Begeisterung entfachen
Journalist Serge Pauly erklärt, wie RTL Lëtzebuerg die Übertragung der Formel 1 angeht
Es war eine unerwartete Mitteilung, als RTL Lëtzebuerg vor einem Monat verkündete, dass es sich für drei Jahre die Rechte an der Formel 1 gesichert hat und diese live übertragen wird. „Das war auch für uns Journalisten eine Überraschung. Aber es ist eine Herausforderung, die wir gerne angenommen haben“, gibt Serge Pauly zu, der die Motorsport-Königsklasse zusammen mit Franky Hippert kommentieren wird. „Persönlich habe ich mich immer sehr für den Automobilsport interessiert. Die Formel 1 kommentieren zu dürfen, passt demnach perfekt zu mir.“
In den vergangenen Wochen musste sich Pauly akribisch auf die neue Aufgabe vorbereiten. Dabei standen vorwiegend organisatorische Dinge im Vordergrund. Wie viele Bildschirme benötigen die Kommentatoren? Welche Grafiken wollen sie während der Livesendung sehen und können sie sich dabei Zeitlupen anschauen?
„Wir haben uns mit vielen technischen Fragen auseinandergesetzt“, sagt der 43-jährige Pauly. „Ich habe zwar mehrere Autosport-Zeitschriften abonniert, muss aber zugeben, dass ich in den vergangenen Wochen nicht so viel Zeit hatte, mir diese anzuschauen. Die inhaltliche Vorbereitung ist vielleicht etwas zu kurz gekommen, weil wir erst das ganze Drumherum
organisieren mussten. Aber diese Woche bringen wir uns auch inhaltlich auf den neuesten Stand.“
Vokabeln und Statistiken lernen
Als sportbegeisterte Journalisten haben Pauly und Hippert sowieso gewisse Grundkenntnisse und müssen die Formel 1 nicht neu kennenlernen. Trotzdem hat Pauly am vergangenen Wochenende das technische und sportliche Reglement durchgelesen. „200 Seiten in teils kompliziertem Englisch“, scherzt er. „Wir müssen natürlich die Grundlagen kennen und wissen, was erlaubt ist und wofür die Fahrer auf der Strecke bestraft werden können. Wir müssen uns aber wiederum nicht so gut auskennen, dass wir gleich selbst ein ganzes Formel-1-Auto zusammenbauen können.“
Die spezifischen Formel-1Vokabeln müssen gelernt werden, aber auch mit einigen Grundstatistiken müssen sich die Kommentatoren auseinandersetzen, zum Beispiel wie viele Siege Mercedes-Star Lewis Hamilton (GB) bereits eingefahren hat. „Wir wollen den Zuschauern komplizierte Dinge so erklären, dass jeder sie versteht.“
Pauly und Hippert bilden sozusagen das Stammduo bei den Qualifyings und Rennen, die bei RTL Zwee und online bei RTL Play gezeigt werden. Die Freien Trainings (nur online) werden von Tom Hoffmann begleitet. „Bei einem vollen Kalender mit 23 Rennwochenenden kann es aber natürlich mal sein, dass einer von uns von einem Kollegen ersetzt wird.“
Die Berichterstattung beginnt 30 Minuten vor Rennstart. Diese Zeit will natürlich mit Inhalt gefüllt werden, vor Ort wird aber erst einmal kein RTL-Team sein. „Zumindest in der ersten Saisonhälfte werden wir wegen der Pandemie nur von Luxemburg aus berichten“, erklärt Pauly. „Es könnte sein, dass wir nach der Sommerpause bei vereinzelten Rennen vor Ort sind. Dafür gibt es aber noch keine konkreten Pläne, und vieles hängt auch von der weiteren Entwicklung der Pandemie ab.“
Ich glaube, Mercedes ist ziemlich gut im Bluffen. RTL-Kommentator Serge Pauly
Wir wollen den Zuschauern komplizierte Dinge so erklären, dass jeder sie versteht. RTL-Kommentator Serge Pauly
Die Mischung macht's
Weil viele Fernsehsender in Corona-Zeiten keine Mitarbeiter zu den Rennen schicken können oder dürfen, bietet die Betreibergesellschaft der Formel 1 selbst eine Menge Reportagen an, die die Rechteinhaber verwenden dürfen. „Vor den Rennen werden quasi alle Fahrer um ein Statement gebeten. Da bekommen wir wohl mehr Material, als wir verarbeiten können. Natürlich ist es besser, eigene Interviews zu haben, doch das ist in der jetzigen Situation nicht möglich.“
Zum Angebot gehören ebenfalls Hintergrundreportagen, in denen zum Beispiel die technischen Aspekte der Autos grafisch einfach dargestellt werden.
Den komplizierten Sport einfach erklären und die Begeisterung rüberbringen – das ist die Devise, auf die sich Pauly mit seinen Kommentatorenkollegen geeinigt hat: „Unser Publikum ist breit gefächert, es schauen nicht nur Experten zu. Natürlich wollen wir einige spezifische Dinge erklären, aber die Sendung soll kein Technik-Lexikon werden. Wir wollen aber auch nicht jedes Wochenende wieder die Grundlagen der Formel 1 erklären.“
Es gelte demnach, eine gute Mischung zu finden und auch mal über Dinge zu sprechen, die neben der Strecke passieren.
Pauly sieht Hamilton vorne
Pauly selbst glaubt, dass Hamilton seinen achten WM-Titel holen wird, auch wenn das MercedesTeam bei den Testfahrten nur hinterherfuhr: „Mercedes war noch nie Testweltmeister. Ich glaube, der Rennstall ist ziemlich gut im Bluffen. Wobei es diesmal ein sehr guter Bluff gewesen sein muss, denn es waren schon Probleme erkennbar. Auf diese Tests darf man trotzdem nicht zu viel Wert legen.“
Der Journalist hofft, dass vor allem Red Bull mit Max Verstappen (NL) und Sergio Perez (MEX) die Saison lange offen halten kann und dass McLaren einen Sprung nach vorne macht: „Das hat bei den Tests gar nicht so schlecht ausgesehen. Aber schlussendlich ist es uns egal, wer am Ende Weltmeister wird. Wir wollen spannende Rennen erleben und die Zuschauer dafür begeistern.“