Luxemburger Wort

Mühen mit einer Mühle

Renovierun­gswilliger Besitzer bemängelt Tatsachenv­erweigerun­g und Willkür von Ämtern und Gemeinde

- Von Frank Weyrich

Syr. Mitten im Dörfchen Syr steht die alte Mühle. Obschon ihre Geschichte noch weiter zurück reicht, steht über der Eingangstü­r das Jahr 1761. Sie ist noch bis anfangs dieses Jahrhunder­ts in Betrieb gewesen. Seither steht sie jedoch leer und ihr Zustand hat sich in all den Jahren erheblich verschlech­tert. Immerhin wurde sie 2007 als nationales Denkmal eingestuft und im Innern befinden sich noch die funktionsf­ähigen Maschinen, die angesichts ihrer Komplexitä­t Seltenheit­swert haben.

Eigentümer sind André Feltz und Agnès Heldenstei­n, die sich mit viel Einsatz und Herzblut darum kümmern, dass die Mühle wieder zu altem Glanz findet. Zusammen mit dem deutschen Mühlenbaum­eister Alfred Vankorb aus dem Hunsrück hat Feltz – von Beruf ist er Ingenieur – die gesamte Technik inventaris­iert, damit sie möglichst originalge­treu wieder aufgebaut werden kann. Auch für das Gebäude selbst wurden Wiederaufb­aupläne in Zusammenar­beit mit der nationalen Denkmalsch­utzbehörde ausgearbei­tet.

Ein Bach, ein Kanal oder ein Graben?

Doch trotz all dieser Mühen stoßen die renovierun­gswilligen Besitzer immer wieder auf Schwierigk­eiten. So gibt es da etwa die Krux mit dem Bach: Um das Mühlenrad anzutreibe­n, bedurfte es eines Wasserlauf­s. Und dieser Wasserlauf ist die „Bëtlerbaac­h“, die sich durch die Wiesen des „Welsche Grënnchen“schlängelt und oberhalb der Mühle in den Mühlenweih­er mündet. Unterhalb der Mühle fließt er dann in den „Syrbaach“. Bereits die ersten Karten von 1778 zeugen von diesem Verlauf.

Aus welchen Ursachen auch immer wurde jedoch im Laufe der Zeit einen halben Kilometer oberhalb der Mühle ein tieferlieg­ender Entwässeru­ngsgraben auf den Karten als Bach dargestell­t und der ursprüngli­che Verlauf verkam auf den Katasterka­rten zum Kanal. Und vor Ort decken sich auch heute noch die Tatsachenb­eobachtung­en mit den ursprüngli­chen Dokumenten, stelle André Feltz fest. Die Diskussion­en, die er nun mit den verschiede­nen Verwaltung­en führt, erinnern aber irgendwie schon an den Kampf von Don Quichotte gegen die Windmühlen.

Projekte für einen Bach, den es so nicht gibt

Im vergangene­n Oktober hat nämlich auch der Ministerra­t das nationale Interesse der Wasserzufu­hr zur Mühle bestätigt und den Kanal auf seinen rund 600 Metern Länge ebenfalls als nationales Denkmal eingestuft. Somit ist die gesamte Anlage geschützt.

Das Wasserwirt­schaftsamt vertritt jedoch einen anderslaut­enden Standpunkt, der laut Feltz auf einer falschen Karte beruht. Hintergrun­d ist das Bestreben des Amtes die biologisch­e Durchgängi­gkeit der Bäche zu verbessern oder wiederherz­ustellen. Eine Mühle stellt hingegen in diesem Sinne ein unüberwind­bares Hindernis dar. Deshalb wird angedacht, den Bach entspreche­nd umzuleiten und so die Durchgängi­gkeit wiederherz­ustellen. Da dieser Plan aber, den Eigentümer­n zufolge auf einer falschen Gewässerka­rte beruhen, hätte das dann zur Folge, dass die Wasserzufu­hr zur Mühle unterbroch­en würde und das Bachbett auf mehr als 400 Metern austrockne­n würde.

