im Web gibt es aber genug – Netflix beispielsweise. Wie wäre digitales Lernen gestaltet, wenn Netflix die Sache in die Hand nehmen würde? Sarah Akel, Direktorin für Innovation beim französischen Unternehmen „Change the work“, ist genau dieser Frage nachgegangen und hat offensichtlich eine Alternative gefunden. Die Grundidee dahinter: Managern ganz einfach TV-Serien bereitstellen, die gewisse Themenfelder und passende Inhalte anbieten.
Das Konzept beruht auf der Feststellung, dass immer mehr komplexe und sehr ausgetüftelte Lernmanagementsysteme (LMS) entstehen. „Das alles geschieht in guter Absicht. Doch viele Mitarbeiter honorieren diese Bemühungen und Entwicklungen leider kaum. Die Verantwortlichen für digitales Lernen in den Unternehmen haben es schwer, die Mitarbeiter auf ihren Plattformen zu halten. Und doch verbringen dieselben Mitarbeiter Stunden damit, sich Filme und Serien auf Netflix anzuschauen.“Und so entstand die Idee, die Erfolgsrezepte der weltweit größten Streaming-Plattform auf die Weiterbildung zu übertragen.
Sarah Akel ist sich sicher: „Eine moderne Lernplattform muss heute viel mehr bieten als die Content-Datenbanken früherer Tage.“Dabei sollten Führungskräfte vor allem auch „Spaß beim Lernen haben“. Das gelte vor allem in diesen außergewöhnlichen Zeiten, denn viele Manager würden unter den Belastungen der Corona-Krise leiden; „Burn out und Depressionen haben stark zugenommen. Viele haben das Gefühl, ständig unter Spannung zu stehen“, sagt Sarah Akel. „TV-Serien, die Spaß machen und unterhalten, gleichzeitig aber auch einen Beitrag zu Weiterbildung leisten – genau das steht im Zentrum unseres Projekts. Wir versuchen so gut wie möglich, die Rezepte von Youtube und Netflix für die Weiterbildung von Führungskräften zu nutzen.“
Führung, wenn alle im Home Office sind
Die erste Serie nennt sich „Visio, boulot, dodo“und erzählt die Geschichte von Max und seinem Team, das sich von einem Tag auf den anderen auf Heimarbeit umstellen muss. „Man folgt über mehrere Episoden einem etwas verwirrten Manager, der manchmal komisch reagiert, am Anfang alles unter Kontrolle haben will und schließlich feststellt, dass es im Homeoffice nur eingeschränkt möglich ist. Die Serie besteht aus zehn Episoden; jede Episode behandelt ein Thema und dauert zwischen fünf und sieben Minuten“, erklärt Sarah Akel. Anhand dieser Geschichte sollen Führungskräfte lernen, wie man Vorurteile abbaut, ganze Teams von zu Hause aus leitet, Mitarbeiter im Homeoffice unterstützt und Unwohlsein einiger Mitarbeiter erkennt.
„Die Manager sehen sich eine Episode an und dann greift ein Coach den Inhalt des Filmes auf, um einen pädagogischen Beitrag und konkrete Werkzeuge einzubringen“, erklärt Sarah Akel weiter. Dank der geringen Dauer pro Einheit können die Filme ideal in den Arbeitsalltag integriert oder auch in der Freizeit genutzt werden. Bei Bedarf kann der Lernende jederzeit einfach die Pausentaste
drücken – genau wie bei einem gestreamten Netflix-Programm – und die Serie bei nächster Gelegenheit fortsetzen. Ein weiterer Vorteil: „Angesichts der Tatsache, dass die Unternehmen immer globaler werden, kann unser Angebot von allen Mitarbeitern überall auf der Welt in Anspruch genommen werden“, so die Direktorin.
Start-up freut sich über große Nachfrage
Das Team rund um Sarah Akel ist mit den ersten Ergebnissen zufrieden und möchte das neue Format weiterführen, neue Serien entwickeln. „Die Nachfrage ist sehr groß, wir bekommen viele Anfragen aus Frankreich und dem Benelux. Unsere Filme gibt es zurzeit in französischer Sprache, man kann aber auch die Untertitel in anderen Sprachen verwenden.“Zu den Kunden zählen große französische und internationale Unternehmen wie Axa, Crédit Agricole, CNES, Servier, Canal Plus, Coca Cola oder Suez.
Das Start-up „Change the work“wurde 2016 in Frankreich gegründet und ist auf digitales Lernen und Weiterbildung für Manager und Mitarbeiter in der Personalabteilung spezialisiert. Die digitalen Inhalte und Produkte können von der Stange für interne Lernmanagementsysteme von großen Unternehmen gekauft werden. Das Start-up freut sich über seinen Erfolg und sieht sich für die Zukunft gut gerüstet, da viele Unternehmen mehr Heimarbeit planen. „Das digitale Lernen wird künftig eine noch größere Rolle spielen. Es wird aber auch in Zukunft die Basiskompetenz eines jeden Vorgesetzten sein, dass er die Arbeit im Homeoffice effizient koordiniert,“so Sarah Akel.
Mit TV-Serien ist lernen leicht und macht auch Spaß. Sarah Akel, Change the work