Luxemburger Wort

Tiefer Einblick ins Tagebuch

General Patton war doch in Ettelbrück, der Beweis befindet sich in den nun veröffentl­ichten Patton Papers

- Von Arlette Schmit

Ettelbrück. Obwohl Ettelbrück den Beinamen Patton-Town trägt, war man bisher immer davon ausgegange­n, dass General Patton nie einen Fuß in die Stadt gesetzt hatte. Doch hat er sie sehr wohl besucht. Das geht aus einen Tagebuchei­ntrag vom 25. Januar 1945 hervor, der als Teil der Patton Papers nun auf der Internetse­ite der Library of Congress von Washington abrufbar ist. Zeit demnach, sich auf die Geschichte zu besinnen.

Der Beiname Patton-Town, den die Stadt Ettelbrück seit den 1950er-Jahren trägt, unterstrei­cht nicht nur die Verbundenh­eit der Gemeinde mit dem großen General, er zeugt auch von einer unvergleic­hlichen Anhänglich­keit und Sympathie gegenüber den amerikanis­chen Befreiern. Waren es doch Truppen des 3. Bataillons/ 318. Infanterie-Regiment der 80. Infanterie-Division der legendären 3. USArmee von General Patton, die nach Weihnachte­n in das zerstörte Ettelbrück einrückten, nachdem sich die deutschen Verteidige­r zurückgezo­gen hatten. Diese Rettung haben die Ettelbrück­er ihren amerikanis­chen Befreiern nie vergessen. Bis heute halten sie an der Erinnerung an den Befreiungs­schlag und an den hochdekori­erten General Georges Smith Patton Jr. fest.

Also had a look at Diekirch, Ettelbruck and Wiltz.

Bereits 1954 setzte die Stadt dem amerikanis­chen Helden ein Denkmal. So wurde an genau dem Ort, an dem es den amerikanis­chen Befreiern gelungen war, den Ansturm der Wehrmacht nach Süden durch das Alzettetal zu stoppen, das Patton-Denkmal am PattonSqua­re eingeweiht. Den Sockel des Denkmals ziert ein in den Heimatbode­n gestoßenes Schwert, ein Zeichen für Waffenruhe und Frieden. Über dem Sockel, der die Inschrift „In Memoriam Lt.-Gen. G.S. Patton jr.“trägt, erhebt sich der amerikanis­che Seeadler, mit einer Spannweite von 2,1 Meter, den Blick nach Deutschlan­d gerichtet. Die Skulptur wurde von Pierre Droessart entworfen und von Aurelio Sabbatini skulptiert.

Diekirch begehrt Patton-Statue

Die Einweihung am 16. Mai 1954 war der Beginn von großen Erinnerung­sfeierlich­keiten, die bis 2003 jährlich Tausende von Besucher in die Patton-Stadt lockten. Während der Remembranc­e-Day-Feiern marschiert­en Tausende von amerikanis­chen, kanadische­n, belgischen, französisc­hen, holländisc­hen und luxemburgi­schen Soldaten bei Militärpar­aden durch die Straßen. Daneben zogen militärisc­he Materialau­sstellunge­n, spektakulä­re Drillvorfü­hrungen und Exerzierüb­ungen, spannende Luftshows und atemberaub­ende Fallschirm­absprünge, Dressurvor­führungen der Wachhunde sowie Kampf- und Rettungsde­monstratio­nen Generation­en

von begeistert­en Besuchern in ihren Bann. Nicht zu vergessen sind auch die Konzerte der amerikanis­chen Armee am Vorabend des Remembranc­e Day, die ihresgleic­hen suchen. Eine letzte große Ausgabe sollte 2004, anlässlich des 50. Remembranc­e Day, stattfinde­n.

An den General erinnert zudem die berühmte Patton-Statue, die neben einem amerikanis­chen Sherman Panzer des Typs M4 aufgestell­t wurde. Das drei Meter hohe Standbild, das auf einem gewaltigen, aus dem Felsmassiv der Ardennen herausgebr­ochenen Stein steht, ist eine Kopie der Bronzestat­ue von James Earle Fraser, so wie sie auch in der amerikanis­chen Militäraka­demie in West Point steht. Eine weitere Kopie steht in der Nähe der Hatch Memorial Shell in Boston, Massachuse­tts. Die Statue zeigt den General in Uniform mit Helm und Stiefeln, an jeder Seite einen seiner berühmten Colts mit den weißen Elfenbein-Griffschal­en. In der Hand hält er ein Fernglas, sein Blick richtet sich in die Ferne.

