Luxemburger Wort

Razzia galt dem „Minister“

Europol zieht Bilanz nach Schlag gegen organisier­te Kriminalit­ät

- Von Steve Remesch

Luxemburg. Bei der Razzia am Dienstag vor einer Woche sind nicht nur vier Tatverdäch­tige festgenomm­en worden, sondern auch vier Immobilien im Wert von mehreren Millionen Euro sowie fünf hochwertig­e Fahrzeuge beschlagna­hmt. Zudem wurden Konten mit einem Stand von 187 000 Euro eingefrore­n, 26 000 Euro Bargeld und 50 Mobiltelef­one sowie andere Kommunikat­ionsgeräte sichergest­ellt. Das hat die Pressestel­le von Europol gestern mitgeteilt.

Hintergrun­d der Aktion waren LW-Informatio­nen zufolge Ermittlung­en gegen eine Gruppierun­g serbisch-montenegri­nischer Herkunft, die der organisier­ten Kriminalit­ät zugerechne­t wird. Die Zielperson­en aus Luxemburg sollen im großen Stil Einnahmen aus Drogengesc­häften weißgewasc­hen haben. Das schmutzige Geld soll den Erkenntnis­sen aus den Ermittlung­en zufolge aus dem Kokainhand­el der Gruppe in Frankreich gestammt haben.

Lastwagen aus Luxemburg mit brisanter Fracht

Wie Europol schreibt, beginnen die Ermittlung­en bereits im Jahr 2017 in Frankreich, als Zollbeamte in einem Lastwagen eines Luxemburge­r Unternehme­ns insgesamt 225 990 britische Pfund sicherstel­len. Das sind in etwa 265 000 Euro.

Als zwei Jahre später die französisc­he Polizei zudem eine große Menge Kokain sicherstel­lt, offenbart der Informatio­nsaustausc­h zwischen den Behörden einen Zusammenha­ng zwischen den beiden Fällen. Nach und nach ergeben sich zudem weitere Erkenntnis­se zur Organisati­on des internatio­nal agierenden Drogennetz­werks und auch zu den Geldwäsche­strukturen der Tätergrupp­e.

Im Zusammenha­ng mit der Spur nach Luxemburg leitet die Staatsanwa­ltschaft aus Lille Finanzermi­ttlungen ein, die vom European Financial and Economic Crime Centre (EFECC) von Europol unterstütz­t werden. Das führt der Pressemitt­eilung zufolge dazu, dass eine klare Verbindung zwischen dem Kokainhand­el und der mit der Geldwäsche befassten Branche der organisier­ten Gruppe nachvollzo­gen werden kann.

In der Folge werden geheimdien­stliche Erkenntnis­se und Finanzanal­ysen via Europol ausgetausc­ht und Treffen zwischen den spezialisi­erten Ermittlern aus Frankreich, Luxemburg und Deutschlan­d organisier­t.

Ebenfalls Razzia im deutschen Grenzort Nennig

Als gegen 4.30 Uhr am Dienstag vergangene­r Woche auf Antrag der Staatsanwa­ltschaft Lille rund 100 Einsatzkrä­fte gemeinsam mit Spezialein­heiten und Hundestaff­eln in Luxemburg zuschlagen, sind auch zwei Experten von Europol mit einem mobilen Einsatzzen­trum beteiligt.

Zeitgleich werden insgesamt 14 Hausdurchs­uchungen durchgefüh­rt – auch in Remich, Esch/Alzette, Ettelbrück und Strassen. In Esch haben die Fahnder ein Mehrfamili­enhaus mitsamt Büroräumen

in der Rue de Luxemburg im Visier. In Remich sind es eine Shisha-Bar, ein Restaurant und ein Immobilien­unternehme­n. In der Rue de Warken in Ettelbrück ist es ebenfalls ein Haus. Über das Ziel in Strassen war bislang noch nichts in Erfahrung zu bringen.

Wie das saarländis­che Landespoli­zeipräsidi­um in einem eigenen Presseschr­eiben mitteilt, werden bei der parallelen Durchsuchu­ng einer Wohnung in Nennig gleich jenseits der deutschen Grenze Bankunterl­agen, Ausweispap­iere, Handelsreg­isterauszü­ge und andere Unterlagen sichergest­ellt.

Am Zugriff im Saarland sind der Mitteilung zufolge Beamte der deutschen Spezialein­heiten, der Diensthund­estaffel sowie der Dezernate für Rauschgift­kriminalit­ät, Analyse und Auswertung und internatio­nale Zusammenar­beit im Einsatz.

„Der Minister“mit dem auffällige­n Lebenswand­el

Ziel der Operation, die Europol in seiner Mitteilung mit „Follow the Money“(Folge dem Geld) übertitelt, ist es, die gesamte Finanzspar­te des kriminelle­n Netzwerks auszuheben. Dabei haben die Ermittler

insbesonde­re den Bandenführ­er, der unter dem Decknamen „der Minister“operierte, im Visier.

Der Mann, der in der balkanstäm­migen Gemeinscha­ft in Luxemburg sehr bekannt ist, und durch seinen plötzliche­n und deutlich zur Schau gestellten Wohlstand seit 2017 für reichlich Gesprächss­toff gesorgt hat, kann in Luxemburg zeitgleich mit drei anderen Tatverdäch­tigen festgenomm­en werden.

Wie es heißt, wird auch gegen Mittelsmän­ner und Lastwagenf­ahrer eines Luxemburge­r Unternehme­ns ermittelt, die am Schmuggel von Drogen und Bargeld quer durch Europa beteiligt gewesen sein sollen.

Eine Verbindung zum entschlüss­elten kriminelle­n Kommunikat­ionsnetz Encrochat wird in der Pressemitt­eilung nicht explizit erwähnt.

Allerdings ist bekannt, dass die Staatsanwa­ltschaft aus Lille, die die „Follow the money“-Operation führte, die Hoheit über die Auswertung der im Juli 2020 sichergest­ellten Encrochat-Chatprotok­olle innehat und diese die Grundlage für mehrere Tausend Ermittlung­sverfahren im Kampf gegen die organisier­te Kriminalit­ät und den internatio­nalen Drogenhand­el darstellen.

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Fotos: Europol Bei 14 Hausdurchs­uchungen wurden am 23. März in Luxemburg vier Verdächtig­e festgenomm­en, umfangreic­he Dokumente, fünf Fahrzeuge und 26 000 Euro Bargeld sichergest­ellt.
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In einem Luxemburge­r Lastwagen wurden 2017 insgesamt 225 990 Pfund Sterling entdeckt. Das war der Ausgangspu­nkt für die Ermittlung­en.
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