Drei Leben der Bildhauerin Nina Grach-Jascinsky
In Luxemburg gibt es diverse Denkmäler und Skulpturen, an denen wir im Alltag oft achtlos vorbeigehen. Dazu zählt auch die Skulptur „Datzemisch“, die vor dem ältesten Gymnasium Luxemburgs, dem Athénée, steht. Porträt der Bildhauerin dieses symbolträchtige
berichtete das „Luxemburger Wort“am 5. Juli 1950 groß: „Jascinskys ‚Hockende Frau‘ zeigt ein authentisches künstlerisches Temperament. Die Arbeit aus weißem Stein ist in ihrer Form bewundernswert. Ein intensives Leben belebt diese Figur, kraftvoll und anmutig, robust und doch zart“. Die Kunstkritiker und Bewunderer hoben Jascinskys Meisterschaft und die Sensibilität hervor, mit denen sie aus der stets zunehmenden Anzahl der Mit-Aussteller herausrage. Parallel begann sie allerdings auch, zunehmend in Luxemburg auszustellen: im Gebäude der Börse im Jahr 1947, beim Frühlingssalon im Jahr 1948, beim Cercle artistique de Luxembourg im Jahr 1949.
In den Jahren danach entstehen ihre bekanntesten Werke, die teilweise für Gebäude, die ihr Mann als Architekt entwarf, bestimmt waren. Die Wahl-Vianderin ist die Autorin vom „Datzemisch“, der Skulptur vor dem AthénéeGebäude, das ihr Mann 1964 erbaute. Modell stand der Gymnasiast Henri Kraus, schon damals ein begabter Sportler und an Kunst interessierter Abiturient. An die Zeiten, als er zwei Mal die Woche für die Bildhauerin Modell stand, hat der 1943 geborene Künstler heute noch wage Erinnerungen: „Ein ganzes Jahr ging auf die Skizzen drauf. Anfangs stand ich in diversen Posen 20 Minuten lang. Am Ende waren es dann nur zwei Posen, in denen ich allerdings anderthalb Stunden stehen musste, jedoch mit speziellen Stützen.“Jascinsky ist Kraus als eine nette Person in Erinnerung geblieben, die ein schönes Atelier in Boulevard de la Foire hatte und bei der er etwas Taschengeld verdienen konnte. Ihre Kunst sei ihm nie nah gewesen – „idealisiert, fast marxistisch, sehr osteuropäisch“.
Jascinskys Werk ist auch an anderen öffentlichen Plätzen zu finden – in Wiltz steht ihr Memorial der Opfer des Zweiten Weltkriegs von 1961, in Vianden kann man das Basreliefporträt des luxemburgischen Dichters Edmond de la Fontaine von 1966 sehen, und ein Medaillon mit dem Porträt des Dichters und Historikers Marcel Noppeney (1877-1966) ist auf dem Nikloskierfecht zu entdecken. Ihre Werke sind in vielen Privatsammlungen und Museen in mehreren europäischen Ländern zu finden, unter anderem natürlich auch im Staatsmuseum.
Jascinsky lebte im Russischen Reich, im monarchischen und später besetzten Belgien und in Luxemburg. Sie passte sich den Sprachen, den Religionen und den Ideologien an. Sie war ein junges Mädchen, eine erwachsene Frau und eine reife Künstlerin. Sie propagierte in ihrem Werk eine verständliche moderne Kunst, die das Lebendige in der Figur und das Tote im Stein wunderbar zusammenführte. Sie war Ehefrau und Partnerin, nur Mutter war sie nicht. „Die Kinder“der Familie Grach-Jascinsky sind Bauten, Denkmäler, Skulpturen und Gebäude. In ihnen lebt sie weiter.