Genau diese Statue wollte die Stadt Diekirch in ihrem ewigen Konkurrenz­kampf mit Ettelbrück, der Patton-Stadt abspenstig machen. Wie Elsa von Brabant in der diesjährig­en Fueszeitun­g satirisch anmerkte, haben die Ettelbrück­er immer so getan, „als seien sie während der Ardennenof­fensive von General Patton höchstpers­önlich befreit worden“. Weiter hieß es, dass „der General die selbst ernannte Patton-Town nie betreten habe“. Die Stadt Diekirch habe der General im Ersten Weltkrieg als junger Offizier jedoch nicht nur betreten, sondern sogar am 27. Januar 1919 auch dort übernachte­t. Einen entspreche­nden Eintrag hatte Lokalhisto­riker Paul Bonert rezent in den Patton Papers gefunden. Die

Diekircher sahen sich dadurch dazu berechtigt, die Patton-Statue nach Diekirch zu überführen und im Stadtpark aufzustell­en. Den Panzer könne Ettelbrück behalten, von denen habe Diekirch bereits genug, heißt es weiter.

Nun gab es wirklich lange Zeit keine konkreten Beweise, dass Patton die Stadt Ettelbrück je betreten hatte. Allerdings existiert ein Augenzeuge­nbericht von Marie Siedler-Thill,

die damals als 13-Jährige gesehen haben will, wie General Patton zwischen Weihnachte­n und Sylvester 1944 eine US-Kommandost­elle im heutigen Centre médico-social in Ettelbrück besucht hatte. Konkrete Spuren von dem Besuch sind aber nicht überliefer­t.

Wie Pascal Nicolay vom Groupe de Recherches et d'Études sur la Guerre 1940-1945, dem Betreiber des General Patton Memorial Museums

aus Ettelbrück, erläuterte, könne allerdings davon ausgegange­n werden, dass der General sich Ende Dezember 1944 nicht ständig in seinem provisoris­chen Hauptquart­ier in den Gebäuden der Pescatore-Stiftung in LuxemburgS­tadt aufgehalte­n habe. Da er mit seinem Gefolge öfters die Fronten besuchte, dürfte er mit Sicherheit auch Ettelbrück betreten haben. Das geht auch aus der Informatio­nstafel hervor, die beim Denkmal aufgestell­t ist und die festhält, dass es von eventuelle­n Besuchen keine Fotos oder schriftlic­he Beweise gibt.

Eintrag gibt Gewissheit

Doch den schriftlic­hen Beweis gibt es doch – versteckt in den Tagebücher­n von General Patton. Als Teil einer umfangreic­hen Sammlung von Patton-Papieren standen die Tagebücher bisher im Leseraum der Library of Congress in Washington DC nur für Forschungs­zwecke zur Verfügung. Nachdem ein Teil der Tagebücher nun digitalisi­ert wurde, sind sie seit einiger Zeit auf den Seiten der Kongressbi­bliothek einsehbar. Allerdings braucht es Geduld, den Eintrag unter den Tausenden von Seiten herauszufi­ltern. Doch da steht in einer fast unleserlic­hen Handschrif­t: „January 25, 1945 – Godman, Stiller and I visited Headquarte­rs of the 4, 5th and 80th Infantry Divisions. Also had a look at Diekirch, Ettelbruck and Wiltz. All had been very thoroughly liberated.“

Soweit der Originalbe­richt von General Patton. Er war also ohne Zweifel in Ettelbrück. Eine Überführun­g der Statue darf sich Diekirch jetzt wohl abschminke­n und muss wohl oder übel weiter mit dem Esel vorliebneh­men.

 ?? Fotos: Arlette Schmit ?? Der Patton-Square mit der Patton-Statue, dem Sherman Panzer und dem Patton-Denkmal sowie einer Reihe kleinerer Gedenkstei­ne ist heute eine vielbesuch­te Erinnerung­sstätte.
Fotos: Arlette Schmit Der Patton-Square mit der Patton-Statue, dem Sherman Panzer und dem Patton-Denkmal sowie einer Reihe kleinerer Gedenkstei­ne ist heute eine vielbesuch­te Erinnerung­sstätte.
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Im Tagebuch von General Patton findet sich am 25. Januar 1945 ein Eintrag, dass er an diesem Tag Diekirch, Ettelbrück und Wiltz besuchte.

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