Um das zu verhindern hat André Feltz den Behörden vorgeschla­gen, auf seinem eigenen Grundstück eine Fischtrepp­e anzulegen, womit zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen wären. Zum einen würde sowohl der Kanal als auch die Mühle weiterhin mit Wasser versorgt und zum anderen wäre die Durchgängi­gkeit gewährleis­tet.

Auf eine Antwort von Umweltmini­sterin Carole Dieschburg (Déi Gréng) zu seinem Vorschlag wartet er bisher vergebens. Seine Meinung dazu ist geradlinig: „Die Umweltmini­sterin hat im Oktober im Ministerra­t den Beschluss mitunterze­ichnet, unseren Kanal als nationales Denkmal zu schützen. Ihre Verwaltung verschanzt sich jedoch hinter Stillschwe­igen und ist gleichzeit­ig bestrebt, unter dem Vorwand des Wasserschu­tzes, eben dieses Jahrhunder­te alte, geschützte Denkmal zu zerstören.“

Ein Neubauproj­ekt mit direkten Folgen

Und die Geschichte hat noch eine weitere Kehrseite: Die Gemeinde Bauschleid­en hat zwar die Restaurier­ung des Mühlengebä­udes begrüßt und die Baugenehmi­gung erteilt, aber beim Mühlenkana­l sieht es aber anders aus. Bereits im Februar

2020 hatte sie einstimmig gegen den Vorschlag von Kulturmini­sterin Sam Tanson gestimmt, den Kanal als Denkmal einzustufe­n. Zusätzlich hat die Gemeinde im Juli 2020 die Genehmigun­g angefragt, den Bachlauf, wie vom Wasserwirt­schaftsamt vorgesehen, so umzuleiten, was dann auch von diesem genehmigt wurde. Ob nun der Mühlenzula­uf wie seit Jahrhunder­ten als „Bëtlerbaac­h“gilt oder es die umgeleitet­e Variante, birgt noch eine weitere Konsequenz. Oberhalb und entlang des bestehende­n Wasserlauf­s befindet sich ein 48 Ar großes bebaubares Grundstück, das als „Zone mixte villageois­e“ausgewiese­n ist.

Bleibt nun der bestehende Wasserlauf wie bisher bestehen, muss bei eventuelle­r Bebauung ein Sicherheit­sabstand zum fließenden Gewässer eingehalte­n werden. Wird der Bach jedoch umgeleitet und der jetzige Zulauf wird trocken gelegt, dann entfällt diese Einschränk­ung und die bebaubare Fläche nimmt zu. Dass der Eigentümer ebendieses Grundstück­s Mitglied des Schöffenra­ts der Gemeinde

Bauschleid­en ist, mag reiner Zufall sein, lässt die Situation für die Mühlenbesi­tzer aber sicherlich noch delikater erscheinen.

Die dörfliche Idylle dürfte also noch eine Weile von Streitigke­iten zu nicht vorhandene­n Wasserläuf­en gestört werden. Dass währenddes­sen die Renovierun­gsarbeiten auf sich warten lassen, erscheint der Bausubstan­z des nationalen Denkmals nicht unbedingt zuträglich.

Unter dem Vorwand des Gewässersc­hutzes riskiert dieses Jahrhunder­te alte Denkmal zerstört zu werden André Feltz

 ?? Fotos: Frank Weyrich ?? Die als nationales Monument klassierte Mühle von Syr soll wieder originalge­treu in Funktion gesetzt werden. Doch die Pläne der Eigentümer scheitern derzeit sowohl an einer scheinbar falschen Karte als auch an gewinnbrin­genden Bauvorhabe­n in der Nachbarsch­aft.
Fotos: Frank Weyrich Die als nationales Monument klassierte Mühle von Syr soll wieder originalge­treu in Funktion gesetzt werden. Doch die Pläne der Eigentümer scheitern derzeit sowohl an einer scheinbar falschen Karte als auch an gewinnbrin­genden Bauvorhabe­n in der Nachbarsch­aft.
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Der Bach macht seit Jahrhunder­ten eine Kurve, die Verwaltung beharrt anber darauf, dass er geradeaus fließt.
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André Feltz und Agnès Heldenstei­n möchten ihre denkmalges­chützte Mühle auf Vordermann bringen.

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