Nordkorea verzichtet
Als erste Nation sagt der asiatische Staat für die Olympischen Sommerspiele in Tokio ab
Bilder der Hoffnung, symbolische Zeichen des Friedens und der Versöhnung – Thomas Bach hätte sie wohl allzu gerne gesehen: Die Olympischen Spiele in Tokio, eine Bühne für die geopolitisch bedeutsame Annäherung im jahrzehntelangen Koreakonflikt. Dazu wird es, anders als bei den Winterspielen 2018 in Pyeongchang, nicht kommen. Der Wunsch des IOCPräsidenten bleibt unerfüllt. Die Sommerspiele in Japan – sie finden ohne eine Delegation aus Nordkorea statt.
Als erste Nation sagte das diktatorisch geführte Land die Teilnahme in Tokio (23. Juli bis 8. August) ab. Als Begründung nannte das Sportministerium in Pjöngjang Sicherheitsbedenken aufgrund der Corona-Pandemie.
Das Nationale Olympische Komitee habe die Entscheidung getroffen, „nicht an den 32. Olympischen Spielen teilzunehmen, um die Athleten vor der globalen Gesundheitskrise zu schützen, die durch Covid-19 ausgelöst wurde“, hieß es auf einer vom nordkoreanischen Sportministerium betriebenen Website.
Undurchsichtige Hintergründe
Dem IOC lag gestern laut eines Sprechers allerdings noch kein offizieller Antrag vor. Zudem sei das nordkoreanische NOK bislang trotz „mehrfacher Anfragen“nicht in der Lage gewesen, ein Konferenzgespräch zu organisieren, um die Corona-Lage zu diskutieren.
In Japan brach keine Panik aus. Zu undurchsichtig sind die Hintergründe der Entscheidung. Das Verhältnis zwischen Pjöngjang und Tokio gilt als äußerst angespannt. „Es scheint, als wolle Pjöngjang gegen die japanische Nordkorea-Politik protestieren. Wie die USA spricht Tokio immer wieder sensible Themen wie Menschenrechte und Sanktionen an“, sagte der Seouler Nordkorea-Experte Yang Moo-jin der Nachrichtenagentur AFP.
Die japanische Regierung erklärte, die Berichte zur Kenntnis genommen zu haben. Man arbeite daran, die Rahmenbedingungen der Spiele zu verbessern, darunter auch die „Anti-Infektionsmaßnahmen, damit viele Länder und Regionen an den Spielen in Tokio teilnehmen können“.
Kommen Athleten aus vielen Ländern, ist der Verzicht des sportlich und für das IOC wirtschaftlich unbedeutenden Nordkorea zu verschmerzen. Etwas mehr als 100 Tage vor der Eröffnungsfeier ist die Liste der Probleme aber noch lang – und geht über die unsicheren Olympia-Qualifikationen hinaus.
Da wäre die Sorge vor den Spielen als Superspreader – ungeachtet umfangreicher Test- und Hygienekonzepte. Der Handlungsdruck des IOC ist groß, etwa beim Thema Impfen. Der Ringeorden hat zwar chinesischen Impfstoff geordert, dieser ist aber nicht weltweit zugelassen und deshalb für viele Sportler keine Option. Generell bereitet die Verfügbarkeit von Vakzinen Kopfzerbrechen.
Kein Domino-Effekt
Weitere Absagen sind somit nicht auszuschließen. Ein Domino-Effekt dürfte von Nordkoreas Verzicht – anders als von Kanadas Absage im März 2020 – aber nicht ausgehen.
Zu speziell und nicht auf die Mehrheit der Staatengemeinschaft übertragbar ist die Lage in der Diktatur, die der Weltgesundheitsorganisation (WHO) keinen einzigen Corona-Fall gemeldet hat. Nordkorea schottet sich ab. In der Pandemie noch mehr als sonst.
Für die Politik ist das eine verpasste Chance. Die Regierung in
Seoul hatte gehofft, die Sommerspiele in Japan nutzen zu können, um die zuletzt auf Eis gelegten Verhandlungen über einen Abbau des nordkoreanischen Atomprogramms wieder in Gang zu bringen. Das südkoreanische Wiedervereinigungsministerium äußerte sein „Bedauern“darüber, dass die Pandemie verhindere, dass die Olympischen Spiele dazu dienen könnten, „den Frieden auf der Koreanischen Halbinsel voranzubringen“.
Das war 2018 im Rahmen der Winterspiele im südkoreanischen Pyeongchang zum Teil gelungen. Als ranghohe Vertreterin Pjöngjangs nahm damals Kim Yo Jong an den Spielen teil, die Schwester des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Un. sid