„Kritik ist für mich Ansporn“
Fußball-Nationaltrainer Luc Holtz denkt nach 100 Länderspielen noch nicht ans Aufhören
Luc Holtz ist seit 2010 Fußball-Nationaltrainer. Am Dienstag stand der FLFCoach bei der 1:3-Niederlage gegen Portugal zum 100. Mal bei einem Länderspiel an der Seitenlinie. Der 51-Jährige erinnert sich an seine ersten Schritte als Trainer. Zudem spricht Holtz über das Auseinandersetzen mit Kritik und seinen auslaufenden Vertrag.
Luc Holtz, wie geht es Ihnen nach so aufregenden Tagen?
Ich bin nach den Länderspielen meist drei Tage lang komplett erschöpft. Das musste ich meiner Frau auch wieder erklären (lacht). Durch die Reisen nach Debrecen und Dublin sowie die ganzen Corona-Maßnahmen war es diesmal noch anstrengender. Nach einer Partie kann ich ohnehin nie wirklich gut schlafen. Doch die Leistungen machen mich stolz. Jetzt gönne ich mir eine kleine Auszeit, bevor ich mir unsere Spiele sowie die unserer Gegner anschaue und analysiere.
Sie standen in 100 Länderspielen an der Seitenlinie. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Ich blicke selten zurück, das ist meiner Meinung nach einer der Gründe, warum wir uns permanent weiterentwickeln. Zudem bin ich davon überzeugt, dass man keine elf Jahre im Amt bleibt, wenn die persönlichen Beziehungen nicht stimmen. Manche Trainer haben eine andere Herangehensweise und spielen den Diktator. Das ist nicht meine Art. Das Verhältnis zu den Spielern, den Vorgesetzten und den Mitgliedern des Trainerstabs muss gepflegt werden. Das ist wie in einer Ehe, entscheidend ist der gegenseitige Respekt. Das ist die Basis von allem.
Vor Ihrer Zeit bei der FLF waren Sie lange bei Etzella. Hatten Sie Glück, zwei Mal so viel Vertrauen zu genießen?
Das hat nichts mit Glück zu tun, doch natürlich muss man die richtigen Vorgesetzten haben, damit die Zusammenarbeit funktioniert. Mir ist Loyalität extrem wichtig. In vielen Vereinen oder Nationalmannschaften gibt es Personen, die aus Eigeninteresse Unruhe stiften. Ich finde es zum Beispiel extrem traurig, wie in Deutschland mit Nationaltrainer Jogi Löw umgegangen worden ist. Ein Weltmeistercoach verlernt sein Handwerk nicht von heute auf morgen. Meiner Meinung nach fehlte der Respekt ihm gegenüber.
Bekommen Sie selbst auch zu wenig Anerkennung?
Wenn ich nach Spielen wie gegen Irland (1:0) und Portugal (1:3) auf mein Handy schaue, kann
Der Vertrag von Nationaltrainer Luc Holtz läuft zum Jahresende aus. ich mich nicht beschweren. Ich habe sehr viele Nachrichten bekommen, auch von Personen außerhalb des Landes, die uns für unseren Spielstil loben. Dass es Personen gibt, die unseren Fußball,
die Nationalmannschaft oder mich persönlich nicht mögen, ist mir bewusst. Doch es gibt immer wieder Leute, die etwas kritisieren wollen. Ich bin aber nicht nur Trainer, sondern auch Mensch, deshalb äußere ich mich manchmal dazu.
Motiviert Sie das?
Kritik ist für mich Ansporn. Wenn wir gewinnen, gibt mir das diesen Leuten gegenüber eine gewisse Genugtuung. Ich ärgere mich meistens nur über Kritik, die an meine Spieler gerichtet ist. Das kann ich nicht einfach so stehen lassen. Die Spieler sind für mich wie meine Kinder, deshalb verstehe und akzeptiere ich es nicht, wenn sie persönlich angegangen werden. Solange ich Trainer bin, werde ich sie verteidigen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, auf dem Platz zu stehen. Und wenn ich sehe, was wir phasenweise zusammengespielt haben, als ich noch Teil der Nationalmannschaft war, wünsche ich mir von einigen Personen etwas mehr Demut.
Sind Sie ein anderer Trainer als zu Beginn Ihrer Karriere?
Ich erinnere mich daran, als der ehemalige Etzella-Präsident JeanPierre Gauthier 1999 auf mich zukam und fragte, ob ich Spielertrainer werden möchte. Ich nahm das Angebot an, kontaktierte ihn jedoch zwei Wochen bevor es losgehen sollte, um ihm zu sagen, ich wäre nicht der Richtige für den Posten. Ich hatte einfach Angst. Dann habe ich mich doch dazu entschieden.
Meine erste Ansprache war eine Katastrophe.
Meine erste Ansprache war eine Katastrophe. Ab diesem Zeitpunkt hat sich alles gut entwickelt. Ich bin 2008 zum Verband gewechselt, wurde U21-Coach und 2010 dann Nationaltrainer. Zu Beginn war ich etwas unsicher, doch ich bemühte mich, mir das nicht anmerken zu lassen. Mit der Zeit habe ich mir immer wieder Dinge bei anderen Trainern abgeschaut. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass ich bei 100 Länderspielen an der Seitenlinie stehen würde. Um diesen Posten wird viel Politik gemacht, deshalb freue ich mich über das Vertrauen von Präsident Paul Philipp. Im Endeffekt kann man sagen, dass er sich nicht geirrt hat.
Zum Jahresende läuft ihr Vertrag aus. Gab es schon Gespräche?
Nein, wir haben uns noch nicht darüber unterhalten, weil wir zuletzt Wichtigeres zu tun hatten. Ich hatte bislang drei Mal konkrete Angebote aus dem Ausland, lehnte diese jedoch ab. Wenn ich das Gefühl habe, dass ich die Mannschaft nicht mehr weiterbringen kann, bin ich der Erste, der sagt, dass es an der Zeit ist, aufzuhören. Doch die Arbeit bereitet mir nach wie vor große Freude. Ich mag die Mannschaft enorm und mich hat etwas Neues bislang noch nie so gereizt, dass ich das dafür aufgeben würde. Vielleicht denkt der Präsident aber, ich wäre schon zu lange dabei. Gedanken mache ich mir darüber keine, weil ich weiß, dass ich andere Möglichkeiten habe.