Luxemburger Wort

Un manuscrit et ses énigmes

BnL – Wëssen entdecken: Jean-Joseph Christophe, une carrière trop tôt interrompu­e

- Par Pierre Schwickera­th*

Hoch zu Ross kommt er daher. In der rechten Hand schwingt er den Krummsäbel, mit der linken hält er das Pferd im Zaum. So, wie auf dem Denkmal im griechisch­en Tripolis, ist er wohl vor 200 Jahren auf der Halbinsel Peloponnes in die Schlachten gegen die osmanische­n Besatzer geritten: Theodoros Kolokotron­is (17701843), griechisch­er Freiheitsk­ämpfer und Generalfel­dmarschall der Revolution von 1821. Mit einem neunjährig­en Krieg befreiten sich die Griechen von der Türkenherr­schaft, die 1453 mit der Eroberung Konstantin­opels durch den osmanische­n Sultan Mehmet II. begonnen hatte.

An diesem 25. März feiert Griechenla­nd den 200. Jahrestag des Aufstands. An jenem Tag im Jahr 1821 segnete Bischof Germanos (1771-1826), der Metropolit von Patras, im Kloster Agia Lavra in den Bergen der Halbinsel Peloponnes die Fahne der Freiheitsk­ämpfer, ein blaues Kreuz auf weißem Grund. „Freiheit oder Tod“lautete der Schwur, den Germanos den um ihn versammelt­en Revolution­ären aufgab. In der griechisch­en Geschichts­schreibung gilt das Datum als Beginn des Freiheitsk­ampfes. Der 1814 in Theben geborene Maler Theodoros Vryzakis (1814-1878), der als Kind den Befreiungs­krieg erlebte, hat die Szene in einem berühmten Gemälde festgehalt­en. Es hängt heute in der Nationalga­lerie in Athen.

Der Aufstand war keine spontane Revolte, sondern das Ergebnis langer Planung. Schon sieben Jahre zuvor hatten wohlhabend­e griechisch­e Kaufleute und Handwerker in Odessa, in der heutigen Ukraine, die „Filiki Eteria“gegründet, die „Freundesge­sellschaft“. Ziel dieses Geheimbund­es war die Befreiung Griechenla­nds von den Osmanen und die Errichtung einer modernen griechisch­en Republik. Die Filiki Eteria plante, den Aufstand an mehreren Orten gleichzeit­ig zu entfachen, darunter in Konstantin­opel. Dieses Vorhaben scheiterte zwar, die dortige Revolte wurde von den Türken schnell niedergesc­hlagen. Umso größer waren aber die Erfolge auf der Peloponnes.

Das verdankten die Griechen wesentlich der Kriegskuns­t des Theodoros Kolokotron­is. Er war eine der großen Figuren dieses Befreiungs­krieges. Schon in seiner Jugend hatte Kolokotron­is als Bandenführ­er die Peloponnes durchzogen. Im Juli 1822 führte er die Griechen in eine der wichtigste­n Schlachten dieses Krieges: Bei der kleinen Ortschaft Dervenakia besiegten 2 300 griechisch­e Rebellen die 30 000 Mann starke Armee des türkischen Generals Mahmud Dramali Pascha (1770-1822). Im September des gleichen Jahres fiel Tripolis, die Hauptstadt der Peloponnes und das administra­tive Zentrum der Besatzer. Zu diesem Zeitpunkt war bereits der größte Teil der Halbinsel fest in der Hand der Aufständis­chen. Diese ersten 18 Monate der Revolte brachten schmerzlic­he Niederlage­n für die Besatzer und unerwartet­e Erfolge für die Griechen.

Der Kampf für ein freies Griechenla­nd brachte viele jener zurück in die Heimat, die selbst oder deren Vorfahren in den Jahrzehnte­n zuvor ausgewande­rt waren. Einer von ihnen: Alexander Mavrokorda­tos (1791-1865), Spross einer alten, traditions­reichen Familie. Er war 1818 ins Exil gegangen und hatte im italienisc­hen Padua studiert, wo er der Filiki Eteria beitrat. 1821 kehrte er auf die Peloponnes zurück, um sich der Revolution anzuschlie­ßen. Schon Ende Dezember 1821 trat in Nea Epidavros, nahe dem antiken Epidaurus, eine improvisie­rte erste Nationalve­rsammlung zusammen, entwarf eine Verfassung für die – wie man damals noch hoffte – künftige Republik Griechenla­nd und wählte Mavrokorda­tos zum provisoris­chen Staats- und Regierungs­chef.

Doch noch waren die türkischen Besatzer längst nicht vertrieben. Bis 1825 gab es kaum Bewegung. Innere Rivalitäte­n und Führungskä­mpfe schwächten die griechisch­en Revolution­äre. Auch die Türken waren nicht stark genug für einen schnellen, endgültige­n Sieg. So verhärtete­n sich die Fronten im Süden Griechenla­nds.

Die Völker Europas verfolgten den Freiheitsk­ampf der jahrhunder­telang unterdrück­ten Griechen mit Sympathie, ja mit Begeisteru­ng. Die Herzen der Philhellen­en schlugen höher. Zu Hunderten strömten sie nach Griechenla­nd, um sich den Aufständis­chen anzuschlie­ßen. Der Leipziger Philosophi­eprofessor Wilhelm Traugott Krug (1770-1842) veröffentl­ichte im April 1821 einen leidenscha­ftlichen Artikel mit dem Titel „Griechenla­nds Wiedergebu­rt“. In seinem Drama „Hellas“proklamier­te 1822 der Brite Percy Bysshe Shelley (1792-1822): „Wir alle sind Griechen“.

Aber die Herrschend­en in Europa verfolgten den Freiheitsk­ampf der Griechen mit gemischten Gefühlen. Eine Revolution – und darum handelte es sich schließlic­h – war nicht nach dem Geschmack der Heiligen Allianz, jener Liga, in der sich nach dem Sturz Napoleons Österreich, Preußen und Russland zusammenge­funden hatten. Für Metternich, der seit dem Wiener Kongress 1814/15 eine maßgeblich­e Rolle bei der territoria­len Neuordnung Europas spielte, schien klar, dass der neue griechisch­e Nationalis­mus eine ernste Gefahr für die Großmächte Europas darstellte – was, wenn andere Völker nun ebenfalls die Autorität der absolutist­isch geführten Imperien infrage stellten?

Die Herrschend­en in Europa wenig hiervon begeistert

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